Opium Warlords: Ein Apokalyptiker und Gentleman

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Mit Reverend Bizarre hat Sami Hynninen Doom-Geschichte geschrieben, mit The Puritan schleppenden Drone zelebriert. Unter dem Namen Opium Warlords schafft er seit 2004 monströse Hybride – wie das neue Album NEMBUTAL.

Leichte Kost ist das nicht… und Anekdoten von Sami als Weirdo vom Dienst wurden über die Jahre gerne von der Internet-Gemeinde und einer oft hämischen Presse kommentiert. Aber der Mann ist womöglich der weltgrößte Optimist: Greift er doch nicht zum titelgebenden Nembutal, einem Beruhigungsmittel der Elefantenklasse, mit dem sich schon Marilyn Monroe ins Jenseits beförderte, sondern krallt sich mit seiner Musik immer wieder hoch ans Licht. METAL HAMMER hat mit der finnischen Doom-Legende gesprochen – hier ist das komplette Interview.

METAL HAMMER: NEMBUTAL: endlich ein Pop-Album! Nein, haha, im Ernst: Deine neue Songs sind beeindruckend brutal und glitzernd ansprechend. In welche Richtung wolltest du mit dem Album, was für eine Geschichte willst du hier erzählen?

Sami Hynninen: In vielerlei Hinsicht IST das unser Pop-Album. Es hört sich leicht weg und kommt ohne die bizarren Wendungen früherer Arbeiten aus. Statt bipolarem Auf und Ab und psychotischen Irrenhauskisten gibt‘s jetzt einfach eine gewalttätige, feindliche und depressive Platte. Gäbe es eine Story – und ich bin nicht sicher, dass dem so ist; ich bin nicht wirklich ein Storyteller -, dann erzählte sie vom Ende einer Beziehung. Von Verlust und Schmerz. Dem Schmerz, hier ans Ende der eigenen Zeit zu kommen. Horror davor, allein in einem widerlichen Loch zu enden, tief in modrigem Boden. Das hat eine Menge damit zu tun, wie mein Leben um 2006 rum war und wie es jetzt ist – in ähnlich unruhigem Fahrwasser.

MH: Du legst die Latte auf NEMBUTAL zu Anfang ganz schön hoch: die fast 20 Minuten irrer Cathedral-Heaviness im Opener ‘A Heavy Heart’ fühlen sich an, als ob man durch Kilometer von schwarzem Morast watet. Ein Härtestest, gleich zu Beginn?

SH: … und zugleich ein leichter Zugang zum Album, eher ”normaler Heavy Metal”. ‘A Heavy Heart’ ist der Easy Listening-Song des Albums, zumindest in meiner Wahrnehmung. Diese nette Atmo verschwindet aber schon beim nächsten Song.

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MH: Du hast das Album mit Errki Virta am Schlagzeug aufgenommen, Jouni Leppikangas war mit der Produktion betraut – beides Vertraute von dir, und Sound-mäßig auf Augenhöhe. Wie habt ihr die Songs entwickelt? Und wie hat sich COVID-19 auf die Aufnahmen ausgewirkt?

SH: Ja, ich habe mit Erkki an den Alben WE MEDITATE UNDER THE PUSSY IN THE SKY und TASTE MY SWORD OF UNDERSTANDING gearbeitet, er ist ein richtiges Bandmitglied. Wir haben von 2004-8 bei The Puritan zusammen gespielt und 2 LPs rausgebracht. Was die Produktion anlangt: im Grunde ist das mein Job, aber Jouni ist seit 2010 meine rechte Hand. Wir wissen, was wir wollen. Ich schreibe und arrangiere alles allein, bis in die kleinsten Details und Nuancen. Das funktioniert sehr gut für uns. Wobei Corona null Effekt auf das Album hatte, auch auf mein Leben nicht. Ich bin die Isolation gewohnt. Und ich bin eine apokalyptische Person; der Zusammenbruch der Welt erregt mich. Aber ich bin kein Idiot! Ich halte mich an Abstandsregeln, wasche mir die ganze Zeit die Hände und trage Maske. Das fällt mir leicht.

MH: Vor einiger Zeit hast du (im Rahmen einer kleinen Internetkabbelei) auf Facebook gepostet, du seist heutzutage ”ein Mann des Zen und immer ruhig und glücklich”. Wie hast du diesen beneidenswerten Zustand erreicht?

SH: Oh, die Freuden des Sarkasmus! Folgendes ist passiert: Zu Mittsommer 2017 habe ich in einer überfüllten Bar in besoffenem Nebel eine sechsfache Überdosis Acid genommen. Ich hatte noch nie zuvor LSD genommen, weil man mir versicherte, es würde meiner psychischen Disposition – manisch depressiv, psychotisch und so fort – nicht gut tun. Die Welt, wie ich sie kannte, ist mir komplett entglitten; kein Vergleich zu meinen psychotischen Episoden. Ich bin praktisch gestorben und in der Hölle gelandet. Oder, um genau zu sein, in drei verschiedenen Höllen.


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