Nachwuchsförderung: Wacken Foundation, Initiative Musik und VW Sound Foundation

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In schwierigen Zeiten wie diesen, mit sinkenden Verkaufszahlen für Tonträger, geradezu katastrophal niedrigen Kulturbudgets des Staats und immer höheren Kosten für Instrumente oder Studioequipment, muss man sich als Metal-Fan zunehmend Sorgen um den Nachwuchs machen. Denn – und das ist kein spätromantisches Klischee, sondern die harte Realität – am Anfang stehen für alle Bands und Künstler vor allem Schweiß, Mühe und die bittere Erkenntnis, dass sich Geld in diesem Bereich nur in Ausnahmefällen verdienen lässt. Umso wichtiger sind private beziehungsweise nicht-staatliche Nachwuchsförderungen, entweder aus der Szene selbst oder durch Wirtschaft und Industrie. Wir wollen euch drei der wichtigsten Förderer der heimischen Musikszene vorstellen und sie etwas genauer auf ihre Bedeutung für den Metal-Nachwuchs testen: die Wacken Foundation, die Volkswagen Sound Foundation und die Initiative Musik gGmbH.
 

Wacken Foundation

Die Wacken Foundation ist eine seit gut eineinhalb Jahren existierende gemeinnützige Stiftung mit dem Ziel, die durch das W:O:A bestehende Förderung junger Künstler zu festigen. Ausgerichtet ist die Wacken Foundation im Gegensatz zu den meisten anderen Nachwuchsförderungsmodellen jedoch ausschließlich auf Rock- und Metal-Bands. Der Grund: „Die Wacken Foundation will diejenigen unterstützen, die sich den langen, harten und steinigen Weg ausgesucht haben, die nicht denTraum haben, über Nacht im Rampenlicht zu stehen, sondern für ihren Traum hart und lange arbeiten wollen”, kann man auf der Homepage die Philosophie dieser Stiftung nachlesen. Ein solcher Weg soll also unterstützt werden, gemäß einem weitern Zitat aus dem Foundation-Credo: „Es geht hier nicht um ‘Deutschland sucht den Metalstar’ oder ‘Halbplaybackstars’ gefeatured by ‘Melodyne’.“ Wie angenehm! Tatsache ist: Eine bessere Reputation kann eine Metal-Stiftung kaum haben, als wenn sie von den Organisatoren des Wacken Open Airs ins Leben gerufen wurde. Und die ersten Bands haben ja auch bereits davon profitiert: Nahezu 17.000 Euro sind an Drone, The Fading, Orphaned Land oder Cripper geflossen, außerdem wurden bereits vierstellige Budgets unter anderem für eine Eigenproduktion der Gruppe Geist beziehungsweise für den Nordersound Band Contest bewilligt. Bei letztgenanntem Wettbewerb kann der Gewinner eine zweitägige Demoproduktion im Studio von Eike Freese (Dark Age) gewinnen.
 

VW Sound Foundation

Am Anfang stand das reine Kultursponsoring. Um ihr Image stärker gen Jugend aufzupolieren, entschied sich der Wolfsburger Autohersteller Volkswagen zur Zusammenarbeit mit großen Rock- und Pop-Bands, die quasi zu Taufpaten spezieller Modelleditionen gemacht wurden. So entstand beispielsweise der Polo Genesis, der Golf Pink Floyd oder der Golf Rolling Stones. Dank beachtlicher Beteiligungen holte VW auf diese Weise Superbands nach Deutschland, modifizierte jedoch schon Mitte der Neunziger gleichzeitig das Konzept durch ein weiterführendes Modell: die Volkswagen Sound Foundation, die 1997 gegründet wurde und sich stärker auf Breiten- und Nachwuchsförderung ausrichtet. VW stellte fortan Bands im Rahmen dieser Förderung Busse für Tourneen zur Verfügung oder vermittelte Kontakte zum Fernsehsender VIVA, um junge Künstler im TV zu präsentieren.

Hiervon und auch von den eingerichteten Live-Awards und einem Newcomer-Wettbewerb namens Tour Factory profitierten bislang eine Menge Bands unterschiedlichster Couleur. Seit 2006 konzentriert sich die Volkswagen Sound Foundation verstärkt auf Nachwuchsförderung, jedoch ausgerichtet auf alle Musiksparten, also nicht nur auf Metal. Das neueste System der Volkswagen Sound Foundation nennt sich „Pate-Pate-Prinzip“ und funktioniert wie folgt: Stars, bereits erfolgreiche Newcomer und noch unbekannte Talente bilden ein Netzwerk unter dem Dach der Stiftung, die Großen übernehmen also eine Patenschaft für die Mittleren und die wiederum eine Patenschaft für die Kleinen. Diese Unterstützung äußert sich in gemeinsamen Konzerten, finanziellen Hilfen, Tipps bei der Werbung, Bereitstellung der Tourbusse, aber auch Workshops und persönlichen Beratungen.

Konkret heißt das: Werden Talente als solche erkannt, bekommen sie über sechs Monate Angebote wie die Teilnahme an einem professionellen Workshop, ein eigenes Portal auf der Website der Foundation, gezielte Werbung in den geeigneten Medien, den VW-Tourbus für alle Auftritte außerhalb ihrer Heimatstadt und die Vermittlung von Konzerten. Es lohnt sich also, sich hier zu bewerben, zumal sich die Bilanz sehen lassen kann: Nahezu 3.000 Bands hat die Foundation mit ihren Tourbussen unter die Arme gegriffen, es gab mehrere hundert gemeinsame Events, und dank Seal, den Fantastischen Vier oder The Hives sogar Unterstützung von ganz oben.


Initiative Musik

Seit Oktober 2007 existiert die Initiative Musik, deren Ziel es ist, den Musiknachwuchs zu fördern, Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren und deutsche Musik im Ausland zu verbreiten. Insgesamt zwei Millionen Euro an Fördergeldern wurden durch die Bundesregierung in diesem Jahr zur Verfügung gestellt, getragen wird die Initiative durch die GVL und eine GEMA-Stiftung. Der Aufsichtsrat besteht aus zwölf Mitgliedern, sechs Fachleuten aus der Musikwirtschaft und sechs aus der Politik. Ihr Vorsitzender ist Dieter Gorny, ehemaliger VIVA-Chef und Erfinder der Musikmesse Popkomm. Der Aufsichtsrat entscheidet über die Förderanträge, die im Internet unter www.initiative-musik.de zu finden sind. Gefördert werden Bands/Künstler, die bislang nicht mehr als zwei CDs veröffentlicht haben und damit keine Goldauszeichnung einheimsen konnten.

In der Sparte „Künstlerförderung“ können 10.000 bis 30.000 Euro pro Projekt ausgeschüttet werden, allerdings (und das stellt für junge Bands natürlich eine riesige Hürde dar) mit einer Eigenbeteiligung von mindestens 60%. Bewerben kann man sich das ganze Jahr, einmal pro Quartal wird über eine Ausschüttung entschieden. Dennoch ganz interessant: Seit Februar 2010 bietet die Initiative Musik gGmbH für ein Jahr (dies gilt als Testlauf) eine neue Förderung für sogenannte Kurztouren an. Damit soll Musikern die Reise auf ein weitbekanntes Festival außerhalb Deutschlands ermöglicht werden, sofern man dort als Künstler gebucht wird. Bezuschusst werden dabei Werbekosten, Visa-Gebühren oder auch Reisekosten.

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