Dienstag, 29.05.2012, Manchester: Moho-Live
Drei Tage England liegen hinter uns (siehe Juli-Ausgabe 2012 des METAL HAMMER), doch der finale Akt steht noch bevor. Vor allem aber steckt der nächtliche Besuch in der Diskothek in Newcastle allen Helden am nächsten Morgen auf dem Weg nach Manchester noch in den Knochen. Daher erinnert der Trupp beim täglichen Frühstücks-Stopp an einer Raststelle im Nirgendwo eher an eine Rentner-Truppe statt an eine Rock-Band. Nur Tourmanager Kai scheint niemals zu rasten.
Während der Show in Newcastle hat er erreicht, dass der letzte Gig der Tour, nicht in der eigentlichen Venue, sondern als Akustik-Gig in der angeschlossenen Kneipe stattfindet. Alle sind happy, als sie die Meldung vernehmen – nur sehen heute alle irgendwie anders aus: Gitarrist Jonas, Schlagzeuger Föhre, Guitar-Tech Markus. Was war passiert? Nur langsam kehren die Erinnerungen an den feuchtfröhlichen Vorabend wieder: Aus einer spontanen Laune heraus, hat sich ein Teil der Band und der Crew schicke Porno-Schnauzbärte rasiert. Rock ‘n’ Roll vom feinsten.
Als der Bus am frühen Nachmittag Manchester ankommt, herrscht zunächst Shoppingstimmung. Zumindest bei Frontmann Philipp der den angrenzenden T-Shirt/Accessoire-Laden plündert. Ketten, Shirts, Gürtel – nichts ist vor ihm sicher. „Genau so muss unser Laden in Brixen auch eines Tages aussehen.“
Während die Band von der Videokamera begleitet, im Anschluss durch die Stadt rennt, entspannt sich die Crew mal wieder bei Starbucks. Hier und da spazieren die ersten bekannten Fan-Gesichter vorbei. Ja, so langsam kennt sich die Gemeinde.
Und so langsam kennt man das Essen in England. Gutes Essen ist teuer, daher wird auch heute im Burger King gespeist. Nie wieder Junk Food – nie wieder. Wie fasst es Tourmanager Kai perfekt zusammen: „Ich war ja schon oft im Ausland auf Tour, aber ich habe in fünf Tagen noch nie soviel Scheiße gefressen und gelabert. Unfassbar.“ Unfassbar auch, dass keine 800 Meter von der Venue Axl Rose und Guns N’ Roses in der großen Manchester Arena spielen. „Wollen wir nicht alle Fans einladen und dann gemeinsam zu Guns N’ Roses gehen?“ schlägt Zegga lachend vor. Klar, auf Axl haben alle Bock.
Genauso aber auf die eigene Show heute – denn es wird speziell. Die Kneipe stellt sich als winzig heraus und hat keine Bühne. Daher werden alle Instrumente auf dem ebenen Boden aufgebaut.
„So ein Konzert kannst du in Deutschland gar nicht mehr machen. Da wäre sofort alles ausverkauft und du würdest die Karten bei Ebay für hunderte von Euros wiederfinden“ meint Jonas. Recht hat er. So nah werden die Fans die Südtiroler wohl nie wieder bei einem Konzert sein. Ultra-Fan Bebbi (keine 16 Jahre alt) ist die ganze Tour mit seinem Vater mitgefahren und steht wie bei jedem Konzert pünktlich in der ersten Reihe. Nur ist heute die erste Reihe direkt neben Philipp.
Also darf Bebbi beim ersten Song (‘Allein nach Vorne’) einfach mitträllern. Bereits jetzt ist die Hitze in der kleinen Kneipe nicht mehr auszuhalten. Die folgende Stunde ist Spontanität pur. Eine Setlist gibt es nicht. Frei.Wild zocken einfach drauf los und spielen dabei zum ersten Mal überhaupt die Band-Hymne ‘Südtirol’ (Philipp singt „England, du bist mein Leben“) im Akustik-Format. Bei ‘Halt deine Schnauze’ gibt es sogar heftige Pogo-Action, was die Crew veranlasst, schnell aus der Kneipe zu flüchten.
Die Kneipe verlassen müssen auch vier Fans, nachdem sie sich eine Zigarette angesteckt haben. Frontmann Philipp hat mal wieder auf das Rauchverbot gepfiffen – was vier Fans zum Anlassen nehmen, sich auch eine anzuzünden. Und tschüss. Philipp kann es gar nicht fassen und ruft die Fans zurück. Erst nachdem einige Fans die Security gut zureden können, dürfen die vier Musketiere wieder zurück.
Nach etwas über einer Stunde ist der Gig zu Ende – jedoch bleibt jetzt die Frage, wo denn die After Show Party stattfinden soll, denn der Veranstalter kickt zunächst die Fans und die Band zeitnah aus der Kneipe. Vorher feiert sich Philipp Backstage augenzwinkernd für den tollen Gig – auch wenn er ‘Mehr als 1000 Worte’ gleich zweimal gespielt hat: „Was, wirklich? Das weiß ich gar nicht mehr. Hätten wir noch 30 Minuten länger gespielt, wäre er sicherlich noch mal gekommen. Aber wenn’s läuft, dann läuft’s!“
Getreu diesem Motto wird die angekündigte After Show Party auf die Straße verlegt. Band und Fans ziehen um die Häuser, um irgendwo eine große Bar zu finden. Nur gestaltet sich die Suche bei knapp 50 Leuten als zu kompliziert. Also wird einfach in der Nähe des Hotels (endlich dürfen die Südtiroler wieder in echten Betten schlafen) auf der Straße mit den Fans abgehangen, Fotos gemacht und Bier getrunken, bevor sich die Band an der Hotelbar einen (oder mehrere) Absacker gönnt und auf die ungewöhnlichste Tour ihres Lebens anstößt. Prost!
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Noch mehr von der England-Tour mit Frei.Wild könnt ihr in der ausführlichen Geschichte in unserer Juli-Ausgabe lesen.
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