Meshuggah: Wertschau

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Nicht alles, was die Schweden auf ihren bisher neun Studioalben kreierten, hat dem Nagen der vergangenen Jahre standgehalten. Deswegen hier ein ganz subjektiver nachträglicher Blick auf das, was war und daraus wurde.

Goldwert

DESTROY, ERASE, IMPROVE (1995)

Wenn ein Albumtitel das reflektiert, was Meshuggah Mitte der Neunziger mit der ahnungslosen, von Grunge und Alternative Rock gequälten Szene machten, dann steht er auf ihrem nach vergleichsweise langen vier Jahren veröffentlichten Zweitwerk. Zerstören, auslöschen, verbessern – mit diesem totalitären Dogma wüteten sie im Vorlauf durch den angesammelten Kanon von extremem Metal, um damit die ‘Future Breed Machine’ zu füttern. Der Opener dieses Albums ist bis heute ein Meilenstein dessen, was für die kommenden Jahre Meshuggah und weite Teile der sich neu aufstellenden Metal-Bewegung beschäftigen sollte: Grooves als die neuen Riffs. Klar ist das nichts, was Fear Factory nicht längst erfunden hatten. Aber Meshuggah dürfen seit diesem Teil als die Impulsgeber eines aus den alten Rhythmusstanzen ausbrechenden Genres gelten, das nicht zu Tanz- oder Hüpfmusik verkommen sollte, wollte und durfte. Oder redet heute noch jemand von Limp Bizkit?

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Liebenswert

NOTHING (2002)

Im Nachhinein war es kein weiter Weg vom rasenden Cyborg CHAOSPHERE zu diesem rein mechanischen Abzählreim mit dem Charme eines Borg-Raumschiffs. Aber als NOTHING die Post-Millennium-Version von Meshuggah aufzeigte, waren die meisten Fans erst mal bedient. NOTHING repräsentiert die Suche nach der nächsten Außengrenze des Extremen. Ein entmenschlichter, absichtlich seelenloser Sound, dem jede Wärme, jede Intuition fehlt. Ich finde es aus zwei Gründen wichtig: Aus diesem Klanglabor kam das, was heute als Djent auch nur knapp gelitten, aber doch so wichtig ist. Und es repräsentiert für mich den nihilistischen Trotz gegen die Hohlheit der Post-9/11-Welt wie kaum ein anderes Metal-Album.

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Erwähnenswert

KOLOSS (2012)

Noch so ein Album, dessen Titel bewusst oder unbewusst vorwegnimmt, was dazu heute zu sagen ist. KOLOSS nimmt die OBZEN-Formel der Synthese von Meshuggahs Werdegang bis dato und packt reichlich Muskelmasse dazu. Die Suche nach Heaviness aber nimmt (Vorsicht, Tautologie im Anmarsch) die Leichtigkeit aus dem Spiel. Bei gefühlt halbiertem Tempo wirkt vieles einfach nur zäh und trotzig, eine konstante Erinnerung, dass hier die Masters of Chug am Start sind – als ob das noch zu beweisen wäre. Auf der positiven Seite zeigt KOLOSS das Händchen der Band für Ambient-Atmosphäre. ‘The Last Vigil’ als Rausschmeißer ist schon ziemlich großes Kino.

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BEKLAGENSWERT

THE VIOLENT SLEEP OF REASON (2016)

Wir sind mittlerweile in den Zwanziger Jahren des neuen Jahrtausends angekommen, und im 30. Jahr nach Meshuggahs Debüt. Und da lässt sich bei aller Bewunderung für die Innovationskraft der Schweden eines nicht von der Hand weisen: Wie bei vielen Bands schlägt das Ungestüm der jungen Jahre den Erfahrungsschatz des Alters. Seit 2008, seit OBZEN, seit jetzt zwölf Jahren, haben Meshuggah nichts mehr geliefert, was solch eine Wertschau rechtfertigen würde. THE VIOLENT SLEEP OF REASON ist mehr vom Gleichen, dabei keinesfalls schlecht – aber was das Meschugge-Sein angeht, langsam doch auf dem Weg zur Anekdote in einer sich weiterentwickelnden Szene des extremen Metal.

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