Max Cavalera: Englischlernen mit Metal-Texten

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Viele nicht-englischsprachige Musiker schreiben ihre Texte auf Englisch – darunter auch der Brasilianer Max Cavalera. Der ehemalige Sepultura-Frontmann und heutige Soulfly-Sänger hat mit Loudwire über seine Englischkenntnisse gesprochen – oder eher: Über den Erwerb dieser. Zwar ist Englisch in Brasilien Schulfach, doch der Musiker brach früh die Schule ab. Als Jugendlicher brachte er sich die Sprache also selbst bei. Dafür übersetzte er Songtexte seiner Lieblingsbands. „Das hat Spaß gemacht – stundenlang Wort für Wort mit einem Wörterbuch durchgehen und Sätze bilden“, erinnert sich Cavalera.

Inspiration von Black Sabbath bis U2

Black Sabbath, AC/DC, Iron Maiden, Judas Priest, Ramones und Sex Pistols habe er übersetzt, zählte er im Interview auf. Auch Motörheads ‘Dancing On Your Grave’ war unter den Songs, die er Wort für Wort ins Portugiesische übertrug. Für seine eigene Karriere hat es einen besonderen Stellenwert: „Daher hatte ich den Bandnamen Sepultura“, erklärte Cavalera. Und eine weitere Parallele zog er zu seiner eigenen Musik: „‘Roots Bloody Roots’ kommt von U2s ‘Sunday Bloody Sunday’ und Black Sabbaths ‘Sabbath Bloody Sabbath’“, erzählte Cavalera weiter. U2-Frontmann Bonos Songwriting habe ihn generell stark beeinflusst, besonders die Alben WAR und THE JOSHUA TREE. Sepulturas ‘Beneath The Remains’ borge sich beispielsweise Formulierungen von U2s ‘New Year’s Day’. „Mir gefällt, dass man sich Dinge von anderen Künstlern leihen kann“, so Cavalera über die Musik. Ihm sei auch bewusst, dass sich andere Musiker an seinen Songs bedienen würde.

Vom Verständnis der englischen Sprache

Durch die Übersetzungen hat er verschiedene Ansätze, Songtexte zu schreiben, begriffen. „Mir sind Reime aufgefallen und ich dachte, ich muss das auch machen, aber manchmal müssen sich Sachen nicht reimen“, resümierte er. Durch Motörheads ‘Orgasmatron’ hat er außerdem verstanden, dass man neue Wörter durch bestehende formen kann. „Das hat mich zu den Sepultura-Songs ‘Straighthate’ und ‘Dictatorshit’ inspiriert, […], außerdem gibt es ein Soulfly-Instrumental namens ‘Karmageddon’ und den Soulfly-Track ‘Downstroy’.“ Cavalera sprach außerdem offen über die Led Zeppelin-Hommage im Soulfly-Titel ‘The Song Remains Insane’ (anstatt ‘The Song Remains The Same’).

Sprache sorgte auch für Probleme

Für englische Texte hat er sich überhaupt erst entschieden, weil er internationale Musik gehört hat. In den Anfangszeiten von Sepultura hat er, wie andere brasilianische Metal-Bands, auch portugiesische Texte geschrieben. Dann allerdings hat er angefangen, sich an seinen Idolen zu orientieren. „Vor der Split-Veröffentlichung BESTIAL DEVASTATION habe ich den anderen in der Band gesagt, dass wir ins Englische wechseln sollten“, so Cavalera. Allerdings ist dieses Vorhaben nicht nur auf Begeisterung gestoßen. „Wir haben in einem kleinen Teil der Welt mit großen Plänen gelebt. Von Familienmitgliedern und anderen Brasilianern wurden wir viel kritisiert, weil sie meinten, wir sollten lieber auf Portugiesisch singen und in Brasilien berühmt werden.

Sepultura, 1996: Max Cavalera, Andreas Kisser, Paulo Xisto Pinto Jr, Igor Cavalera

Anfänglich brauchte er beim Schreiben englischer Texte Hilfe: „Ganz früher habe ich auf Portugiesisch geschrieben und [ein Freund] hat beim Übersetzen geholfen. Wir haben auch Briefe an Chuck Schuldiner von Death und Dark Angel, Mille Petrozza von Kreator und Trey Agagthoth von Morbid Angel geschrieben.“ Dennoch sind einige Texte falsch gewesen, manchmal hätten auch unterschiedliche Sprachstrukturen für Probleme gesorgt – vor allem Produzenten sind nicht begeistert gewesen, so Cavalera. Bei den Aufnahmen sind Schwierigkeiten aufgetreten: „Ich konnte das Wort ‚world‘ nicht so sagen, wie der Produzent es wollte“, verriet Cavalera über Sepulturas ‘Arise’. „Meine brasilianische Herkunft hat sich darin gezeigt und es klang, als würde ich ‚word‘ sagen.“ Er habe jedoch zu seinem Akzent und zu direkten Übersetzungen, die im Englischen falsch sind, gestanden.

Cavalera: „Ich bin kein großer Poet.“

Ab CHAOS A.D. (1993) hat er sich mit seinem Englisch sicher gefühlt. Für großartig hält er sich aber nach wie vor nicht: „Ich mag an meinen Texten, dass ich nicht so tue, als sei ich ein großer Poet. Das Talent haben andere – ich nicht. Aber ich kann gute Höhlenmenschen-Lyrics schreiben – ‚Chaos A.D. / tanks on the streets / confronting the police / bleeding the plebs‘“, zitierte er sich scherzend selbst. „Es ist ein schmaler Grat zwischen Einfachheit und Lächerlichkeit, das ist aufregend“, so Cavalera. Er empfindet es so gesehen sogar teilweise als schwieriger, einen schlichten Song zu schreiben als einen komplizierten. Das motiviert ihn. Den recht einfachen Song ‘Eye For An Eye’ bezeichnete er in diesem Zug als einen der besten seiner Karriere. Ohnehin ist er in der Band der erste gewesen, der Englisch gelernt habe – gefolgt von seinem Bruder, Schlagzeuger Igor Cavalera.

Am Englischen gefällt ihm das Internationale – das heißt aber nicht, dass er fremdsprachlichen Metal schlecht findet. Cavalera lobte im Interview Rammstein und finnische Bands. Mit Soulfly hat er später auch wieder auf die portugiesische Sprache zurückgegriffen, um die Musik etwas exotischer zu gestalten.

Und das alte Wörterbuch, das er für seine Übersetzungen nutzte? Das habe er noch, sagte Cavalera: „Meine Mutter hat es aufgehoben.“

Niels Van Iperen Getty Images
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