Maik Weicherts Kolumne: les extrèmes se touchent

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Heaven Shall Burn Maik Weichert
Heaven Shall Burn 19.03.2010 Session
Weimar – , Germany

Ja ich komme mir schon ein wenig blöd vor Euch auch an dieser Stelle noch mit ein paar Gedanken zur allgegenwärtigen Finanzmisere zu nerven. Wer an dieser Stelle keinen Bock hat weiter zu lesen, den kann ich voll und ganz verstehen. In keinem Text weltweit der zu dieser Problematik in den letzten Monaten verfasst wurde steht etwas Gehaltvolles oder gar in die Zukunft weisendes zu dem Thema.

Man könnte fast meinen die Politik möchte beim Volk so schnell wie möglich den mühsam antrainierten „Ignoranz und Gleichgültigkeit durch Medienübersättigung – Reflex“ bemühen damit man ihnen alles erzählen kann, sich aber trotzdem keiner mehr drüber aufregt – nach dem Motto: „Beim ersten mal tuts noch weh, beim zweiten mal nicht mehr so sehr“/b>

Und ob dann nun jeden weiteren Tag ne Milliarde mehr in ein schwarzes Loch gekippt wird ist dann dem Volk relativ egal, man ist ja schon froh dass ständig von der gleichen Krise geredet wird und nicht von ständig neuen Problemen.

Aua, ich benutze das Wort „Volk“ wohl etwas oft hier, kommt etwas sozialistisch rüber sorry… obwohl, Moment, eigentlich… sind wir doch wieder auf dem Weg in den guten alten Zeiten des real existierenden Sozialismus. So viele Banken wie im Moment auf der ganzen Welt verstaatlicht werden!?

Kacke, würden sich meine Aktien überhaupt wohl fühlen bei der VEB Deutschen Bank?! Okay zum Glück sind Volk und Staat etwas voneinander Unterschiedliches, das hier staatstheoretisch auseinanderklamüsern zu wollen würde den Rahmen sprengen (bis in den Metal Hammer wollen wir den Leviathan mal nicht tragen…), so ist es ein Glücksfall für die Finanzwirtschaft, dass über Rettungs- und Hilfspakete der Staat entscheidet und nicht das Volk an sich.

Es hinterlässt zwar durchaus einen Nachgeschmack von Sozialismus, wenn ich von verstaatlichten Finanzinstituten lese, aber so ganz will das bei genauerer Betrachtung nicht passen. Wenn man Verluste verstaatlicht und Väterchen Staat vorher von den fetten Gewinnen nichts bekommen hat (oftmals noch nicht einmal den Steueranteil daran!), dann ist das mehr Sozialismus als gut sein kann.

Die DDR ist unter anderem auch an ihren unrentablen Betrieben zu Grunde gegangen. Da müssten doch echt mal ein paar halbwegs historisch interessierte Leute ein zumindest flaues Gefühl bekommen!? Wie man Betriebe nicht verstaatlichen sollte wissen wir Deutschen also schon sehr gut und machen es trotzdem gerne wieder!

Oder ist das jetzt doch die neueste Form des Turbokapitalismus? Noch eine Stufe härter als eine Wirtschafts-Parteidiktatur wie in China. Verluste einfach dem Staat in die Schuhe schieben.

Das ist so kapitalistisch dass es fast schon wieder Sozialistisch ist. „les extrèmes se touchent.“ (Die äußersten Gegensätze berühren sich.) hat Jean de La Bruyère eine solche Erscheinung mal genannt. So eine Sachlage ist eigentlich fast immer ein Zeichen für eine krankhafte Entwicklung.

Wie wenig diese multinationalen Konzerne noch mit Staaten an sich zu tun haben zeigt allein der Fakt dass bei den Auswirkungen der Krise Staatsgrenzen nicht die geringste Rolle spielen. Und trotzdem wollen nun Staaten diese Firmengeflechte, die wie riesige Kapitalismustumore wuchern, auffangen.

Das ist ungefähr so als wollte ich einen Elefanten mit einer Hausfrauenaspirin ruhig stellen. Ich habe mal irgendeinen schlechten Film gesehen da wollten Forscher die Erde mit einer Atombombe vor einem riesigen Kometen retten und die Megabombe ist einfach nur wie ne Knallerbse wirkungslos verpufft – so wird das auch mit den hunderten Milliarden der Rettungspakete sein, das ist alles was wir aufbringen können, das Beste, das Meiste, das Größte, aber es wird nichts nützen.

Die Eier, diese Wahrheit auszusprechen haben bis jetzt nur ein paar Experten gehabt – aber verständlich man kann ja schlechte Vibes nun gar nicht gebrauchen und würde nur als Hexe mit Kassandrakomplex auf nem medialen Scheiterhaufen verbrannt. Wenn nach den News über ein Rettungspaket im Umfang von mehreren hundert Milliarden Euro die Kurse an der Börse nach einem Tag schon wieder einbrechen, dann sollte man sich mal fragen ob man an der richtigen Schraube dreht.

Schließlich wird an der Börse die Zukunft gehandelt und die lässt sich offenbar schwer mit Geld beeinflussen, Geld und Profit scheinen also die Ikonen der Gegenwart zu sein, die Droge und der heilige Gral des Kapitalismus. Für die Zukunft stehen dagegen Visionen und Nachhaltigkeit – mal ehrlich stellt sich bei dem ganzen überhastet zusammen gebastelten Chaos aus Hilfspaketen und Finanzspritzen bei Euch ein Gefühl von Planung und Nachhaltigkeit ein?! Also bei mir eher weniger.

Kann man diese ganzen unfähigen Kreditinstitute nicht einfach zu Grunde gehen lassen? So wie es die Ureinwohner Afrikas tun, wenn die Ebola ins Dorf kommt, da werden alle Kranken in eine Hütte gesteckt und wer wieder raus kommt hat Glück gehabt!? Auweija bei soviel urliberalem Gedankengut bekomme ich ja schon Angst vor mir selber. Nein natürlich kann man die Banken nicht vor die Hunde gehen lassen, weil ja Leute wie Du und ich ihren Job und ihr Geld verlieren würden!

Sehen wir es doch mal realistisch:
Die Staaten und Bürger der westlichen Welt sind schlicht und einfach von multinationalen Finanzkartellen als Geiseln genommen worden. So einfach und erschreckend ist das!

Und wenn nun besonders Staaten wie Frankreich irreale Summen in europäische Sicherungs- und Hilfsfonds pumpen wollen dann hat das den ganz banalen Grund so etwas wie drohenden Bürgerkrieg zu verhindern. Klingt übertrieben, aber das ist wirklich kein Panikszenario, oder was glaubt ihr denn was los wäre, wenn der gemeine Franzose am Morgen sein Baguette kaufen will und mitbekommt, dass seine Bank sein Geld nicht mehr hat?

Er wird sicher nicht wie der deutsche Michel auf der Couch sitzen bleiben und weiter seine Kinder bei der Super Nanny im Fernsehen beobachten. Obwohl so eine Situation schon fast geeignet dazu wäre sogar einen Deutschen auf die Straße zu treiben, aber bis dahin würden Staaten wie Frankreich oder Italien schon lange lichterloh brennen und es müssten sich noch etliche Ackermanns den Strick nehmen.

Ich will hier jetzt gar keine Horrorszenarien heraufbeschwören, aber wie schlimm es wirklich ist weiß wohl niemand und noch nicht einmal das traut sich jemand wirklich zu sagen – also jemand dessen Stimme Gewicht hat ich meine jetzt nicht den Carl Heinz am Stammtisch oder den minderbegabten Online-Kolumnenschreiber.

Man muss doch nur mal eins und eins zusammen zählen und dann erkennt man zumindest dass da noch einiges im Rohr ist. Natürlich herrschen hier keine amerikanischen Verhältnisse wo Banken Leuten Kredite gewähren um die Zinsen von den Schulden zu tilgen die sie zur Tilgung von anderen Zinsen gemacht haben. Aber genau das ist es ja!

In unserer globalisierten Welt geht es nicht um Ländergrenzen, während wir über so viel Blödheit amerikanischer Banken mit dem Kopf schütteln, sind durch die weltweiten Vernetzungen der Kreditinstitute unsere Guthaben von diesem Dilettantismus genauso gefährdet. Man kommt sich fast vor wie ein Tourist der die große welle fotografieren will und erst später merkt, dass diese Welle die Promenade überspülen wird.

Als ich heute hörte, dass mittlerweile sogar die Schweiz nasse Füße bekommt und beginnt staatlich zu regulieren, da habe ich schon kurz geschluckt. Und besonders Deutschland als Autoherstellernation hat viel zu verlieren. Heutzutage sind doch Autohersteller auch nur Banken, die den Leuten Kredite für den Produktkauf verschaffen. Das ist nun mal unser System und wir leben mitten drin. Egal ob im besetzen Haus oder im Penthouse.

Wir werden mit diesem System zu Riesen und wir werden mit diesem System untergehen.

Versucht einfach Spaß zu haben, wir können sowieso nix machen! Nein ich bin nicht desillusioniert ich bin nur zynisch, soweit kommts noch dass die mich unterkriegen. Was ich meinte ist eher dass gegen den Frost kein Zittern hilft!

Kennt ihr die Szene bei „Der Untergang“ im Bunker? Und die Worte die Herr Goebbels da spricht? Sollte man als Wort zum Sonntag sampeln!!! Hohoho…

Axel Jusseit Krefeld Germany
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