Ich habe wirklich unzählige Mails bekommen, die vorgeschlagen haben, dass ich mich in dieser Kolumne doch mal mit unserem ehemaligen und sicher auch bald wieder aktuellen Jung-Politstar auseinandersetzen soll. Aber mal ehrlich, seid ihr nicht auch genervt von der Allgegenwärtigkeit der Thematik? Ich habe daher beschlossen, diesen Monat die deutschlandweit einzige Kolumne zu schreiben, die sich mit dem Thema ausdrücklich NICHT befasst!!! Ich hoffe, ihr wisst das zu schätzen! Stattdessen möchte ich mich eines Themas annehmen, das vielleicht etwas banal anmutet, das mich aber schon seit mehr oder weniger sieben Jahren stark beschäftigt. Ein Thema, dessen ich mich aufgrund meiner zeitintensiven Aufgaben als junger Katzenvater und Vorstandsmitglied eines überregional tätigen Metal-verarbeitenden Kulturbetriebes bisher nicht in dem von mir gewünschten Maße widmen konnte und wofür ich die richtigen Worte erst jetzt gefunden habe: nämlich Computerspiele und Metal.
Früher passten Metal und Computerspiele so gut zusammen wie Metal und Briefmarkensammeln. Heutzutage muss man schon ansatzweise wissen, wie ein Rechner funktioniert, um den kompletten Metallica-Backkatalog auf seinem mp3-Player für den mobilen Einsatz parat zu haben. Manchen reicht diese Zwangsauseinandersetzung, andere wollen indes noch mehr. Womit wir beim Thema wären: Guitar Hero, Rock Band und Konsorten. Und vor allem deren Folgen.
Doch beginnen wir mit den Anfängen. Bereits Karaoke hat sich seit seinem finsteren Siegeszug für die härtere musikalische Gangart als gänzlich unrockbar erwiesen. ‘Suspicious Minds’ kriegt der gemeine BWLer im Song-SM-Studio seines Vertrauens und in Begleitung der digitalen YAMAHA-Kapelle als Schmalspur-Elvis vielleicht noch halbwegs hin, aber Rainbows ‘Stargazer’ oder ‘Hammer Smashed Face’? Wohl weniger.
Doch zum akuten Stein des Albernheits-Anstoßes. Seit wann bitte sind Plastikgitarren oder ein wahlweise an den Flippers oder ein an Lars Ulrich angelehntes MiniMülltonnen-Schlagzeug cool – geschweige denn Rock’n’Roll? Noch befremdlicher: Heroen-Bands wie Mötley Crüe oder Aerosmith verkaufen mit den pseudo-aktiven Playstation-Playback-Versionen ihrer alten wie neuen Songs mittlerweile mehr als mit den puren Stücken. Wenigstens ein positiver Effekt in Sachen Bildungsförderung. Aber um welchen Preis? Wenn wie auf manchen Festivals Leute Schlange stehen, um sich auf Bontempi-Instrument-Imitaten im bunten Knopfdruck-Trigger-Takt wie Yngwie Malmsteen fühlen zu können, während um die Ecke echte Musiker aufspielen, provoziert das meine Gesichtsmuskeln zu einem argwöhnisch entgleisenden Spock´schen Augenbrauen-Höherlagerung gepaart mit einer Rambo-im-Endkampf Mundwinkelzuckung. Natürlich ist das alles irgendwie spaßig, recht und in der Anschaffung nicht gerade billig. Aber spinnt man diesen Trend mal weiter, erscheint ein erschreckendes Szenario vor dem geistigen Auge. Anstatt zünftig mit seinen Kumpels eine Keller-Band zu Gründen und beim Covern von ‘Ace of Spades’ die wahre Magie des Metal sowie die eigenen musikalischen Grenzen zu entdecken, gründet die nachwachsende Gamer-Generation wohl eher die Tribute-Band Megabytica.
Wird das Spielen echter Instrumente, das Schreiben eigener Songs wohlmöglich bald ein Rock-Relikt werden und fortan direkt mit der reinen Sample-Datenbank komponiert werden? Wird Peter Bursch irgendwann genötigt, seine Lehrbuch-Tabulaturen nur noch in blau, grün, gelb und rot abliefern zu müssen? Wird es bald Trend-ergänzende Zusatzmodule wie digitale Dudelsäcke für Paganer geben? Wie bekämpft man virtuellen Entzug? Und vor allem: Kriegt man noch Bräute mit dem Spruch „Ich spiele in einer Band“. Oder bleibt irgendwann allen Analogen der Playstation-Zugang zur X-Box verwährt?
Ich weiß es nicht. Und das hier ist auch nur meine ganz persönliche Meinung! Wie gesagt dieses Thema hat mich schon lange sehr beschäftigt und es dauert manchmal, bis man irgendwann, irgendwo die richtigen Worte findet!