Live-Bericht: Judas Priest + Annihilator + Pantera

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In der kommenden METAL HAMMER Ausgabe (am Kiosk ab dem 17. März 2010) wartet ein großes Special zu 20 Jahren COWBOYS FROM HELL. Als Dreingabe gibt es hier, frisch aus dem METAL HAMMER Archiv – die historische Konzert-Besprechung zur entsprechenden Tour: Judas Priest + Annihilator + Pantera. Viel Spaß:

Judas Priest
+ Annihalator
+ Pantera

Essen, Grugahalle

Wieder einmal hatten sich die „Könige des Schwermetalls“ angekündigt : Judas Priest, die ihre Krönung spätestens mit ihrem letzten mega-exzellenten wie –verkauften Album PAINKILLER bereits vollzogen hatten. Und wieder einmal sollte es ein unvergesslicher Abend werden, oder vielleicht doch nicht?

Bevor die Priester aus Birmingham ihre Kutten ab- und selber loslegten, galt es für die circa 8.000 Besucher, die die Essener Grugahalle ausverkauft hatten, mit Pantera und Annihilator zwei mehr oder weniger interessante Thrash Metal-Acts aus Übersee zu begutachten: Annihilator mehr, Pantera weniger.

Letztere weilten zum ersten Mal überhaupt in Europa und konnten die Erwartungen, die angesichts des überaus akzeptablen neuen Albums COWBOYS FROM HELL geweckt wurden, bei weitem nicht erfüllen. Klar, die 1981 gegründete, erfahrene Band, die sich im Laufe der Jahre einem grundlegenden Stilwechsel unterzogen hatte, zeigte Power; das ist nicht zu bestreiten. Die Höllencowboys sonderten jedoch während der ihnen zugestandenen halben Stunde nichts anderes ab als durchschnittlichen, unmelodiösen Thrash, der sich zudem mit unvorteilhaftem Sound aus der P.A. quälte.

Annihilator gaben da eine ganz anders geartete Visitenkarte im Ruhrpott ab. Im Laufe des Sets wurde erkennbar, dass sich die Kanadier durch die letztjährige Tour mit Xentrix und Despair eine beträchtliche Stammgemeinde erspielt hatten. Im Vorfeld konnte man einen beachtlichen Kreis von Besuchern ausmachen, der satt mit Annihilator-Merchandising eingedeckt war. Gitarrist Dave Scott Davis hatte der Combo während der US-Tour beleidigt den Rücken gekehrt, als diese gebeten haben soll, sich im Interesse der Band einer Abmagerungskur zu unterziehen. Als Neueinstieg nach der gegenwärtigen Tour ist bereits ein junger GIT-Absolvent im Gespräch, der angeblich nur aus Haut und Knochen bestehen soll.

Auch als Four-Piece hatten Annihilator offenbar keinerlei Probleme bei der Live-Umsetzung ihres Materials. Im Gegenteil, souverän und locker spielten sie sich durch ihr Programm und ernteten die Sympathien eines Großteils der Fans; auch derer, die ungeduldig der Judas-Dinge harrten, die da kommen sollten. Der Gig zeigte, dass Annihilator über drei Stage-Animateure verfügen: der entfesselt aufspielende Guitar-Hero Jeff Waters, der charismatische ex-Omen-Sänger Coburn Pharr sowie der unablässige „moshende“ Bassist Wayne Darley. Das von Drummer Ray Hartmann unterstützte Show-Trio ließ dem Publikum keine Atempause.

Ob nun Songs des Debüts ALICE IN HELL wie ‘Welcome To Your Death’, das abschließende ‘Alison Hell’ oder vom aktuellem Album Never, Neverland wie ‚The Fun Palace’, ‘Road To Ruin’ und die Single ‘Stonewall’ – die Fans sangen die Texte fast durchweg mit. Fazit: Annihilator lassen ohne Zweifel erhoffen, dass sie irgendwann in diesem Jahrzehnt als legitime Nachfolger des Headliners antreten könnten, wenn Halford & Co. eines Tages im Altersheim Karten spielen. Wenn das nächste Annihilator-Werk ähnliche Maßstäbe setzen sollte wie seinerzeit BRITISH STEEL, stünde dem nichts im Wege.
Die altgedienten Herren von Judas Priest, aufgefrischt durch ex-Racer X-Drummer Scott Travis, legten ihre Karten jedoch noch in Essen auf den Tisch, äh, die Bühne. Den „Trumpf“ spielten sie, anders als noch auf der RAM IT DOWN-Tour, gleich zu Beginn.

Verheißungsvoll, ultimativ und unmissverständlich dröhnte der allseits bekannte Harley-Sound durch die Boxen. In der vorderen Mitte der gänzlich in Nebel getauchten Bühne lugte plötzlich der gleißende Scheinwerfer des legendären Bikes auf: ‘Hell Bent For Leather’. Aufsatz auf eine mannshohe Klappe, in der die Herren schlussendlich entschwanden.

Zurück zum Verlauf: Mit ‘Grinder‘ und ‘Hellion/Electric Eye‘ blieben Judas Priest in der vor gefragten Oldies platzenden Kiste, bevor ‘All Guns Blazing‘ den ersten Griff auf das PAINKILLER-Opus bedeutete. Rob Halford erwies sich einmal mehr als jener perfekte Entertainer, der wegweisende Maßstäbe in Sachen „Heavy Metal und seine dramaturgische Performance“ gesetzt hat.

Kaum wegzudenken, der Mann. Bis ins kleinste Detail konzeptioniert, beherrscht Hallford die drei –iks: Gestik, Mimik, Theatralik. Den faszinierten Betrachter zog Hallford in seinen meisterlichen Bann, fürwahr. Wie etwa Klaus Maria Brandauer in ‘Mephisto‘ so ist ‘Changes‘, jenes wirklich geile Werk, das vor allem den älteren Fans einige Erinnerungen beschert haben dürfte. ‘Painkiller‘ war schließlich der letzte Track der neuen LP, bei dem sich allerdings doch kleine gesangliche Schwächen des Meistersängers nicht von der Hand weisen ließen. Nun ist ‘Painkiller‘ auch nicht gerade ein leicht zu singendes Stück, was die Frage aufwirft, warum Judas Priest diesen Reißer nicht als optimalen stimmt.

Lediglich die den Gesamtsound stark beeinträchtigende zu starken Bass-Drums von „Fell-Killer“ Scott Travis trübten den Genuss. Dennoch, reichlich bedient und zufrieden konnte man dem ersten Zugabenteil mit dem unvermeidlichen ‘Breaking The Law‘ und dem nicht minder unvorhersehbaren ‘Living After Midnight‘ entgegenjubeln. Klar, diese Songs gehören ebenso zu jedem Priest-Konzert wie ‘Another Thing Coming‘, das den Set letztendlich beschloss.

Abgesehen von benannten Schwächen und der Tatsache, dass sich mancher vielleicht den ein oder anderen Klassiker, wie zum Beispiel ‘Diamonds And Rust‘ oder ‘Free Wheel Burning‘ gewünscht hätte, haben Judas Priest wieder einmal ihren Status als lebende Legende des Heavy Metal nachhaltig untermauert, die diesen Begriff prägte, prägt und weiterhin prägen wird.

Martin Groß

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