[Classic] Saitenhieb: „Was mir bei Konzerten auf den Sack geht“

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Es gab und gibt schon immer Dinge, die einem den gepflegten Konzertgenuss ordentlich verhageln können. Als da wären: mieser Sound, schlechte Sicht, das Wetter, Bier zu teuer/zu warm, Band scheiße und so weiter und so fort. Alles Dinge, für die der Fan wenig bis nichts kann. In den letzten Jahren jedoch kommt es immer wieder vor, dass einen das Mit-Publikum irritiert bis verärgert. Nachdem sich Kollege Strater seinerzeit die kickboxenden „Söhne von Mr. Myagi“ vorgeknöpft hat, widmen wir uns heute in unserer kleinen Reihe „Was mir bei Konzerten auf den Sack geht“ zwei weiteren Spezies. (Die im übrigen nicht mal ansatzweise so unterhaltsam sind wie Loriot im „Brat fettlos mit Salamo ohne“-Sketch. Aber das nur am Rande.)

Zum einen ist der Typus „Labertasche“ wieder aufgetaucht. Die Zeiten ohrenbetäubender Lautstärke sind lange vorbei. Aber wer jemals 90 Minuten lang Gespräche über die neue Frisur des Leadsängers oder irgendwelche privaten Problemchen mithören durfte, der hätte wohl den Tinnitus bevorzugt. Klar, schon Madonna wusste: „Music makes the people come together“ und so. Alles richtig und wichtig. Nur gibt es für fast alles den richtigen Ort und die richtige Zeit. Dass die ersten Reihen eines Clubs den richtigen Rahmen für belanglose Informationen wie „Boah, was war ich gestern wieder voll…“ darstellen, wage ich stark zu bezweifeln.

Die Königsdisziplin des Konzertverhagelns stellt jedoch die Sache mit den hochgereckten Mobiltelefonen dar. Nun gönne ich jedem sein persönliches Andenken, aber ausgerechnet ein völlig verwackeltes, übersteuertes und verpixeltes Video, bei dem ich nur erahnen kann, um was es sich da handelt? Geht’s noch? Und mit welcher Energie und Hingabe einige dieser Zeitgenossen minutenlang dem Sänger ihr Handy ins Gesicht halten! „Könntest du mich bitte nicht so anrempeln, ich versuche hier gerade zu filmen…“ Alles schon erlebt.

Und weil der Erste der Geilste ist (oder so), muss natürlich alles direkt vom Ort des Geschehens ins WWW geschickt werden. Da sucht mancher ein Netz, als ob er Fischer wäre, nur um „Yeah, hier geht es gerade voll ab“ unter sein gerade erstelltes Facebook-Video vom Volbeat-Konzert zu posten. Leute, da reißt sich auf der Bühne jemand den Arsch für euch auf, und ihr habt nichts Besseres zu tun, als der Welt mitzuteilen dass ihr die Schärfsten seid?

Nennt mich altmodisch, aber ich dachte bisher, dass es bei Konzerten darum geht, den Moment zu genießen und sich die Band anzuschauen. So richtig, und nicht auf dem Display eines Smartphones. Probiert es mal: Zuhören, mitmachen und abfahren. Wie im oben erwähnten Loriot-Klassiker: „Sie befinden sich auf einem Konzert.“ „Aaaah ja…“

Euer Tom

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