Wer wenigstens einmal die Chance hatte einer Knorkator Live-Show beizuwohnen, dem ist wohl bewusst, dass „Deutschlands meiste Band der Welt“ immer wieder weiß mit skurrilen Einfällen ihre Fans und Hörer zu überraschen.
Daher verwundert es nicht, dass sich die Köpenicker kein verstaubtes Eckchen im Tonstudio gesucht haben, um ihre mittlerweile zehnte Platte, die da zum fünfundzwanzigsten Jubiläum der Band erscheinen wird, im Rahmen einer Listening Session zu Gehör zu bringen. Stattdessen wurden Musik, Rettungsringe, Buletten und Fischbadelatschen auf ein Boot verfrachtet, um von dort aus eine kleine muntere Schiffsmeute und alle Ohren in Reichweite zu beschallen.
Die Hörprobe: WIDERSTAND IST ZWECKLOS
VÖ: 13. September
Revolution:
punkiger Opener, der sich textlich der zweideutigen Verben-Vielfalt bedient, Chorunterstützung im Refrain beim Schrei nach Revolution, vom Rest abweichende melodische Bridge
Ein Wunsch:
Punk-rock-Attitüde bleibt bestehen, der Wunsch des nichts-mehr-wollens wird mit deutlich hörbarer Silbentrennung auf einen simplen durchgängig stampfenden Beat gepackt
Ring My Bell:
zurück ins Jahr 1979 – der bekannte Song ‘Ring My Bell’ erfährt eine rockige Variante mit viel Gitarrensounds, kurzem Saitensolo, ein paar grollig-grunzige Einsprecher anstelle des weiblichen Hintergrundchors im Original
Rette sich wer kann:
Knorkator bedienen sich der Kunst der starken Gegensätze: die vom Stumpen hart hingerotzten Strophen werden von einem sehr seichten Chorus abgefangen. mit jede Menge Ausrufezeichen kritisiert die Band den allgemeinen Immer-Drauf-Lebensstil
Am Arsch
Mit synthetischen Orgelklängen, die leicht an Phantom der Oper erinnern, geht es los: in höchst dramatischem, düsterem Sound wird dem Hörer eine Geschichte von Lapalien geschildert, bei der sowohl musikalischen als auch inhaltlichen Übertreibung muss man das eine ums andere mal schmunzeln
Was du gibst
Düster-dramatisch geht es weiter wird „der Albumschnulze“, wie sie von der Band selbst angekündigt wird. Es verwundert daher nicht, dass es sich hier um den mit Abstand seichtesten Song handelt; enthält Nachwuchs-Auftritte oder wie Knorkator meinen: „durchsetzt mit jeder Menge Kinderarbeit“
Buchstabensuppe
Hier wurde wohl eine lyrische Schreibübung vertont: in einem deutlich rockigeren Gewand als zuvor werden Reimwörter aufgezählt – eine in der Tat einzige Wortsuppe
Untergang
Gitarren-Intro lässt auf eine rockige Nummer vermuten: Pustekuchen! Gesang erfolgt in einem Frage-Antwort-Muster: ein wehmütiger Chor, ungewohnt tragisch-molliger Klang zu einem aber doch lebhaften Rhythmus, „Das ist der Untergang“
Auf in den Krieg
sehr heroisch mit einem Chor hinterlegter Song, Spannungssteigerung erzeugt mit dem gängigsten Mittel der Musik: der Transposition, die hier einfach gleich verbal angekündigt wird, um den Effekt (vielleicht?) zu verstärken
Behind The Wheel
Wer sich ab ‘Ring My Bell’ gefragt hat, es sich noch ein weiteres Cover auf die Platte geschlichen hat, bekommt hier seine Antwort. Weit weniger elektronisch als Depesche Mode vertonen Knorkator ihre Version zu ‘Behind The Wheel’
Zu Kurz
möglichst alle Genres in einem Song: Beginn mit heftigen Shouts und sogar Pig Squeals, enthält dann aber auch einen tragisch-melodischen Orgel-Chor, einen Rap-Part, eine zarte weibliche Gesangsstimme – ganz viel Vielfalt aufs Ohr, sodass es zum Ende auch bloß nicht langweilig wird
Fazit: Knorkator knüpfen an alte Muster an und verbreiten auch auf Album Nummer zehn noch Spaß und gute Laune, eine starke Mischung aus Rock und Musical-Dramatik; der Knorkator im Worte sitzende Witz frisst sich auch durch diese Platte, dabei scheinen hier die satirischen, humorvoll-kritischen Songs dem Blödsinn etwas überlegen zu sein.