1981 war ein denkwürdiges Jahr. Ab Januar cruisten die ersten (und einzigen) DeLoreans durch die Straßen, Mission STS-1 läutete die Space Shuttle-Ära der NASA ein, und zahlreiche Iron Maiden-Fans pilgerten in nächstbeste Plattenläden, um sich die neueste Scheibe anzuschaffen, welche die New Wave Of British Heavy Metal anspülte – KILLERS. Heute, am 2. Februar, wird sie 41 Jahre alt.
Randnotiz: Alle im Artikel verwendeten Zwischenüberschriften sind entweder Song-Titel oder Song-Textschnipsel von Iron Maidens Meilenstein KILLERS, die nicht nur gewissermaßen zum zugehörigen Textabschnitt passen, sondern in die ihr beim Lesen reinhören könnt.
Prodigal Son
Die offiziellen Arbeiten an ihrem zweiten Langspieler KILLERS begannen und endeten mit Personalwechseln. Nach der Veröffentlichung ihres einschlägigen Debüts IRON MAIDEN verließ Gitarrist Dennis Stratton die Band. Weshalb? Musikalische Differenzen; genauer: Whitesnake. „Eines Tages war ich nach einem Gig total hinüber und mein Kopf kurz vorm Explodieren. Ich wollte nur eines: entspannen. Ich hörte ‘Soldier Of Fortune’ von Whitesnake, ein ziemlich ruhiger und melodischer Song, als Rod [Smallwood, Manager der Band – Anm.d.Red.] in mein Zimmer kam, begann, mich anzuschreien, und sagte, dass ich diese Art von Musik nicht hören sollte. Daraufhin meinte ich zu ihm, dass mein Kopf explodieren würde, würde ich 24 Stunden am Tag Motörhead hören. Er erwiderte, dass ich aufgrund meines Musikgeschmacks gar nicht in der Band sein sollte“, erläuterte Stratton.
Nicht bereit, sich vorschreiben zu lassen, welche Musik er sich in den Walkman legt, kehrte er Iron Maiden den Rücken. Noch vor Beginn der Aufnahmen zu KILLERS wurde er durch Adrian Smith ersetzt.

‘Cos I’m A Wrathchild
Auch für Paul Di’Anno war Iron Maidens zweites Album ein Wendepunkt in seinem Leben, schließlich war es das letzte mit ihm als Sänger. Noch einmal verpasste er Iron Maiden seinen Stempel. Dass seine unverkennbare Stimme damals so eckig und kantig war, lag vermutlich daran, dass er keinen Gesangsunterricht nahm: „Ich rauchte Zigaretten, trank Jack Daniel’s und nahm Kokain. Ich mach keinen Scheiß. […] Im Heavy Metal und Rock’n’Roll von einem Gesangslehrer trainiert zu werden? Fuck off.“
Prägend für den typischen Iron Maiden-Sound war außerdem Star-Produzent Martin Birch. Schon für ihr Band-betiteltes Debüt fasste ihn Steve Harris ins Auge, doch war dieser überzeugt, dass Birch gar kein Interesse habe, mit der damals noch relativ unbekannten Band zusammenzuarbeiten. Schließlich schneiderte Birch in der Vergangenheit bereits Bands wie Black Sabbath, Deep Purple und Rainbow ihren Sound auf den Leib. Doch dann kam es anders: Bis Birch zu Beginn der Neunziger Jahre in den Ruhestand ging, produzierte er – mit Ausnahme des Debüts – alle Alben der Band. Kurz nach der Produktion von FEAR OF THE DARK zog er sich aus dem Business zurück. Im vergangenen Sommer verstarb er im Alter von 71 Jahren.
Killer Behind You
Verantwortlich für den Großteil des musikalischen Outputs war Bassist, Kopf der Band und Mastermind Steve Harris. Nur zu zwei Tracks steuerten Band-Kollegen ihre Ideen hinzu: Am Schreibprozess von ‘Twilight Zone’ beteiligte sich Gitarrist Dave Murray, und Paul Di’Anno wirkte am Titel-Track ‘Killers’ mit. Zwar lässt sich KILLERS nicht eindeutig als Konzeptalbum einordnen, trotzdem durchzieht alle Songs ein gemeinsames Thema: Aus verschiedenen Perspektiven – beispielsweise der des zornigen Suchenden, flüchtigen Verdächtigen und des kaltblütigen Killers – betrachtet es Mord und Totschlag sowie Hoffnungslosigkeit, welche ultimativ in Veränderung und einem Neuanfang resultiert (man höre ‘Drifter’).
Weitere Besonderheiten des Albums: Legt man KILLERS auf, hört man gleich zu Beginn Iron Maidens bis heute kürzesten Song, ‘The Ides Of March’ (Laufzeit: 1 Minute und 45 Sekunden). Gleichzeitig ist selbiger Song eines der beiden Instrumentalstücke des Langspielers. ‘Genghis Khan’ ist das andere.

All I Found Was The Butchered Remains
Noch auf dem Cover zu ihrem Debüt IRON MAIDEN sah Eddie ziemlich zerfranst, irgendwie erschrocken, aber gleichzeitig bedrohlich aus. Sein Blick damals: Irrsinnig, verstörend. Sein Blick auf KILLERS hingegen: Boshaft, besessen. Eddies teuflisches Grinsen lässt darauf schließen, dass er den blutigen Mord an jenem, dessen verzweifelt greifende Hand nur noch zu sehen ist, in vollen Zügen genießt. Das blutige Beil tropft noch. Eddie lässt Unheil auf sich warten – während im Hintergrund, ganz unten in der Ecke, ein eng umschlungenes Paar beim Liebesakt zu beobachten ist. Auch ein Zeuge ist zu sehen, versteckt hinter seinem giftgrün leuchtenden Vorhang.
Erstmalig ließ Derek Riggs, verantwortlicher Künstler, zahlreichen Hintergrunddetails genügend Spielraum, sich zu entfalten. Zu sehen ist beispielsweise das „Ruskin Arms“, die frühere Stammkneipe der Band, gleich nebenan ein Sex Shop. Bei der Abbildung handelt es sich um keine Fantasielandschaft: „Die Gebäude im Hintergrund sind eigentlich die Wohnblöcke im Norden von London, in denen ich damals lebte, Etchingham Court“, erzählte Riggs, Schöpfer des ikonischen Band-Maskottchens – nein, Vater eines unverzichtbaren Band-Mitglieds.

Am 2. Februar 1981 veröffentlichten Iron Maiden ihr zweites Album KILLERS. Im Anschluss trat die Band ihre erste Welttournee an, die sie unter anderem durch England, Schottland, Frankreich, Westdeutschland, aber auch nach Japan, Kanada und in die USA führte.