An diesem Abend kriegt man was für seine 24 Euro: Sieben Bands spielen auf – doch das umfangreiche Billing hat auch seine Nachteile: Die ersten Bands (Michigans Electronic-Metalcorer We Came As Romans und die britischen Hardcore Punks Your Demise) sind für den normalen Arbeiter unter der Woche kaum zu schaffen. Doch selbst wenn man erst bei den Berlinern War From A Harlots Mouth am Ort des Geschehens aufschlägt, stehen einem danach ja noch immer vier erstklassige Bands bevor.
Auch wenn War From A Harlots Mouths ihre Sache mehr als ordentlich machen und das Publikum mit einer zaghaften Wall Of Death für die folgenden Hochkaräter warmprügeln, fehlt leider das Alleinstellungsmerkmal im Band-Sound.
Dieses Problem haben Emmure nicht: Die finsteren Breakdowns und galligen Growls von Frontmann Frank Palmeri sind unverwechselbar und verfehlen beim Käppipublikum und dessen kollektiver Aggression-Abbau-Tanzstunde nicht ihre Wirkung: Die Halle bebt zum Prügel-Programm. Am Merch findet man dann Emmure-Shirts mit Sprüchen wie „Ask Ya Girl What My Dick Tastes Like“ und legt den eben gewonnenen musikalischen Respekt dann doch lieber wieder ad acta.
Was man im Fitnessstudio aus seinem Körper basteln kann, zeigen danach die Corler Bleeding Through aus Orange County: Frontmann Brandan Schieppati kommt anscheinend direkt aus der Muckibude auf die Bühne und präsentiert seinen gestählten Hulk-Body nicht ohne (berechtigten) Stolz. Doch auch für das männliche Auge gibt es was zu gucken: Keyboard-Lady Marta. Im Gegensatz zu den düster-bollernden Emmure schalten Bleeding Through wie zu erwarten einen Gang höher und zerlegen die zuckende Masse mit ihrem Deathcore. Von diesem kakophonischen Inferno erholt man sich nicht so schnell.
Wie gut, dass anschließend mit Comeback Kid die „softeste“ weil melodiöseste Kapelle des Abends auf die Bretter kommt. Der Moshpit-Stimmung tut dies natürlich keinen Abbruch: Sowohl Songs vom aktuellen Album SYMPTOMS + CURES (z. B. ‘Because Of All The Things You Say’), als auch Klassiker wie ‘Wake The Dead’ belegen, dass an diesem Abend viele Fans der Kanadier den Weg in die Freiheit gefunden haben. „Das ist geil“, freut sich Sänger Andrew Neufeld. Sympathische Jungs (Kanadier eben), engagierter Gig, Bombenstimmung – der perfekte Opener für die großartigen Parkway Drive!
Die Surferboys um Ausnahmekreischer Winston McCall stürmen auf die Bühne und geben mit den Auftakt-Songs vom aktuellen Meisterwerk DEEP BLUE den Startschuss für einen Gig, der in die Annalen dieser an Höhepunkten nicht eben armen Location eingeht. Im Gegensatz zu vielen ihrer Vorgänger wirken die fünf alles andere als aufgesetzt und haben es schlichtweg nicht nötig, einen auf dicke Hose zu machen. Stattdessen bieten sie eine fulminante, lustige Show, die über die bloße Darbietung von Songs (‘Home Is For The Heartless’, ‘Romance Is Dead’, ‘Carrion’ etc.) hinausgeht.. Plötzlich zückt Winston ein Rugby-Ei, verspricht demjenigen, der es sicherstellen kann, 50 Euro Merch-Guthaben und wirft die Pille in die durchdrehende Menge – ‘Set To Destroy’ sozusagen. Doch damit nicht genug: die Lichter aus und als sie wieder angehen, performen Parkway Drive von Palmen umgeben in kunterbunter Surfer-Kulisse. Ein Plastikball schwebt über die Menge und bringt auch der sichtlich angestrengten Security ein bisschen Freude, bevor schließlich ein Schlauchboot von der Bühne auf den wogenden Pit befördert wird, auf dem ein glücklicher Gummibootdesperado den Ritt seines Lebens hat. Gig des Jahres, mindestens.
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