Im Post Punk-Himmel bei: Grave Pleasures + King Dude + Jessica 93

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Jessica 93

Als erster Act des Abends betritt die One-Man-Band Jessica 93 des aus Paris stammenden Geoffroy Laporte die Bühne. Mit Gitarre/Bass, Drumcomputer und Loop Station ausgestatten kreiert der Franzose einen hypnotischen, schweren, mitunter auch verträumten Sound, der wohl am ehesten in Richtung Shoe Gaze und Post Punk tendiert. Mit Trainingsjacke und Jeans bekleidet passt das Erscheinungsbild zumindest optisch ganz und gar nicht zum heutigen Abend – aber was zählen schon Äußerlichkeiten? Das Publikum scheint zunächst skeptisch und traut sich erst nach den ersten drei Songs vermehrt vor die Bühne zu treten. Die kurze Spielzeit von nur knapp 30 Minuten gibt einen interessanten Einblick in dieses doch recht ungewöhnliche Projekt und wer Jessica 93 an diesem Abend verpasst haben sollte, dem sei geraten, dies bei der nächsten Gelegenheit nachzuholen – es lohnt sich!

King Dude

Für einige Anwesende ist sicher weniger der Hauptact Grave Pleasures das Highlight des Abends, sondern vielmehr King Dude, der gegen 21 Uhr im gänzlich verdunkelten Lido im blauen Scheinwerferlicht die Bühne betritt. Die Erwartungen an den „Man in black“ (etwaige Johnny Cash-Vergleiche sind zwar – nunja – inzwischen ziemlich ausgelutscht, aber eignen sich dennoch ab und an zur Verdeutlichung) waren hier relativ hoch, so hat Mister Cowgill doch Anfang des Jahres einen wunderbar atmosphärischen Gig in der Kantine am Berghain hingelegt, der leider viel zu schnell wieder vorbei war. Anfangs sieht auch alles danach aus, dass es heute gleichermaßen gut laufen würde: Schon beim ersten Song machte sich Gänsehautfeeling pur breit. Doch irgendwie scheint der King heute Abend vom Pech verfolgt zu sein – so gibt es bereits beim zweiten Song Probleme mit der Verkabelung (die schnell gelöst und auf Grund Cowgills’ charmanter Art und Weise auch nicht weiter schwer ins Gewicht fallen), keine zwei Songs wird der Gig erneut durch eine gerissene Gitarrensaite unterbrochen. „Well, that’s what happens when you play life“ – diese lässige Attitüde Cowgills’ ist irgendwo auch einfach sein Markenzeichen und überträgt sich scheinbar auch direkt auf das Publikum, so richtig schert sich hier und heute nämlich niemand um diese andauernden Unterbrechungen.

King Dude spielt einen Querschnitt seines Schaffens – von älteren Stücken vom 2011er „Tonights Special Dead“- Album über die –fast schon- Klassiker ‘Jesus in the courtyard‘, ‘Vision in black‘ oder ‘Barbara Anne‘ vom großartigen BURNING DAYLIGHT Album von 2012. Natürlich ist der heutige Gig auch die perfekte Gelegenheit, das aktuelle Album SONGS OF FLESH & BLOOD – IN THE KEY OF LIGHT zu promoten. Doch was heißt promoten – den meisten Anwesenden sind die Songs natürlich längst ein Begriff und so werden lautstarke Forderungen aus der Menge nach aktuellen Songs wie „Rosemary“ getätigt, denen King Dude auch sofort nachkommt. In puncto Kommunikation mit den Fans ist Cowgill in jedem Fall der „König der Herzen“, was im Laufe des Gigs sehr deutlich wird. So scheint der Berlin- Gig für ihn eine Art „Heimspiel“ bei Freunden zu sein.

Trotz der erwähnten technischen Probleme spielt King Dude einen soliden anderthalb stündigen Gig, der durchaus bewegt und in andere Sphären versetzt. Gerne bald wieder!

Grave Pleasures

Auch hier sind die Erwartungen relativ hoch. Und mehr noch: Die Neugier. Wie schlägt sich die als skandinavische Musikentdeckung 2013 gefeierte Band in nahezu komplett neuer Besetzung? Die Rede ist von Beastmilk, die sich, nach einem gefeierten Debüt und großartiger Liveperformance ziemlich überraschend auflösten und Anfang des Jahres unter dem Namen Grave Pleasures neu gegründet wurden. Bis auf Sänger Mat McNerney und Bassist Valtteri Arino wurden die Bandmitglieder auch komplett ausgewechselt, vor allem sticht hier die Gitarristin Linnéa Olsson (nicht nur optisch), die zuletzt mit Johanna Sadonis mit der Band The Oath Aufmerksamkeit auf sich zog, ins Auge.

Mit dem neuen Album DREAMCRASH im Gepäck geht es mit dem Opener ‘Utopian Scream‘ direkt auch ans Eingemachte. Der Sound stimmt und das Stage Acting lässt hier viel mehr an eine Metal Band erinnern, als dies noch mit Beastmilk der Fall war. Das macht Spaß, nicht nur augenscheinlich der Band, sondern auch dem Publikum. Nun muss man sagen, dass Grave Pleasures ihren Stil zwar nicht vollends geändert haben, jedoch trotzdem einige Unterschiede im Vergleich zu Beastmilk deutlich werden: Vor allem die eingängigen Melodien der Songs auf CLIMAX, die mitunter schon fast (guten!) Ohrwurmcharakter hatten, sucht man auf DREAMCRASH bis auf das erwähnte ‘Utopian Scream‘ und ‘New Hip Moon‘ vergebens. Demzufolge ist die Darbietung der neuen Songs zwar nicht schlecht, so recht in Fahrt kommt das Publikum bei der Darbietung der neuen Songs aber irgendwie nicht.

Ganz anders sieht es hingegen aus, als die ersten Töne zu ‘You Are Now Under Our Control‘ zu hören sind – das Publikum hat sichtbar Spaß und der ein oder andere stimmt direkt auch gesanglich mit ein. Und so sieht es bei sämtlichen „alten“ Beastmilk-Songs aus, von denen auch so ziemliche alle gespielt werden. Von ‘Death Reflects Us‘ über ‘Fear Your Mind‘ und spätestens bei ‘Genocidal Crush‘ gibt es auch in den hinteren Reihen kein Halten mehr. Da drängt sich einem dann doch die Frage auf, ob ein Großteil des Publikums heute hier eher aus Nostalgie-Gründen anwesend ist? Geschürt wird der Verdacht auch, als sich ab Mitte des Gigs doch immer mehr die Reihen lichten. Schade eigentlich, denn was die Herren und Dame hier auf der Bühne zelebrieren, ist definitiv qualitativ gut. Vielleicht hat man auch einfach auf diesem ersten Deutschland-Gig der Tour einen suboptimalen Start gehabt.

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