Sicherlich hätte man es als Trauerspiel abstempeln können: 2006 haben die Eurovision-Monster aus Finnland das LKA noch mühelos ausverkauft. Anno 2015 interessiert sich jedoch kaum noch jemand für Lordi. Der Großteil der Halle ist abgehangen und auch im vorderen Teil des Innenraums freut sich der geneigte Biertrinker über einen nahezu freien Weg zur Bar. Die Vorzeichen zur aktuellen “Tour Force One“ könnten also düsterer kaum sein… Wenn, ja wenn sich die Akteure des Abends nicht so dermaßen ins Zeug legen würden, den Sonntagabend doch noch zur Gute-Laune-Party avancieren zu lassen.
Völlig unbeeindruckt von dem nicht vorhandenen Zuschauerandrang preschen Palace aus Speyer nämlich los und geben sich dabei keine Blöße. Song für Song schaffen sie es mit ihrem – wie sie selbst sagen – „Teutonen-Stahl“, die Meute nach und nach zum Mitwippen zu bewegen. Dabei erinnert Frontröhre Harald „HP“ Pillernicht nuroptisch an den guten alten Rock’n’Rolf, auch musikalisch wird hier klassischer Heavy Metal made in Germany geboten wie man ihn von Running Wild und Co. kennt. Natürlich werden bei so viel luftleerem Raum im Saal die meisten Animationsversuche schon im Keim erstickt, dennoch merkt man den Herren zu jeder Sekunde an, dass sie Bock auf diesen Auftritt haben und das ist letztendlich das, was zählt.
Bei Lordi sieht die Sache nicht anders aus, ganz im Gegenteil: Vor dem Feuerwerk an Spielfreude, schaurigem Schabernack und Hits kann man an diesem Abend nur den Hut ziehen. Mit zwei Backingvocals-Stewardessen an Bord der SCARE FORCE ONE und neu modifizierten Kostümen von Mr. Lordi höchstpersönlich geht das wilde Treiben gleich flott mit der aktuellen Single ‘Nailed By The Hammer Of Frankenstein’ los. Und was zur Hölle ist das bitte für ein Mörder-Sound? Selten hat man im LKA die Riffs satter, wuchtiger und mit mehr Schmackes um die Ohren gehauen bekommen. Wenn man mal ehrlich ist, haben Lordi nach ihren ersten drei starken Alben nur noch bestenfalls nette Durchschnittsware abgeliefert, die vielleicht an Kinderfasching zündet, für eine ordentliche Lordi-Horror-Picture-Show aber viel zu seicht daherkommt. Heute allerdings stanzen auch die vermeintlichen Füller ein breites Grinsen ins Gesicht während sich die Bass-Drum gnadenlos in die Magengrube frisst.
Bei knapp 20 Songs liefern die Finnen einen äußerst ausgewogenen Querschnitt durch ihre gesamte Schaffensphase. Aufgelockert werden die Stücke durch die obligatorischen Showeinlagen jedes einzelnen Protagonisten. Wenn der Roadie bei lebendigem Leibe ausgeweidet oder ein kleines Puppen-Baby gemeuchelt wird, sorgt das zwar mehr für ein Schmunzeln als wirklich schocken zu wollen, der völlig unbeschwerten Performance der Truppe verleiht dies aber nur ein weiteres positives Augenzwinkern. Generell muss man die Monster bei so viel Verkleidung und Schminke für ihre Bühnenshow loben, und wenn dann noch alte Kracher der Marke ‘Blood Red Sandman’, ‘It Snows in Hell’ oder das selten gespielte ‘Not The Nicest Guy’ ausgepackt werden, gibt es sowieso keinerlei Grund zur Beschwerde. Aber auch neuere Songs à la ‘Sincerely With Love’ mit seiner herrlichen Fuck You-Attitüde, oder dem griffigen ‘How To Slice A Whore’ hinterlassen bei der mächtigen Soundkulisse einen bleibenden Eindruck. Nach fast zwei Stunden catchy Refrains darf dann die finale Frage der Fragen, ‘Would You Love A Monsterman?’, getrost mit einem fetten JA beantwortet werden. Unter diesen Umständen hätten es Lordi absolut verdient gehabt, vor ausverkauftem Haus zu spielen.
Setlist:
- Nailed by the Hammer of Frankenstein
- This Is Heavy Metal
- Hard Rock Hallelujah
- Deadache
- Hella’s Kitchen (Keyboard Solo)
- Hell Sent in the Clowns
- Blood Red Sandman
- Drum Solo
- Give Your Life for Rock and Roll
- Don’t Let My Mother Know
- Bass Solo
- How to Slice a Whore
- It Snows in Hell
- The Riff
- Sincerely With Love
- Man Skin Boots
- Amen’s Lament to Ra II (Guitar Solo)
- Not the Nicest Guy
- Sir, Mr. Presideath, Sir
- Devil Is a Loser
Zugabe:
- Scare Force One
- Who’s Your Daddy?
- Would You Love a Monsterman?
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