An einem verregneten Dienstagabend ist das Huxleys in Berlin bis auf den wirklich allerletzten Platz ausverkauft. Selbst auf der Galerie, von der aus man sonst gemütlich dem Treiben vor der Bühne zusehen kann, drängen sich die Fans. Das Alter ist dabei erstaunlich gemischt – Disturbed scheinen im Jahr 2016 sowohl die Mittvierziger, als auch die Endzwanziger (“Generation Nu Metal”) anzulocken.
Avatar: Freakshow aus Schweden
Das ist positiv für die Freakshow-Artisten von Avatar, die mit ihrem eröffnenden 45-Minuten-Set die Massen bereits ordentlich in Bewegung bringen. Dank starker Songs, tollem Sound, einer äußerst energetischen Show, interessantem Look und stimmiger Lichtshow frisst die Halle den Mannen um Sänger Johannes Eckerström, der mit markigen, deutschsprachigen Ansagen viele Bonuspunkte sammelt, postwendend aus der Hand. Ein starker Opener! Diese Bühnengröße steht den Schweden, die schon seit 15 Jahren unterwegs sind.
Disturbed: OH-A-A-A-A
Disturbed fahren im Anschluss alles auf, was man als Hauptact vor einer ausverkauften Kulisse auffahren sollte: Eine Mega-Lichtshow, eine zweitstöckige Bühne und eine Hit-Setlist. Da kann man dann schon mal mit dem Superhit ‘Ten Thousand Fists’ einsteigen und den THE SICKNESS-Klassiker ‘The Game’ nachlegen. Besonders die bekannten Hits werden vom Publikum goutiert: Bei ‘Land Of Confusion’, ‘The Infection’, ‘Stupify’ oder ‘Stricken’ steht das Huxleys konsequent Kopf. Auch die (wenigen) neuen Songs wie ‘The Vengeful One’ passen sich gut in die Setlist ein. In der Mitte der Show wird für die Cover-Version von ‘The Sound Of Silence’ die komplette Bühne in ein Akustik-Set (inklusive nur für diesen einen Song anwesenden Streicherinnen) verwandelt und bei ‘The Light’ zur „Wall Of Light” im Chorus aufgefordert, bevor in der Zugabe mit ‘Down With The Sickness’ (dem absoluten Band-Überhit) standesgemäß abgerissen wird.
Während vor der Bühne hart abgefeiert wird – und es auch an Sound und Licht nicht mangelt – will aber der finale Funke nicht so richtig überspringen. Dafür wirken die Mannen um David Draiman zu routiniert und distanziert: Bis auf zwei Ausnahmen gibt keine einzige echte Ansage und jede Bewegung und jede Pause zwischen den Songs wirkt exakt einstudiert. Oftmals wirken Posen und Abläufe dadurch etwas gehemmt und unnatürlich. Nicht missverstehen: Das ist natürlich bei jeder größeren Produktion so, egal ob AC/DC oder Iron Maiden. Die wahre Kunst großer Bands besteht darin, diese Perfektion wie Rock’n’Roll wirken zu lassen und dem Zuschauer Spontanität wenigstens zu suggerieren. Das schaffen Disturbed an diesem Abend allerdings nicht: nach ‘Down With The Sickness’ gibt es ein Gruppenfoto von der Bühne – und das war’s. So sehr die Show an sich auch rockt – hier hätte es mehr Chaos und Kontrollverlust gebraucht.
Setlist Disturbed:
- Ten Thousand Fists
- The Game
- The Vengeful One
- Prayer
- Liberate
- The Infection
- Droppin‘ Plates
- Land of Confusion (Genesis cover)
- Stupify
- The Sound of Silence (Simon & Garfunkel cover)
- Inside the Fire
- Stricken
- The Light
- The Animal
- Indestructible
- Voices
- Down With the Sickness