Heaven Shall Burn + As I Lay Dying live

von
teilen
twittern
mailen
teilen

Ungewöhnliche Kombination, zumindest ideologisch: Thüringens Himmelsreich-Brandstifter Heaven Shall Burn zerlegen zusammen mit den christlich veranlagten Amis As I Lay Dying auf ihrer Co-Headliner-Tour Deutschlands Bühnen. Ebenfalls im Tross: die norddeutschen Dew-Scented und Kaliforniens Extrem-Corer Suicide Silence. Wer hier ohne Ohrstöpsel aufschlägt, kann sich schon mal von seinem Gehör verabschieden.

Dew-Scented machen um Punkt 20 Uhr den Auftakt in der ausverkauften Freiheit und zeigen mit einem derbe rockenden Auftritt, warum sie zu Recht zur besseren Hälfte deutscher Metal-Bands gehören: Mit Songs ihres aktuellen Albums INVOCATION wie ‘Arise From Decay’, ‘A Critical Mass’ oder dem abschließenden ‘Condemnation’, sowie „Klassikern“ à la ‘Soul Poison’ und ‘Cities Of The Dead’ dreschen sie das Publikum in 30 Minuten auf Betriebstemperatur. „Einen gepflegten Abend mit harter Musik“, wünscht Sänger Leif Jensen zum Abschluss. ‘Never To Return’? Na hoffentlich nicht!

Mit argen Sound- bzw. Monitor- (und Ego-?)Problemen haben im Anschluss Suicide Silence zu kämpfen, da Front-Kreischer Mitch während des Openers diverse Male mit dem Gesang aussetzt und die Techniker, sowie den gesamten Saal, davon in Kenntnis setzt, dass er verdammt noch mal nichts hören kann. Sichtlich angenervt, keift er umso wütender ins Mikro und bringt den Pit, in dem die Suicide Silence-Gang über Leichen geht, zum Toben. ‘No Time To Bleed’ ist hier – analog zum Titel ihres aktuellen Albums – das Motto. Kaum hat man sich an das markerschütternden Growl-Kreisch-Inferno gewöhnt, ist es allerdings auch schon wieder vorbei: Gerade mal 20 Minuten währt der Auftritt der Amis – in mehreren Belangen grenzwertig.

Wie schön, dass As I Lay Dying weniger mit sich selbst und mehr mit ihrer Show beschäftigt sind und wie ein Wirbelwind über das dicht gedrängte Publikum hereinbrechen. Auch sie konzentrieren sich mit Krachern wie ‘Upside Down Kingdom’, ‘Beyond Our Suffering’ oder ‘Parallels’ auf ihr aktuelles Album THE POWERLESS RISE, geben in knapp einer Stunde Spielzeit aber auch älteres Material wie ‘An Ocean Between Us’, ‘Confined’ oder ‘94 Hours’ zum Besten. Doch auch hier ist der Sound alles andere als optimal, was bei As I Lay Dying anscheinend keine Seltenheit auf dieser Tour ist. Mit völlig übersteuertem Bass entwickelt sich eine matschige Kakophonie, das jedem Normalhörenden trotz Verhütung gnadenlos die Haarzellen wegdonnert und Tim Lambesis Stimme kaum zur Entfaltung kommen lässt. Auf der Empore soll es etwas besser gewesen sein, doch insgesamt ist man – so man sich nicht im Circle Pit den Hass aus der Seele prügelt – froh, als der dumpfe Lautstärke-Overkill endlich ein Ende hat.

Dass der miese Sound nicht etwa der Location zuzuschreiben ist, beweisen im Grande Finale Heaven Shall Burn, bei denen eine perfekte Live-Show inzwischen zum Trademark geworden ist. „Wir sind Heaven Shall Burn. Aus dem Osten“, stellt Sänger Marcus klar – falls irgendjemand die Band oder den sächsy Akzent noch nicht kennen sollte. Statt Massenschlägerei und Todeswand wünschen sich die Musikanten einen gepflegten „Oldschool-Schweinepogo“ und nehmen dem Circle-Pit-‘Combat’ so ein bisschen an Schärfe, ohne ihren Auftritt zur Schunkelveranstaltung verkommen zu lassen. ‘Return To Sanity’ – vorbildlich. Überhaupt regieren an diesem Abend Songs vom INVICTUS-Album: ‘The Omen’, ‘I Was I Am I Shall Be’ und ‘Sevastopol’ brechen in (verglichen mit den Vorgänger-Kombos) nahezu perfekt austariertem Sound über die Gemeinde herein und lassen nicht nur die Musiker literweise Schweiß absondern. Höhepunkt des Abends ist, wie sollte es anders sein, das mächtige ‘Endzeit’, bei dem nahezu jede anwesende Kehle mit voller Inbrunst mitgrölt. Nach drei Zugaben ist der „ gepflegte Abend mit harter Musik“ dann gegen 00:30 Uhr vorbei – und das ausgemergelte Publikum kann sich endlich die Wunden lecken.

 

teilen
twittern
mailen
teilen
Suicide Silence-Sänger Mitch Lucker wäre heute 40 Jahre alt geworden

Der verstorbene Suicide Silence-Sänger Mitch Lucker war vieles: ein unermüdlicher Anführer, ein ungestürmter Freigeist und Perfektionist. Seine Bühnenpräsenz war legendär. Chris Garza, Gitarrist von Suicide Silence, erinnert sich an Luckers exzentrische Seite: „Er war verrückt“, sagt er. „Bevor wir einen Plattenvertrag hatten und für fünf Leute spielten, übernachteten wir bei Leuten auf Tour, und er steckte sich Feuerwerkskörper in den Hintern und zündete sie an.“ Belastende Zwangsstörung Der Musiker war aber nicht nur ein wilder Performer, sondern auch ein Perfektionist. Während der Aufname-Sessions zu THE CLEANSING (2007) blieb er oft stundenlang im Studio, lange, nachdem seine Band-Kollegen gegangen waren. Er…
Weiterlesen
Zur Startseite