Du und ich, wir haben eines gemeinsam: Wir werden niemals Teil einer der „Generator Partys“ sein, die in den 90ern Mitten in der Wüste stattfanden. Vor den Toren der verschlafenen, vor Hitze flimmernden Wüstenstadt Palm Desert schrieben ein paar Jugendliche, die nicht so richtig in ihre trockene Heimat passen wollten, Geschichte. Überraschend kommt das nicht: In der Stadt fanden sich bloß Rentner, Kranke auf der Suche nach Heilung durch Wüstenluft, schwitzende Erziehungsberechtigte. Nicht zu vergessen: Cops, die jegliche Proben, improvisierte Gigs auf Parkhausdächern und sonstigen Lärm schonungslos zerschlugen.
Ausweg Wüste
Also wurden Generatoren in den Sand – fernab empfindlicher Ohren – gekarrt, die Kids stöpselten ihre Verstärker, Gitarren und Effektboards ein. Der fuzzige Höllenritt zwischen Felsen, Josuabäumen und unsagbar talentierten Musikern konnte beginnen.
Eine der Bands, die aus dem Staub Kaliforniens entstanden: Kyuss. Bis heute gelten sie als die Väter des Stoner Rock. Und bleiben in ihrem Schaffen zweifellos unerreicht.
Yawning Man
Das Lärmen in der Wüste wurde zum Gemeinschaftsprojekt: Jeder schwurbelte beim anderen in der Band umher, Luxusobjekte wie Toiletten brauchte keiner und – wichtig – Mario Lalli brachte den Strom in die Wüste. Lalli, der Mann, ohne den nichts laufen gelaufen wäre, spielte in vielen Bands jener Szene, die aus dem Sand erwuchs. Yawning Man mag eine der bedeutendsten sein. Wenn Kyuss die Väter des Stoner Rock sind, dann gelten Yawning Man durchaus als die Großväter.
🛒 Yawning Man – Macedonian Lines jetzt bei Amazon.de bestellenColour Haze
Irgendwie schwappte der ganze Fuzz dann rüber nach Deutschland, wo sich der Wüstensand unter anderem in Münchner Proberäumen stapelte. Charakteristisch: Stefan Kogleks wabernder, unglaublich trockener Gitarrensound, der es gar nicht schwer macht, tranceartigen Zuständen zu verfallen.
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Es mag eins der besten Tour-Line-Ups gewesen sein, die die Stoner-Welt bisher gesehen hat: Colour Haze brachten gemeinsam mit RotoR und Sungrazer die Clubs zum Dampfen. Alle drei Bands gehörten im Jahr 2011 ‘Elektrohasch’ an, dem deutschen Kern-Label in Sachen Stoner, Heavy Psych und Konsorten. Sungrazer, aus der Nähe von Maastricht in den Niederlanden, veröffentlichten bloß drei Alben, bis Gitarrist Rutger Smeets 2015 überraschend verstarb. Drei Alben, die den Stoner auf ganz andere Art und Weise am Leben halten.
https://www.youtube.com/watch?v=Ai0TDAL4JrE
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Beim vergangenen Desertfest sandten OM als schließende Band tausende Stoner- und Doom-Anhänger nach Hause – beruhigt, meditativ eingelullt, höchstens von den umhertanzenden Endorphinen aufgeputscht. OM sind anders. Gesang wird zum gesprochenen Mantra, subtil verflechten Emil Amos und Al Cisneros, der mit Sleep bekannt wurde, orientalische mit harten, ruhigen mit treibenden Klängen.
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Wenn das Wort ‘Kalamata’ um eure Ohren klingelt, denkt ihr sofort an Oliven? Griechenland? Zwar haben die Hildesheimer bereits in namensgebendem Ort inklusive Umgebung gewummert, doch Kalamata stehen in der Stoner-Szene für verzerrte Propheten. Nicht für Ferienorte und schwarze Früchte. Kalamata kommen ohne Gesang aus, definieren sich als psychedelisch und progressiv. Der Bass dabei monströs, die Gitarre spannt weite Bögen. Es gibt viel Platz für Improvisation.
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Elephant Tree hallen lange in Köpfen nach, wenn Jack Townley im Refrain zu ‘Echoes’ gewaltig losbebt, die Soundwand sich aber schnell wieder fängt, allerdings nicht an Meisterhaftigkeit einspart. Elephant Tree versuchen nicht, die Wüste nachzuempfinden, sondern schaffen ein ganz neues, tiefgründiges, steiles Panorama. Vergleiche suchen muss hier keiner.
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An der Seite der Schweden Dungen beeinflussten Colour Haze die 2006 gegründeten Elder am einprägsamsten. Trotzdem gleichen Nick DiSalvos Jünger in keiner Weise der Münchner Stoner-Formation. Stattdessen verstehen es Elder wie keine anderen, unglaublich vielschichtige Welten zu erschaffen, den Hörer in eine Kulisse zu tragen, nur um ihn kurz darauf wieder herauszureißen. Die Welt stürzt ein.
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Man mag des Stoner schnell müde werden. Viele – ja, zu viele – Stoner-Bands schießen aus dem Boden, versuchen, die nächsten Kyuss, Sleep oder Elder zu werden. Sie Scheitern. Swan Valley Heights riskieren nicht, wie jemand zu sein, verbiegen sich für keinen. Stoner begegnet Grunge, sie berühren sich sanft und verlieren sich in den unendlichen Weiten des Noemas.
Über dem fein aufgenommenen Schlagzeug, pulsierenden Bass und einer Gitarre zwischen Verlorensein und Heimkehr thront eine glasklare Stimme, die sehnsüchtig, gierig dahinfließt. Auf dem eigens erschaffenen, langsamen Planeten war die Erde öd und wüst, bis Swan Valley Heights das Licht weitertrugen.
🛒 Swan Valley Heights – Swan Valley Heights jetzt bei Amazon.de bestellenEcholot
Gitarren-Frickler, Stonerheads und Dorfjugend karrten sich und ihre Freunde vor über zwanzig Jahren in einen vorstellbar lebensfeindlichen Raum, um abseits Erziehungsberechtigter und Polizei unter sich zu sein, Drogen zu probieren und Musik zu erschaffen. Für die „Generator Partys“ wurden nicht selten lange Autofahrten über sandige Pisten in Kauf genommen: Auftretende Bands konnten die Zuhörer nur schlecht mit zweiminütigen Punk-Songs abspeisen. Deshalb wurde geübt, die Songs wurden länger, bis sich die Sessions bis in die Puppen zogen.
Echolot bewegen sich zwischen progressivem Stoner und psychedelischem Doom und gebären dabei lange Werke. Werke, die einen in den Mutterleib, an den Ursprung zurückreißen. Dort bleibt einem nichts anderes übrig, als alles Gewohnte in Frage zu stellen.
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