Alles begann ganz unschuldig. Yusuf Sengul und seine Freunde zeigten einem vorbeifahrenden Konvoi in Istanbul die Devil Horns – mit ungeahnten Folgen. „Eine der getönten Scheiben der vorbeifahrenden Autos ging runter und ein Typ mit Sonnenbrille brüllte uns an: ‚Was zur Hölle treibt ihr da?’“, erinnert sich Sengul, der mit seinen Freunden auf dem Weg zu einem Metal Festival war.
Kurze Zeit später rückte der Mann mit der Polizei an und Sengul und seine vier Freunde wurden verhaftet. „Die sagten, sie handelten auf Befehl des Premierministers. Wir hielten es für einen Witz“, so Sengul. Doch das Lachen verging den fünf Freunden dann ziemlich schnell.
21 Stunden lang wurden sie in Gewahrsam genommen, in Handschellen abgeführt, mussten ihre Fingerabdrücke abgeben und stundenlange Verhöre über sich ergehen lassen. Das Beste: Die Fünf wurden ebenfalls gezwungen, sich eine Mischung aus türkischem Pop und klassischer türkischer Volksmusik anzuhören. Danach entließ man die Freunde, ohne Anklage zu erheben.
Noch bevor die Geschichte zu den Medien durchdrang, gab der türkische Premierminister Tayyip Erdogan ein Interview, in dem er sich über den moralischen Verfall der Jugend ausließ: „Unglücklicher Weise durfte ich selbst Zeuge vom Zustand unserer Jugend werden, und es war deprimierend.“
Offenbar zahlt sich die Aktion für Erdogan aber nicht aus, sondern bringt ihm eine Menge Kritik seitens der Oppositions-Partei CHP ein. „Nicht mal die Faschisten am 12. September gingen derart intolerant vor“, so Gursel Tekin, der Vorsitzender von CHP auf einer Veranstaltung. Yusuf Sengul dagegen tut der Premier nur leid. „Er sollte sich schämen“, so sein Urteil über den Vorfall.