Interview

Fever333: Wenn das Schöne dem Frust entwächst

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In volle Polizei-Montur gekleidet schieben sich drei Figuren mit Schutzschildern voran durch einen für den Zuschauer sehr klein wirkenden Raum. Fever333 eröffnen ihre Livestream-Demonstration mit dem Song ‚Bite Back’. Frontmann Jason Butlers Stimme überschlägt sich leicht während er die Anfangszeilen: „I feel like garbage and it doesn’t mean that I’m wasted. Tell me if you can taste it on my mouth when I’m screaming at you so damn loud“ vollen Herzens in sein Mikrofon schreit.

Zu ihrer am 23. Oktober veröffentlichten EP WRONG GENERATION spielten Fever333 eine kleine Lifestream-Tournee mit insgesamt sechs Demonstrationen. So nennt das Crossover-Trio, das sich als „Kunst als Aktivismus“-Projekt gegründet hat, seine Shows. Fever333 machen also nicht einfach nur Musik der Musik wegen, was sich auch bereits in ihrem Bandnamen zeigt. Die drei Dreien stehen jeweils für ein Wort: „Community“, „Charity“ und „Change“.

Kunst als Teil der Bewegung

Um ihre Botschaft in die Welt zu tragen, entschied sich die Gruppe für die derzeit gängige Konzert-Alternative, auf wenn Jason Butler zu Beginn kein großer Fan des Ganzen war: „Um ganz ehrlich zu sein, zuerst war ich nicht unendlich scharf darauf, mir Livestreams von Bands oder Ähnlichem anzusehen… das war ich wirklich nicht“, erzählt der Sänger und Aktivist im Interview. „Ich sage natürlich nicht, dass andere Menschen das genauso sehen. Ich meine nur, dass das bei mir am Anfang so war. Und dann wurde George Floyd ermordet und ich fühlte, dass wir etwas machen müssen, um unseren Teil in der Bewegung, die wir passieren sahen, beizutragen. Also haben wir unseren ersten Livestream umgesetzt.“ Dieser lief unter dem Titel Long Live The Innocent. Damit war es aber längst nicht getan.

Nach dem Mord an George Floyd, der bei einer gewaltsamen Festnahme von vier Polizisten getötet wurde, lief Jason Butler dreizehn Tage lang bei den Protesten gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt auf den Straßen von Los Angeles mit. Was er dort erlebte, verarbeitete er anschließend auf WRONG GENERATION.



Im Gespräch mit Jason Aalon Butler

Du hast angefangen zu schreiben, nachdem du mehrere Tage bei den Protesten infolge des Mordes an George Floyd mitgelaufen bist. Was war deine erste Intention dabei?

Jason: Der erste Tag war wirklich nur für mich, um alles, was ich gefühlt und gesehen habe, aufzuräumen. Sobald ich anfing zu schreiben, wusste ich, dass ich es auch veröffentlichen muss, weil ich das Gefühl hatte, dass ich mich mit diesem Projekt inmitten dieses ganzen andauernden Szenarios befinde. Also habe ich begonnen zu schreiben. ‘Bite Back’ war der erste Song, den ich am 14. Tag – nach den Protesten – verfasste. An den darauffolgenden sieben Tagen folgte dann jedes andere Lied der EP mit John Feldman und Travis Barker bis auf ‘Supremacy’. Ich sagte mir, dass ich den Song, den ich an einem Tag anfange zu schreiben, auch am selben Tag beenden muss. Denn das, was ich schrieb, war eindeutig etwas, das raus musste und was ich für notwendig hielt zu verschriftlichen. So ist das Ganze entstanden.

Was genau hast du auf der EP verarbeitet?

Jason: Es war alles, was ich gesehen und gefühlt habe. Alles, was ich sah, war in vielerlei Hinsicht wirklich schön. Ich habe gesehen, wie Menschen zusammenkommen – ein Gefühl der Solidarität entsteht. Wir haben uns für die gleiche Sache zusammengetan und das war wirklich schön; die Macht der Menschen zu sehen und zu beobachten, die aus diesem tragischen Szenario heraus entstanden ist. Es war eine Gemeinschaft, die auf der Arbeit anderer Generationen und anderer tragischer Situationen aufbaute, die auf dem Rücken der Menschen ausgespielt wurde, die nicht in das Bild der Gesellschaft passen. Es ist, als ob jeder, der dort nicht hineinpasst, irgendeine Art von Erfahrung oder Verständnis hat, weil ihm nicht 100% der Privilegien zuteil werden, die die meisten Systeme der westlichen Welt bieten – das bezieht sich nicht nur auf Amerika. Es war also zum einen viel Verschriftlichung dessen, was ich gesehen habe, sowie meine eigene geistige Verfassung und das Verständnis darüber, dass diese ganze Sache irgendwie gegen uns gerichtet ist, uns aber immer wieder gesagt wird, dass sich das ändern wird und doch nichts passiert – in gewisser Weise auch meine eigene Katharsis. Es dreht sich explizit um die 14 Tage und aber im Grunde auch um die ganzen 34 Jahre davor.

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Was wäre dir wichtig, was Menschen aus WRONG GENERATION mitnehmen?

Jason: Ich hoffe, dass sie verstehen, dass es einen wundervollen Ort gibt, an dem wir alle existieren und zusammenkommen können. Ich sage nicht, dass sich jeder so integrieren muss, dass er seine eigene Kultur oder seine Abstammung oder Ähnliches aufgeben muss. Eigentlich glaube ich, dass wir uns nicht unbedingt integrieren müssen. Ich denke, es ist möglich, dass wir zusammen existieren können und es den Menschen ermöglichen können, ihre Kultur zu haben und diese zu erleben, ohne diese auszurauben. Aber ich möchte auch, dass die Menschen verstehen und realistisch mit dem Schmerz umgehen, der daraus entstehen wird – der harte Kampf, der vor uns liegt, um dorthin zu gelangen. Wir sind noch weit hinterher. Ich möchte, dass die Leute verstehen, dass dieser Fortschritt schmerzhaft sein wird, aber ich möchte auch, dass man weiß, dass das eigene Engagement bedeutet, dass man daran glaubt und das ist eine wirklich schöne Sache. Wenn man glauben kann, dass es sich lohnt und man bereit ist sich zu engagieren, etwas zu opfern, den harten Weg zu gehen und den Schmerz in Kauf zu nehmen, dann ist es auch zu schaffen.

Was diesen Fortschritt angeht – Hast du große Hoffnungen im Hinblick auf aktuelle und künftige Generationen?

Jason: Mittlerweile ja. Es war für mich lange Zeit fraglich, um ehrlich zu sein – es war fraglich im Hinblick auf meine eigene Generation und die danach. Ich hatte das Gefühl, wir waren so konzentriert auf diese oberflächlichen Dinge und diese Vorstellung davon, was und wer wir sind, aufgrund dessen, was uns über das Internet, Technologien und viele abstrakte Vorstellungen von Menschlichkeit vermittelt wurde. Aber jetzt, nachdem ich Menschen gesehen haben, die auf die Straße gehen, sich miteinander in Verbindung setzen, unangenehme und schwierige Gespräche führen und diesen Dingen, gegen die wir, wie ich denke, kämpfen müssen, auf den Grund zu gehen… Dadurch habe ich jetzt ein Gefühl der Hoffnung und dafür bin ich sehr dankbar.

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„Kunst als Aktivismus“ – unter diesem „Motto“ läuft Fever333. Wieso, denkst du, passt Kunst – in diesem Fall vor allem Musik – und die Verfolgung politischer Ziele gut zueinander?

Jason: Ich denke, Musik ist eine eine universelle Sprache – eine unserer einzigen universellen Sprachen, genauso wie Zahlen und Liebe… Es gibt nicht viele Dinge auf der Welt, die du jemandem aus einem völlig anderen Teil der Welt, der nicht die Sprache deiner Nation oder deiner Kultur spricht, präsentieren kannst und der dich sofort versteht. Ich höre Musik, die nicht mal Wörter beinhaltet, oder in denen eine Sprache gesungen wird, die ich nicht verstehe, aber ich liebe dennoch die Musik. Ich denke, das ist die wichtigste Sache in Bezug auf Kunst. Es kann jeden ansprechen. Es kann von jedem kreiert werden und anschließend auch jedem übermittelt werden.

Du hattest einmal gesagt, dass Musik bzw. Kunst allein für dich etwas Egoistisches ist. Kannst du das erklären?

Jason: Das, was ich so gesehen und erlebt habe, als ich jünger war, zeigte mir, das Kunst sehr eigennützig sein kann. Was man von der Kunst erwartet, was man hofft, durch sie zu erreichen, kann egoistisch sein. Per Definition denkt man, etwas sollte so und so aussehen und sich so anfühlen, sodass man ein bestimmtes Gefühl daraus zieht und man weiß, dass man auf eine bestimmte Weise davon profitiert. Ich versuche mein Bestes, um etwas so gut wie möglich offen und zugänglich für viele Menschen anzubieten, und trotzdem selbst noch stolz sein zu können und meine eigenes egoistisches Element aus der Kunst, die ich erschaffe, zu ziehen… das ist nur ehrlich. Ich habe das Gefühl, dass ich ein wenig egoistisch sein muss, um voll und ganz genießen und in das investieren zu können, was ich sage, tue und erschaffe.

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D. Randall Blyth
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