Festivalbericht: Rock im Wald 2016 – das Schönste unter den Kleinen

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Das Gelände:

Das Festival befindet sich auf dem saftigen Grün des VFB Neuensee, in der oberfränkischen Gemeinde Michelau. Links vor der Bühne findet man sowohl Festival- als auch Band-Merchandise, rechts Getränkestände und einen improvisierten Biergarten. Wenige Meter dahinter liegt die überschaubare Fressmeile, mit Pizza, Burger, Bratwurst und natürlich auch veganer Feinkost, zu durchaus fairen Preisen. Die Menschen hinter den Theken sind sehr nett – auch lange nachdem die Sonne untergegangen ist. Wikingerdorf, Hüpfburg, günstige Selfie-Stangen oder den derzeit angesagten Hipster-Barbier gibt es nicht. Warum auch?

Der Freitag: 

Nachdem Cannahann mit – zugegebenermaßen – ausbaufähigem Stoner-Grunge das Festival eröffnet haben, läuten Honeymoon Disease die Schweden-Invasion ein. Ihr zuweilen noch etwas unsicheres Auftreten überspielen die Göteborger mit Natürlichkeit und handfesten Rock’n’Roll-Riffs, inspiriert von Kiss und The Hellacopters. Year Of The Goat sind um einiges souveräner auf den Beinen. Das sechsköpfige Rudel präsentiert luziferischen Prog-Rock-Doom im bitter-süßen Kolorit. Gespannt hängen viele Hunderte an den Lippen von Fronter Thomas Sabbathi, der hier sein beeindruckendes Können unter Beweis stellt. Wir freuen uns, euch dieses Highlight auch auf dem METAL HAMMER Paradise präsentieren zu dürfen.

Dann übernimmt ein Stockholmer Chaoskommando die Bühne. Dead Lord benötigen (wie immer) nur wenige Momente und ein paar geschickt gestreute Blicke von Verführungskünstler Hakim Krim (Sänger, Gitarrist) um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Ein rotzfreches Twin-Gitarren-Solo folgt auf das nächste und ermuntert einige der mittlerweile über tausend Besucher zu abenteuerlichen Luftgitarreneinlagen. Mit ‘Don’t Give A Damn’, ‘Strained Fools’, ‘Hank’, ‘Onkalo’, und ‘Hammer To The Heart’ liegen die Schweden bei ihren Fans genau richtig. Wem der Lizzy-Rock eine Spur zu lasch war, freut sich jetzt umso mehr über Bombus, die mit rüpelhaften Riffs und dem kontinuierlichen Drang nach vorn das Parkett übernehmen. Sowohl ‘Enter The Night’ als auch ‘Deadweight’, vom neuen Album REPEAT UNTIL DEATH, werden von ihren Anhängern lauthals mitgefeiert.

Schweden-Rock-Invasion

Mittlerweile ist es 21:30 Uhr und die Sonne verschwindet allmählich hinter den Baumwipfeln. Imperial State Electric stehen schon bereit und schießen ‘Let Me Throw My Life Away’ in den Nachthimmel, gefolgt von ‘Deja Vu’ und dem HONK MACHINE-Hit ‘Guard Down’. Mastermind Nicke Andersson (The Hellacopters, ex-Entombed) ist in Bestform und peitscht das wild tanzende Rock im Wald bis an die Grenzen der Erschöpfung. Zum Höhepunkt des Spektakels bittet die Schwedenrock-Ikone Dead Lord auf die Bühne um gemeinsam Thin Lizzys ‘The Rocker‘ zum Besten zu geben. Wer dieses Brimborium nicht mit eigenen Augen gesehen hat, darf gerne vor Neid erblassen. Also verzichten ich an dieser Stelle auf eine ausschweifende Berichterstattung und berufe mich stattdessen auf The Kids, die mit ihrem Kult-Hit, dieses sensationelle Finale nicht besser hätten beschreiben können: ‘This Is Rock’n’Roll’! Adam Lindmarks (Dead Lord) Kuhglocke hat die Show nicht überlebt. Was für ein Abend – und er ist immer noch nicht vorbei. ‘Slow Motion Countdown’ dringt vorsichtig aus dem spärlichen Bühnenlicht hervor. Graveyard – Göteborgs Blues-Ästheten, das nordische Flaggschiff der retrospektiven Rock-Kunst und Inspiration für viele Bands der Neuzeit –komplettieren die Feierlichkeiten mit ‘The Apple And The Tree’, ‘Magnetic Shunk’, ‘Hisingen Blues’, und dem zornigen ‘Ain’t Fit To Live Here’. Nach ‘Siren’ wird das Licht ausgeblasen und der erste Abend endet.

Der Samstag:

Dead And Stoned spielen kernigen Hardrock, doch der Funke will nicht überspringen. Klar ist es früh am Tag und manch einer kämpft noch mit dem letzten Bier der vergangenen Nacht, aber auch der Mangel an Eigenständigkeit im Programm der Berliner ist nicht von der Hand zu weisen. Richtig spannend wird es erst mit den Instrumental-Psych-Rockern Mother Engine, deren dynamisch-hypnotisierende Sound-Skulpturen sich tatsächlich als ersten Höhepunkt des Tages entpuppen – und das schon um 15:00 Uhr. Einsame Spitze! Medina (Gesang/Gitarre) und Lofi (Schlagzeug) von White Miles lassen bluesigen Stoner folgen, während die griechischen Planet Of Zeus ihren Wüsten-Rock mit einer wohldosierten Ladung Metal unterlegen und einige waghalsige Stagediver zum Einsatz provozieren.

Spidergawd legen nach mit Groove-orientiertem Boogie-Rock auf einem robusten Blues-Fundament. Neben Baritonsaxophonist Rolf Martin Sunstad erweist sich Ex-Motorpsycho-Schlagwerker Kenneth Kapstad als deutlicher Blickfang. Der 37-jährige Energiebolzen malträtiert seine Felle als gäbe es kein Morgen mehr – ihm zuzuschauen ist eine wahre Freude. Um 19:45 Uhr verabschieden sich die Norweger in den wohlverdienten Feierabend und übergeben das Parkett an Mantar. „Wir haben euch eine große Ladung Stress mitgebracht”, raunzt Spinnenbein Hanno Klänhardt ins Mikrofon und setzt an zur universalen Zerstörung. Schlagartig weicht die spidergawd’sche Lässigkeit einem exorbitant brutalen Mix aus Black Metal, Doom und Crustpunk. Was gerade noch vor der Bühne als Menschenmasse auszumachen war, ist zum wilden Moshpit mutiert. Rock im Wald steht Kopf. Zwei Packungen Kekse landen auf der Bühne. Der Inhalt der ersten verschwindet schnell in Klänhardts Mund, der zweite wird brav mit Schlagzeuger Erinc Sakarya geteilt. Sofort ist die Gewalt-Maschinerie wieder auf Betriebstemperatur und knüppelt sich durch das vernichtende ‘Cross The Cross’. Mantar sind ein Unikat – der Beifall ist mehr als verdient.

Nach Mantar ist vor Kvelertak

In der Tat wirken jetzt Uncle Acid And The Deadbeats etwas schwach. Die Briten zeigen sich jedoch unbeeindruckt und schmettern doomigen sowie psychedelisch verschleierten 70er Rock über das Fußballfeld. 1600 Zuschauer drängen sich dicht vor der Bühne um ‘I’ll Cut You Down’ in all seiner Bitterkeit zu spüren. Nach einer kurzen Ansprache von Veranstalter Christian Sünkel, der das gesamte Rock im Wald-Team im Schlepptau hat, stürmen die heiß erwarteten Kvelertak zur großen Endrunde auf die Bühne. Sänger Erlend Hjelvik wirbelt zügellos umher, klopft sich wie ein Silberrücken auf den freien Oberkörper und springt mehrfach ins Publikum. Das von den Fans umstrittene ‘1985’ kommt gut an – ‘Mjød’, ‘Kvelertak’ und ‘Blodtørst’ sowieso. Zur Krönung lässt Hjelvik – entgegen aller Erwartungen – die riesige Kvelertak-Flagge auf der doch recht überschaubaren Bühne kreisen, ohne dabei einen einzigen Scheinwerfer von der Decke zu holen. Gekonnt!

Fazit:

Die Philosophie des Rock im Wald ist schnell erklärt: Genuss statt Überdruss. Das oberfränkische Festival setzt auf Qualität, Abwechslungsreichtum und familiären Charakter. Entgegen vieler großer Festivals, die mit weit über hundert Bands werben, gibt es hier nur eine Bühne, auf der sich sorgfältig ausgewählte Künstler die Klinke in die Hand geben. Rock im Wald ist ein Ereignis für Musikliebhaber, die keine Lust auf Gedrängel haben und zwischen den Bands lieber ein kühles Bier und die Stille des Bühnenumbaus genießen, statt auf einem Riesenrad das Gelände zu erkunden oder durch ein Wikingerdorf zu stapfen. Klein, aber verdammt fein. Prädikat: Erlebenswert.

 

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