Festivalbericht: Chaos Descends – Underground-Wahnsinn im Gruselwald

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Ruhig, fast schon zu ruhig führt eine beschauliche, immer enger und enger werdende Straße durch das kleine Örtchen Crispendorf hindurch, in einen schwarzen Wald. Minute um Minute, Meter um Meter, wird es dunkler und unheimlicher. Fünf Leute, auf dem Weg zu einem ominösen Festival, das Navi ist kaputt, der Handy-Empfang weg. Wie oft man sich schon dachte, wie dumm die Protagonisten in doch Horrorfilmen seien, dass sie der Gefahr jedes Mal direkt in die Arme laufen – jetzt steckt man selbst mittendrin.

Drei Tage im Untergrund

Jedes Jahr werden 700 musikspaßbegeisterte Menschen ins Ferienland Crispendorf gelockt, gepeinigt, gefoltert und zermetzelt – so zumindest könnte der Plot weitergehen. Zum Glück laufen einem am Ende des Weges lediglich Ordner entgegen, um das komplette Auto nach Glas zu durchleuchten – etwas nervig, aber verständlich.

Schließlich ist man hier zu Gast auf einem Gelände, das sonst als Ferienfreizeitort für Kinder und Jugendliche dient. Doch danach läuft alles reibungslos und nachdem das Auto direkt am Zeltplatz abgestellt wurde, kann man sich entspannt auf drei Tage Underground-Gewummer einstellen.

Donnerstag, 19.7.2018

Es ist bereits halb Elf abends. 15 Gehminuten vom eigentlichen Gelände entfernt befindet sich ein trockengelegter Pool. Pflanzen und sonstiges Gewächs ranken sich durch die robusten Fliesen; umrahmt von dichtem Wald, der sich unheilvoll in die Höhe streckt. Als einzige Lichtquelle dienen vereinzelt aufgestellte Kerzen, davor eine große Menschentraube und mittendrin die Band.

Die vier Franzosen Chaos Echoes schaffen ein schwer einzuordnendes okkult-psychedelisches Machtwerk, gestrickt aus Doom-, und Black Metal. Band und Setting untermalen sich gegenseitig und schaukeln sich hoch zu einem hypnotisierenden und depressiven Szenario.

Occvlta

Occvlta bleiben – wie der Name schon vermuten lässt – okkult, drücken aber deutlich mehr aufs Gaspedal. Die Berliner spielen punkigen Black Metal, liebäugeln stark mit Celtic Frost und lassen einige Nackenmuskeln tanzen – ein gelungener musikalischer Abschluss, bevor der Weg zurück zum Gelände und zur Aftershowparty führt.

Occvlta

Freitag, 20.7.2018

Der weitere Verlauf des Festivals findet auf dem Hauptgelände statt: Eine große Wiese, eine Bühne, zwei Bierstände, ein Party- und Cocktailzelt, Essen zu moderaten Preisen und etwas Merch.

Besucherfreundlich startet die erste Band am Freitag um 16 Uhr; spät genug, um den Rausch wiederaufzufrischen und eine Runde mit der Ferienlandeisenbahn um das Gelände zu fahren. Evil Warriors klingen wirklich evil, spielen Black Thrash und zeigen, dass sie deutlich mehr draufhaben, als man es von einem Opener erwartet.

Ein Problem mit zu früher Spielzeit und der daraus resultierenden Helligkeit hatten auch die isländischen Black Metaller Svartidauði: nach einer starken ersten Hälfte verlieren sie merklich an Spielfreude. Ein Highlight sind Manilla Road. Abgesehen von einem aktuellen Stück sägt sich das Viergespann durch sämtliche Klassiker; von Crystal Logic 1983 bis Mystification 1987. Mark „The Shark“ Sheltons Spielfreude funkt auf die Fans über. Niemand ahnt, dass dies das für viele letzte Mal sein wird, dass sie den Gottvater des Epic Metal live sehen werden – eine Woche später erliegt er nach seinem Auftritt auf dem Headbangers Open Air einem Herzinfarkt.

Tormentor

Als Special-Headliner konnten Tormentor aus Ungarn an Land gezogen werden. Die Black-Thrasher glänzen durch hervorragenden Sound und das Entertainment-Talent von Mayhem-Sänger Attila Csihar. Da Wolvennest wegen Flugverzögerung auf den nächsten Tag verlegt werden, prügeln Tomentor in Überlänge sämtliche seit 1987 geschriebene Stücke auf das Publikum ein.

Samstag, 21.7.2018

Der letzte Festival-Tag startet so brutal, wie er aufgehört hat. Taphos zerstören die waldige Idylle mithilfe von Old School Death und lassen sich auch durch die geringe Besucherzahl nicht abschrecken, ordentlich abzugehen.

Taphos

Mehr los ist bei Indian Nightmare. Die Berliner Indianer geben alles, um ihrem Namen gerecht zu werden: Kriegsbemalung, Knochenketten, Nieten, Patronengurte und brennende Schwerter; untermalt von brachialem Thrash Punk. Die Jungs haben Bock und ihre originäre Show katapultiert sie zu einem der Highlights auf dem Festival.

Indian Nightmare

Einen weiteren Höhepunkt schaffen Hällas mit verträumtem Adventure Rock. Gekleidet in blauem Samt und Glitzer, beweisen sie wieder einmal, dass sie sich gerade zu Recht an die Spitze der Schweden-Welle melodieren. Die Dämmerung bricht bereits an, als Nifelheim die Bühne betreten. 50 Minuten Gewummer der bösesten Sorte schießt in rasender Geschwindigkeit in die Nacken der Menge. Mit Tyrant Gustafsons wahnsinnigem Blick und seinen fast herausploppenden Augen, unzähligen Nieten auf schwarzem Leder und unheilbringendem Geschrei, dreschen die Schweden sich wortwörtlich die Haare vom Kopf – Black Metal der übelsten Sorte.

Sanfte Hölle

Und höllisch geht es weiter, wenngleich etwas sanfter: Pagan Altar gehören zu den Begründern des Doom Metal. In den Achtzigern setzten sie Zeichen, indem sie ihre Konzerte in satanische Messen verwandelten. Heute sind sie etwas gemäßigter, haben aber nicht minder Spaß an der Sache. Und dieser Spaß geht auch auf die Fans über, die das ganze Festival-Gelände füllen und somit auch den letzten großen Headliner des Festivals gebührend feiern.

Besucher als auch Bands kommen aus der ganzen Welt, um diesen Wald einmal im Jahr in ein Underground-Spektakel der anderen Art zu verwandeln. Mit 700 Leuten bleibt der Rahmen familiär und das macht sich ständig bemerkbar: Alles ist locker und ungezwungen, die Organisation reibungslos und der Spaß groß. Genau so soll es sein.

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