Freitag, 09.04.2010
Punkt sieben Uhr starten die Würzburger Seamount schwungvoll in das Festival. Mit ihrer schon beinahe natürlich erscheinenden Mischung aus altmodischem Doom Metal und Hard Rock schaffen sie es spielend, die Leute aus der Abendsonne vor der Chapel nach innen zu ziehen. Die rockigen Vibes, die Deko aus Grablichtern und der stimmungsvolle Einsatz der Beleuchtung schaffen einen starken Auftakt.
So soll es doch eigentlich weiter gehen, aber Garden Of Worm aus Finnland sind leider ein Stimmungskiller. Eigentlich sind die offensichtlichen Einflüsse dieser Band – Reverend Bizarre oder auch Spiritus Mortis – Garanten für eine gute Stimmung, aber bedauerlicherweise verhält es sich wie mit einem schlechten Essen: zuerst nicht gar gekocht, dann auch noch kalt serviert.
Glücklicherweise macht der Auftritt der Holländer The 11th Hour die ganze Misere schnell vergessen! Mastermind Ed Warby und seine Band lassen mit vier Songs des Debuts BURDEN OF GRIEF die Zuhörer auf Pfaden von Verzweiflung, Krankheit und Tod wandeln. Ein sehr intensives Konzert, bei dem die Band mit drei Gitarren eine drückende Sound-Wand erzeugt – und das gleich so fett, dass die ersten Reihen eine unfreiwillige Fußsohlenmassage erhalten. Ein großartiger Auftritt, die Band wird abgefeiert wie keine zuvor, und wie auch danach fast keine mehr.
Es ist rappelvoll, als Isole die Bühne betreten. Unterstützt vom druckvollen, klaren Sound können die Musiker schnell überzeugen. Gerade live geht der melodische Doom Metal der Schweden noch besser ins Ohr und bei den klaren Vocals läuft es einem immer wieder eiskalt den Rücken runter. Gänsehaut pur! Die 50 Minuten Spielzeit reichen dann auch gerade so eben um den gesamten Albenkatalog anzuspielen. Besonders die beiden Songs vom Erstling FOREVERMORE werden freudig empfangen.
Im vergangenen Jahr haben sich Warning noch drei Monate vor Beginn des Festivals aufgelöst – jetzt steht das Nachfolgeprojekt 40 Watt Sun am Start. Die Band um Patrick Walker ist so etwas wie das Überraschungs-Ei der diesjährigen nachösterlichen Veranstaltung, da bis zum Start des Festivals keinerlei Samples geschweige denn komplette Songs im Internet zu finden waren. Zumindest klanglich wird die so geschürte Spannung einigermaßen erfüllt, aber die neuen Songs zünden nicht ganz so wie das letzte Warning Album. Die optische Umsetzung hingegen hat noch reichlich Luft nach oben, der nicht vorhandene Lichteinsatz erzeugt leider ein gewisses Proberaum-Ambiente. So plätschert das Konzert vor sich hin, in den Song-Pausen wird der Hit „Footprints“ gefordert. Als dieser dann am Ende des Sets gespielt wird, wacht die Chapel auf: schlagartig wird gefeiert und gesungen.
Mourning Beloveth haben am Schluss des Tages nach dem melodischen Highlight natürlich schlechte Karten. Die meisten Fans sind eher am traditionellen Doom interessiert und dadurch ist es jetzt merklich leerer geworden. Wer schon gegangen ist, verpasst definitiv etwas, denn der schwere Death Doom der Iren mit seinen schwelgerisch-schleppenden Momenten ist noch ein Sahnehäubchen an diesem gelungenen Abend. Die Gitarren drücken überwältigend, und mit den Wechseln zwischen Growlgesang von Darren und den klaren Vocals von Frank setzt sich die Band perfekt in Szene.
Samstag, 10.04.2010
Den Samstag eröffnen die Leipziger Calliophis, die kurzfristig für Grieving Age eingesprungen sind. Mit dem ersten Song kommt die Band recht sperrig daher, erst als sie den Fuß auf dem Gaspedal durchdrücken springt der Funke in der Chapel über. Insgesamt walzen sie sich aber recht unspektakulär durch die 40 Minuten ihres Sets.
Falls einer der Anwesenden bei der Frauen-Band shEver an das schwache Geschlecht denkt, liegt er total daneben. Aber sowas von! Denn der Hexen-Doom aus den tiefsten Wäldern der Schweiz walzt alles platt – langsam kreischend, stürmisch, schwarz und tiefer gelegt bis unter den Boden. Frontfrau Alex packt Leid und Verzweiflung in die Songs, Nadine verstärkt dies mit der Geige, und Sarah und Jessica prügeln die letzte Hoffnung aus den Fans. Ein ganz starker Auftritt, der Eindruck hinterlässt.
Unsilence kommt die schwere Aufgabe zu, den Saal wieder vollzuspielen, nachdem sich mit dem Ende des Gigs von shEver alles schlagartig geleert hat. Anfangs gelingt dies nur leidlich, erst gegen Ende des Sets füllt sich die Chapel zusehends. Schade dass die menschlichen Bedürfnisse gegen den Gig der vier Engländer gespielt haben, denn trotz des etwas drucklosen Sounds legen Unsilence eine blitzsaubere Show hin.
Licht aus, blaue Scheinwerfer an, Nebelwand aufbauen: im Anschluss steht der Hassbatzen des Festivals an: Die Drone-Doomer Kodiak schleppen einen während der 40 Minuten einmal in die Hölle und zurück. Wer sich in diese Soundwand fallen lässt, bekommt eine wunderbare Reise geboten. Ein langer, monotoner Spannungsaufbau mit dröhnenden Gitarren endet in mehreren kurzen, gewaltvollen Ausbrüchen. Was für eine Show, die zahllose Kinnladen nach unten klappen lässt.
Die bei weitem längste Band-Anreise zum Festival haben die Australier Rituals Of The Oak hinter sich. Engagiert rocken sie los, und ihre charismatische Frontfrau Sabine hat das Publikum von Anfang an fest im Griff. Die epischen Songs entfalten mit der tight spielenden Band ihre volle Wirkung.
Nomad Son aus Malta haben offensichlich Black Sabbath zu Dio-Zeiten mit der Muttermilch aufgesogen, so sehr klingen die Einflüsse heraus. Und das ist beileibe keine Kritik, sondern ein Kompliment! Sänger Jordan feiert seine schwarze Messe wie Hexenmeister Ronnie James persönlich, und das Publikum freut sich über schnellere Rhythmen, ein klein wenig Auslauf und die Möglichkeit, den Mattenkreisel etwas länger in Betrieb zu halten. Die fünf Malteser treffen genau zur richtigen Zeit den Nerv und erhalten so verdient den bis dato größten Applaus des Tages.
Doomshine haben es entsprechend schwer mit ihren epischen Melodien die Stimmung zu halten, aber es dauert nicht lange und das Publikum ist wieder mit dabei. Besonders als bei „Where Nothing Hurts But Solitude“ der im Publikum anwesende Forsaken Sänger Leo Stivala die Bühne betritt, das Mikro kapert und den kompletten Song zum Besten gibt. Ob Leo dann tatsächlich 2018 – wie von Timmy angeboten – Sänger bei Doomshine wird, sei dahingestellt, die Band rockt das Festival auf jeden Fall. Verdienter Applaus für eine klasse Show.
Mit fettem Groove starten die Ungarn Magma Rise ihr Set, und so flott wie sie loslegen kommt sofort Stimmung auf. Immer wieder hört man im Publikum den Namen Volbeat – kein Wunder, denn Sänger Gabor tönt stark nach Michael Poulsen. Abgesehen von dieser Ähnlichkeit klingt die Band aber einfach nach klassischem Heavy Metal, und der ist in diesem Moment sehr willkommen. Als logische Konsequenz werden die Vier am Ende des Sets ordentlich abgefeiert. Beim Merch geht das vor einem Monat erschienene Album LAZY STREAM OF STEEL weg wie warme Semmeln.
Mit 70er-Sound, spacigen Keyboard-Arragements und doomigen Klängen entführen dann Jex Thoth – vorab von Einigen schon liebevoll als „die Unaussprechlichen“ bezeichnet. Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Mrs. Thoth, die den düsteren Metal Rock mit ihrem weiblichen Zauber versieht. Perlen wie „Nothing Left To Die“ oder auch „Separated At Birth“ kommen sehr gut an, und Jex klingen live auch noch drei Schippen härter als von Konserve. Trotz allen Engagements und der herrlichen Show, die die nachdenkliche Melancholie der Songs hervorragend wiedergibt – das Publikum reagiert gespalten. Während die vordere Hälfte mitgeht und singt, widmet sich die entferntere Hälfte eher dem Merchandise und der Hopfentränke. Scheinbar sind die Melodiebögen und die feinfühlige Atmosphäre für manche doch etwas zu retro.
Bedingt durch die äußerst kurzfristige Absage von Iron Man stehen dann Mirror Of Deception um Festival-Organisator Jochen Fopp auf der Bühne. Entweder werden die Schwaben von vielen nicht als vollwertiger Ersatz gesehen oder es ist schon der eine oder andere erschöpfungsbedingte Ausfall zu vermelden – denn die Chapel leert sich doch deutlich. Den verbleibenden Fans und der Band ist das recht egal. So wird fett gerockt und mit einer feinen Show ist dies ein absolut würdiger Abschluss für ein geniales Festival. Wir sehen uns 2012, denn 2011 meldet das Doom Shall Rise Festival einen Urlaub an.