Irgendwo in der niedersächsischen Pampa steht das Haus von Scorpions-Chef Rudolf Schenker, im Keller hängen die Wände voll Edelmetall: Gold für BLACKOUT (1982), Platin für WORLD WIDE LIVE (1985) und so weiter, vom Boden bis zur Decke. Kleine Rock-Brötchen wurden also anderswo gebacken.
Hier im Souterrain befindet sich auch das „Scorpio Sound Studio“, in dem der Großteil von STING IN THE TAIL entstand. Hausherr Schenker kredenzt alkoholfreies Bier („Ich hab auch richtiges!“), bevor er mit Sänger Klaus Meine dem METAL HAMMER sechs neue Tracks vorspielt:
‘Raised On Rock’:
– Geradliniger, fröhlicher Rocker
‘Sting In The Tail’:
– Rollt, hätte auch auf LOVEDRIVE gepasst
‘Slave Me’:
– Stampfig wie Accept, ziemlich fett, “Yeah!“-Chorus
‘The Good Die Young’:
– Schöne Ballade mit dickem Refrain, Tarja Turunen singt mit
‘Rock Zone’:
– Schnell und rüde, Riffing wie Airbourne
‘Sly’:
– Schmachtballade mit viel Keyboards
Der erste (und zweite) Eindruck: Die Scorpions setzen eindeutig ihren Kurs fort, der sie mit den letzten beiden Alben UNBREAKABLE (2004) und HUMANITY: HOUR I (2007) zurück in den klassischen Hard Rock führte, den sie prägten und mit dem sie berühmt wurden.
Auf einen Nenner gebracht: Die Songs klingen, als wären sie irgendwann zwischen LOVEDRIVE (1979) und CRAZY WORLD (1991) entstanden, rocken also, wie man es als Fan erwarten darf. Zwei der sechs Tracks fallen mit unterschiedlichem Schmachtfaktor balladesk aus, denn ohne so was dürfen die Scorpions eigentlich auch nicht aus dem Haus. Es fällt auf, dass die Herren tatsächlich ziemlich flockig aus der lederbehosten Hüfte rocken und auch einen entsprechenden Sound auffahren, nämlich organisch und eben – rockig. Ein zugrunde liegendes Konzept und eine Perfekto-Produktion wie auf HUMANITY: HOUR I braucht niemand zu erwarten.
So weit, so gut also. Der Titel STING IN THE TAIL lässt sich nun übersetzen mit: „Der Haken an der Sache“. In dem Fall ist das wohl die Tatsache, dass die Scorpions ankündigten, sich nach der Album-Tour zur Ruhe setzen wollen, um die Bühne auf einem Höhepunkt zu verlassen. Das klingt souverän und vernünftig sogar, wenn man so will, wirft aber ein paar neugierige Fragen auf – wir bleiben dran.
Mehr zum Besuch bei Rudolf Schenker und zu STING IN THE TAIL könnt ihr in der METAL HAMMER März-Ausgabe lesen, die am 17.02.2010 erscheint.