Eskimo Callboy: Trancecore-Tour und Pixelpornos in Japan

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Eskimo Callboy Tourtagebuch – Teil 1 (27.+28.09.2012):

Auch wenn man sich als Band dagegen wehrt, dass in den Tour-Alltag Routine Einzug erhält: Irgendwie kann man es teilweise doch nicht völlig vermeiden.

Natürlich lernt man immer wieder neue Leute kennen, vor und hinter der Bühne. Neue Orte und Locations zeigen, wofür man sie hassen und lieben kann. Aber eines bleibt meistens gleich: Der Anspruch an sich selbst aus jeder Show, wie groß oder klein sie auch sein mag, ein Höllenfeuerwerk zu machen, jeden einzelnen Auftritt so zu erleben, als wäre er der erste und letzte zugleich.

In den letzten zwei Jahren durften wir eine Menge Shows an den verschiedensten Orten, in den verschiedensten Städten spielen. Doch auf einmal stehen da Länder auf dem Plan, die ich höchstens aus dem Film ‘Red Heat’ oder von einem dieser blöden verpixelten Pornos kenne.

Naja, man nimmt es im Tourkalender zur Kenntnis, macht sich aber keine weiteren Gedanken darüber, bis… ja bis dann nur noch zwei Tage zum Abflug übrig sind, und ich mich frage ob ich wohl mit sechs Spandex-Boxershorts zwei Wochen über die Runden kommen werde. Egal.

Im Flugzeug zum ersten Stop in Osaka, Japan macht man sich dann langsam Gedanken. Wir Typen sitzen jetzt hier in diesem riesen Flugdingens und fliegen 9.500 Kilometer um die halbe Welt, und dann sollen da tatsächlich Menschen sein, die uns kennen und trotzdem noch hören wollen?

Ich mein, vielleicht sind wir dort gar nicht so schlecht aufgehoben. Die stecken sich ja auch Oktopoden in die Vaginas… Wir sollten also einfach positiv denken und hoffen, dass wir nicht bloß vor drei nudelschlürfenden Japanern spielen, die eigentlich auch nur gedacht haben, das „Eskimo Callboy“ bedeutet, dass sie ´nen heißen Men Strip zu sehen bekommen.

Wir kommen also Morgens um 7.30 Uhr am Flughafen in Osaka an und unser Sänger Sebastian „Sushi“ Bisler kauft erst mal ’nen Getränke-Automaten leer… Teils aus Durst, teils auch weil die Dinger so schön leuchten. Dass der Junge mit Geld umgehen kann, wussten wir alle bereits, als er sich lieber die neuesten Glitzer-Leo-Vans gekauft hat als seine Miete zu bezahlen. Aber hey, dafür sieht der Typ auch extrem geil aus!

Naja, irgendwann kommt dann auch endlich Ushi, unser Guide für die nächsten Tage, am Flughafen an und nimmt uns mit in seiner silbernen Blechbüchse mit elektrischen Schiebetüren. Dabei fühle ich mich irgendwie auf einmal heimisch. Von Ushi abgeholt werden, das könnte mir auch in Wanne-Eickel passieren, wenn mich meine Lieblings-Taxifahrerin nach einer langen Partynacht mal wieder vor der Nacht im Freien bewahrt.

Unsere Handys sind nach einer Stunde Fahrt schon beinahe voll von den ganzen Fotos, die wir geschossen haben. Alles ist irgendwie anders und ein Foto wert: Das Meer, die Berge, die Straße, die Schilder, der Aschenbecher in der silbernen Blechbüchse.

Das erste Hotel heißt Lions Rock und befindet sich ungelogen einen Kotzschwall entfernt von der ersten Location, dem Drop Club. Wir checken ein, kaufen Bier und gehen zum ersten Soundcheck.

Unser Equipment ist auf ein Minimum geschrumpft. Die wollen 80 Euro für eine Klampfe pro Flug – das ist bei drei Gitarren dann genug für unsere Band-Reisekasse. Der Rest wird  bewerkstelligt wie vor Jahren in unserem ersten Proberaum: Mit Drähten und Kabeln zusammen gefrickelter Elektronikscheiss der schon (hoffentlich) irgendwie funktionieren wird. Zum Teufel mit diesem Synthie-Kram!

Beim Hereintreten in den Club fällt einem das erste mal auf, wie höflich und freundlich dieses Volk ist… Jeder lächelt, jeder begrüßt einen… bis auf den einen Penner an der Bar, aber den konnte ich noch viel eher nicht leiden…! Aber man fühlt sich wirklich wohl, und obwohl man unübersehbar ein Ausländer ist, fühlt man sich nicht wie einer… ein dickes To-Do an die deutsche Gesellschaft! Naja, vor Freude darüber rülpse ich kurz laut und schmeiße meine leere Bierbüchse in die nächste Ecke.

Die Vorband an diesem Abend checkt gerade noch und wir fühlen uns auf einmal wie Amateure… Verdammt sind die gut! Japaner können nicht nur gut rechnen und lächeln, die spielen auch Drums wie Joey Jordison auf Speed. Und noch etwas fällt auf: so etwas wie Dezibel-Begrenzungen scheinen die hier nicht wirklich zu kennen. Beim Ertönen der ersten Gitarren-Riffs ist mir direkt mein Trommelfell zwei Zentimeter weiter Richtung Gehirn gerutscht.

Aber irgendwie finde ich das geil. Wenn wir scheiße spielen sollten, sind wir wenigstens laut dabei!

Der Soundcheck läuft dann wirklich schnell und professionell ab: Irgendwie scheinen die Ton-Menschen sich hier wirklich mit dieser Electrocore-Mucke auszukennen. Unser zuhause gebliebener Tontechniker Dirk wird zwar trotzdem von uns allen vermisst, aber dieser dicke Typ hinter dem Pult macht seinen Job echt gut.

Und so kommen wir recht schnell wieder aus dem Club um endlich mal ein bissl die Stadt zu erkunden… So ist der Plan… aber irgendwie endet dieser mit der gesamten Truppe, niedergestreckt vom Jetlag und vor allem sabbernd, auf dem Hotelbett.

Das kann ja was geben… dass wir mit unserer musikalischen Faust an das Herz der jungen Japaner kommen ist für uns so sicher wie der Frühstücksburger in Daniels Hand… aber durch welchen Körpereingang?

>>> Fortsetzung folgt.


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Lauschaffäre: Was ist eigentlich Queercore?

„J.D.s“ hämmerte in den 80er-Jahren das Genre auf Papier, seither gilt das Fanzine als Katalysator der Subkultur, viele andere waren am Keimprozess beteiligt. G. B. Jones und Bruce LaBruce, die Gesichter hinter dem queeren Fanzine, gaben dem Kind, das im Untergrund rumorte und schrie, einen Namen: Queercore. Eine Bewegung, die sich als Teil des Punk und Hardcore herausbildete, von der übrigen Gesellschaft abgrenzte, anstatt ausgegrenzt zu werden. Sie erzählen von Vorurteilen, die der LQBTQIA+-Bewegung entgegengebracht werden, den unterschiedlichsten sexuellen Identitäten, Geschlechtsidentitäten, Körpern, Liebe und Sex. MDC Die Anarchopunk-Band MDC traten nach und nach unter verschiedenen Backronymen auf, interpretierten ihre bandeigene Buchstabenkombination…
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