Man kann kaum glauben, dass es erst 2019 werden muss, damit in einem Land eine Metal-Band öffentlich auftreten darf. Doch leider gibt es immer noch Staaten, in denen genau dies verboten ist. Im Wüstenstaat Saudi-Arabien, der sogenannten „Wiege des Islam“ (mit dem Wallfahrtsort Mekka), ist am 25.10.2019 Historisches geschehen.
Die Grindcore-Band Creative Waste absolvierte das überhaupt erste Metal-Konzert in der Geschichte des Königreichs. Dieser Auftritt ist ein Meilenstein und hinsichtlich der kreativen Freiheit riesiger Schritt vorwärts in dem notorisch repressiven Land. Schließlich wurden in der Vergangenheit Künstler ins Gefängnis gesteckt, nur weil sie Musik gespielt hatten.
Seit 2009 operiert in Saudi-Arabien eine Untergrundszene, angeführt von der Black Metal-Band Al-Namrood (hier mit einigen Songs). Am zweitbekanntesten sind Creative Waste, die einzige Grindcore-Bands des Landes, die auch schon mehrere privat und geheim organisierte Shows absolviert hat.
Auftritt dank Ahnungslosigkeit
Und nun geschah, was kaum jemand zu hoffen wagte: Das Bohemia Art Cafe in Al-Khobar fragten bei Creative Waste an, ob sie auftreten wollen. „Die Organisatoren sind jung und neu in ihrem Metier. Ich denke, sie hatten keine Ahnung, was Grindcore oder Death Metal überhaupt ist“, erzählt Frontmann Fawaz Al Shawaf gegenüber Metal Injection.
„Die Älteren hier, speziell die Bands, sind ängstlich und sehr konservativ drauf. Niemand will ein Risiko eingehen. Als uns die Jungs vom Bohemia Art Cafe fragten, dachte ich mir, dass ist so verrückt, das machen wir einfach.“ Creative Waste rührten via Facebook die Werbetrommel, obwohl Al Shawaf bis zum Schluss nicht sicher war, ob das Ganze überhaupt stattfinden würde.
„Bisher wurde alles lediglich von uns selbst oder Leuten aus Dschidda organisiert. Das war ein kleiner Kreis von Metallern. Doch irgendwann kamen auch aus anderen Teilen des Landes Bands und wollten Shows organisieren. Damit begannen die Probleme“, erklärt Al Shawaf. „Ein Musiker von ihnen musste für ein Jahr ins Gefängnis.
Der andere, er war kein Saudi, wurde nach Syrien deportiert und auf die schwarze Liste gesetzt. Als das bekannt wurde, kam die gesamte Metal-Szene zum Stillstand, da das Risiko zu hoch war.“ Doch warum auch immer durfte das Konzert am 25.10. stattfinden, gänzlich ohne folgende Restriktionen.
Hoffnung für die Metal-Szene in Saudi-Arabien
„Das war im wortwörtlichen Sinn die beste Show, die wir jemals gespielt haben“, zeigt sich der Creative Waste-Sänger begeistert. „Viele der Zuschauer hatte ich über zehn Jahre lang nicht mehr gesehen. Doch an jenem Tag waren sie anwesend, das war sehr cool. Es hat sich angefühlt, als ob alle wieder zurückkommen würden.
Die Hoffnung ist zurückgekehrt. Sämtliche Organisatoren und auch alle Leute in der Metal-Szene fangen jetzt an, weiter zu denken. Sie wollen größere Shows auf die Beine stellen. Und es würde mich nicht überraschen, wenn sie ein Open Air planen würden. Sie sind auf einmal ganz extrem angetrieben.
Ich glaube, all das wird passieren. Nach diesem Auftritt ist plötzlich alles möglich. Wie haben es getan. Und nichts ist passiert. Die Welt ist nicht untergegangen, nur weil alle Angst hatten.“ Das sind wahrlich hoffnungsvolle Aussichten für Saudi-Arabien und die Metal-Szene!