Electric Callboy: Sortiertes Chaos

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Nach der EP MMXX (2020) kommt nun also TEKKNO. Die Scheibe klingt vielseitig wie lange nicht, ist wild und spaßig wie frühere Alben. „Eine Band-Maxime ist, dass wir uns überall ohne Limits bedienen. Man entwertet seine eigene Kunst, wenn man immer das Gleiche macht“, sagt Kevin Ratajczak dazu. So bietet TEKKNO unter anderem den ersten weiblichen Gast in der Band-Geschichte – mit der Distanzierung von alten Texten wegen Sexismusvorwürfen hänge das aber nicht zusammen, betont der Electric Callboy-Shouter.

Die Veränderungen waren eine Herzenssache, das Feature mit Conquer Divide höchstens im Nachhinein eine coole Geste. Vielmehr ergab sich die Zusammenarbeit aus dem Toursupport der Alternative-Band. „Ihre Stimme ist total geil. Sie hat eine Art, Melodien zu führen, Silben in den Takt zu packen, die ist der Wahnsinn“, schwärmt Kevin von Sängerin Kia Taylor. „Schon beim ersten Versuch dachten wir: Gekauft!“ Generell sei die Kollaboration eine Bereicherung: „Conquer Divide machen anderes Songwriting. Man hängt oft in seinem Stil fest, und manchmal können einem andere einen Weg raus zeigen, den man selbst nie genommen hätte.“

Beeindruckbar

Und noch mehr wagen Electric Callboy auf TEKKNO: Neben dem Feature mit Rapper Finch gibt es einen weiteren Song mit deutschem Text, obwohl die Band immer international ausgerichtet war. Hier und da gab es Einwürfe, doch weitestgehend hielten sich die sechs Musiker von ihrer Muttersprache fern. „Wir wussten, dass es über die deutschsprachigen Grenzen hinaus Probleme gibt, dass die Leute sich nicht angesprochen fühlen und es dann nicht feiern“, sagt Kevin zum Risiko von TEKKNO. Doch auch hier ist es der neue Erfolg, der seine ursprüngliche Einschätzung wendet.

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„Wenn man ein gewisses Popularitäts-Level hat, sind die Leute beeindruckbar“, weiß Kevin inzwischen. Das meint er ohne Wertung, beobachtet er doch bei sich selbst dasselbe Phänomen: „Bei kleinen Bands fühle ich mich wie sie – aber letztens hat mich Oli Sykes gegrüßt, das war krass, dabei sind wir alle Musiker. Wenn er aber mit etwas um die Ecke kommt, nimmt man das automatisch anders auf, als wenn Günni von der Dorf-Band dasselbe sagt. Heute sind Fans bei deutschem Kram euphorischer als vor fünf Jahren – sogar im Ausland lernen sie die Texte!“

Jim Carrey ist schuld

Dennoch hält er fest: „Entweder Feature oder Ausritt, einen normalen deutschen Song würden wir nicht machen!“ ‘Hurrikan’ ist also Premiere und Ausnahme – und noch dazu musikalisch eine Ballermann-Persiflage. „Wäre lustig, wenn da live Discofox getanzt würde“, lacht Kevin. „Und am Ende rasten alle aus – wir lieben das, wenn man irgendwie besonders ausrasten kann!“ Und auch zur Bridge des Beinahe-Titel-Songs ‘Tekkno Train’ verrät er eine schräge Crossover-Story: „Der ‚choo-choo-choo‘-Einwurf kommt aus einem Interview mit Jim Carrey. Er hat Shouts nachgemacht, und wir haben das im Studio immer nachgeahmt. Als die Idee zu ‘Tekkno Train’ aufkam, haben wir das eingebaut.“

Wie sich der neue Sänger Nico Sallach anfangs schlug, welche Ideen hinsichtlich Rap und HipHop im Raum schweben und welche Gewohnheiten gefährlich sind, lest ihr im kompletten Interview in der METAL HAMMER-Septemberausgabe 2022.

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