Converge Sänger Jake: Musik Fanatiker

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MH: Was bedeutet es für dich, mit CONVERGE auf Tour zu sein?

Jake: Die Band bedeutet für uns generell zweierlei: Live-Performance, also unterwegs sein und unsere Musik mit anderen Menschen teilen, und das Aufnehmen im Studio. Beides zusammen ist unser normales Leben. Genau wie das normales Leben anderer Menschen, mit all seinen Höhen und Tiefen, all den Enttäuschungen und Höhepunkten.

Wenn ein neues Album rauskommt, spielen wir natürlich viel live, denken dabei allerdings eher weniger an die Business-Seite. Das sollen andere machen. Wir wollen so ehrlich sein, wie es nur möglich ist. Das geht aber nur, wenn wir außer dem Touren noch andere Dinge machen. Sonst würde es zum Klischee.

MH: Auf der aktuellen Tour spielt ihr 40 Shows in 41 Tage. Hättest du gerne mehr freie Tage?

Jake: Nein, denn ich liebe es, zu spielen. Ich mag freie Tage nicht. Sie kosten viel Geld, man sitzt bloß rum und gibt das bisschen Geld, das man hat, aus.

MH: Aber du könntest die Zeit nutzen, um etwas von der Stadt zu sehen, in der du gerade bist.

Jake: Wir hatten unseren freien Tag schon und parkten den ganzen Tag außerhalb von einem Skatepark in Münster. Wir waren einfach nur da – und es war langweilig. Man schafft es leider selten wirklich in die schönen Städte wie Berlin, München oder Hamburg. Der Lebensbereich bleibt meistens auf wenige Blocks um die Halle und den Tour-Bus begrenzt.

MH: Aber ist es nicht etwas surreal, dass du in 15 Jahren vielleicht darüber nachdenken wirst, wo du alles warst, aber kaum etwas wirklich gesehen hast?

Jake: Am Anfang haben wir wirklich fast nichts gesehen. Mit der Zeit nimmt man sich aber die Zeit, um wenigstens etwas herum zu kommen. Trotzdem war ich zum Beispiel noch nie am Eifelturm in Paris – dabei war ich schon vier Mal in der Stadt. Gestern waren wir dafür in Slowenien. Ich habe viele Freunde wieder getroffen und war in einem eiskalten und wunderschönen Fluss in den slowenischen Alpen schwimmen. Ein tolles Erlebnis, das viel Negatives kompensiert, dass man sonst vielleicht erlebt.

MH: Habt ihr die klassisch schlechten Erfahrungen auf Tour gemacht?

Jake: Klar passiert so was. Aber das wird fast immer von etwas schönem aufgewogen. Wenn das Negative zu schwer wird, muss man sich auf die schönen Seiten konzentrieren. Denn eigentlich ist unser Leben doch toll. Wie viele Menschen wollen sich einfach ins Auto setzen und weit, weit wegfahren – ein anderes Leben führen? Wir können das. Und das verändert dich – was du nach jeder Tour zu Hause wieder feststellst. Die Welt ist verdammt groß und es gibt so viel zu sehen. Die meisten Menschen haben noch nie in Venedig gesessen und dort in Ruhe einen Kaffe getrunken…

MH: Gibt es Länder, in denen du am liebsten tourst?

Jake: Eigentlich nicht. Alle haben etwas. Als wir in den späten Neunzigern das erste Mal in Frankreich waren, dachte ich, jeder hasst uns. Niemand hat mich uns gesprochen, niemand wollte uns. Nachdem wir mehrmals da waren, haben wir verstanden, dass Frankreich einfach so schön ist, dass die Franzosen es für sich behalten wollen und nicht möchten, dass man sich einfach so willkommen fühlt. Sie verteidigen ihr wunderbares Land. Und du musst arbeiten, um von ihnen akzeptiert zu werden. Mittlerweile liebe ich Frankreich und fühle mich wohl dort.

MH: CONVERGE gelten als Kult-Band. Trotzdem gibt es Bands, die das machen, was ihr angefangen habt, und damit deutlich größere Hallen füllen. Stört dich das?

Jake: Kaum, denn es passiert ständig. Bands nehmen Aspekte anderer Bands, brechen sie auf und benutzen sie. Sie machen die Musik einfach und auf einem niedrigen Level verständlich – nehmen dem Ursprung damit die Tiefe. Leider haben diese Bands fast nie die geringste Substanz. Es ist Quatsch.

Ein wirklicher Musik-Fan zu sein, erfordert Zeit. Man hört nicht alles gleich am Anfang. Das gibt es nur in der reinen, oberflächlichen Pop-Musik.

Und wenn andere Bands in größeren Hallen spielen, stört mich das nicht. Ich möchte lieber für 20 Leute spielen, die unsere Musik verstehen, als vor 5.000 Leuten, die nicht gewillt sind, musikalisch in die Tiefe zu gehen.

MH: Gibt es etwas, das du auf Tour immer dabei haben musst?

Jake: Als wir mit Touren angefangen haben, waren wir isoliert. Es gab keine iPods, keine Notebooks oder Handys. Heute ist das anders – ich habe zum Beispiel hunderte Alben auf meinem iPod dabei.

Generell nehme ich möglichst wenig mit, weil ich immer eine Beschäftigung finde. Aber Computer und MP3-Player sind schon extrem wichtig. Man bleibt mit der Welt zu Hause in Kontakt und erfährt trotz dieser Tour-Blase, in der man sich befindet, was in der Welt insgesamt passiert. Sonst dreht sich alles nur darum, wie es im Bus riecht, wie lange man keine sauberen Socken mehr anhatte. Das hat sich zum Glück geändert.

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