Die Spiele von Remedy Entertainment sind in der Regel für drei Dinge bekannt: Eine packende Geschichte mit vielschichtiger Erzählweise, starke Hauptfiguren und innovatives Gameplay.
„Control“, das neueste Spiel des finnischen Entwicklers, macht diesbezüglich sehr viel richtig, leistet sich aber in einem Punkt ein grobes Malheur, das nur bedingt durch die anderen zwei Säulen aufgefangen werden kann. Aber immer der Reihe nach…
(Nicht-)Wissen ist Macht
Als Jesse Faden zieht es euch nach New York, genauer gesagt ins Hauptquartier des „Federal Bureau of Control“ (FBC). Jesse Faden wird von einer unbekannten Macht zu diesem Ort verleitet, weil sie Antworten und ihren Bruder sucht. Warum, wieso und weshalb beantwortet das Spiel zu Beginn natürlich nicht und auch wir wollen es an dieser Stelle nicht tun. So viel sei aber gesagt: „Control“ spielt bewusst mit dem Vorenthalten von Informationen und setzt diese als Stilmittel für bsonders wichtige Momente ein. Das weiß zu gefallen und hält Spieler bei Laune. Schließlich will – nein, muss – man wissen, wie es weitergeht und was das eigentlich alles zu bedeuten hat. Das ist eine willkommene Abwechslung bei den sont sehr linearen Erzählweisen anderer Spiele.
Eine willkommene Abwechslung ist auch Jesse Faden. Denn erstmals ist die Hautpfigur in einem Remedy-Spiel nicht männlich, sondern weiblich. Und das hat auch einen Einfluss auf die Geschichte und wie Jesse von anderen Personen wahrgenommen wird. Und außerdem war es nach Figuren wie Max Payne und Alan Wake auch einfach mal an der Zeit, für eine starke Frauenfigur in einem Game von Remedy Entertainment. Jesse Faden wird übrigens von Courtney Hope gespielt und scheint wie perfekt für die Rolle zu sein. Remedy-Fans werden sie noch gut als Beth Wilder aus „Quantum Break“, dem letzten Spiel des Studios, in Erinnerung haben.
Was geht hier vor sich?
Das Hauptquartier des FBC wird auch „The Oldest House“ genannt und kurz nach ihrer Ankunft muss Jesse Faden feststellen, dass das Gebäude von einer übernatürlichen Kraft namens „Hiss“ invadiert wurde. Der alte Direktor ist tot und so gut wie alle Mitarbeiter wurden vom „Hiss“ besessen und sind Feinde. Jesse wird zur neuen Leiterin des FBC und muss nun die Situation wieder unter Kontrolle bringen.
Dazu muss sie sich ihren Weg durch das „The Oldest House“ bahnen, Gegner ausschalten und Missionen erledigen. Neben Hauptmissionen können auch optionale Nebenaufgaben abgeschlossen werden. „Control“ ist also trotz des Schauplatzes kein rein lineares Spiel, sondern lädt zum Erkunden ein. Das ist auch wichtig, denn Jesse findet neben Dokumenten, die mehr über die Welt erzählen, auch diverse Materialien, die sich für Upgrades nutzen lassen.
Waffen-Akrobatik und eintönige Kämpfe
Jesse Faden hat im gesamten Spiel übrigens nur eine einzige Schusswaffe. Doch diese kann ihre Form verändern und bietet dadurch verschiedene Feuermodi und zusätzliche Upgrademöglichkeiten. Und auch Jesse lernt im Laufe des Spiels neue Fähigkeiten, kann z.B. per Telekinese Objekte auf Gegner werfen oder durch die Luft schweben, um Kugeln auszuweichen. Das klingt nach mächtig viel Spaß und Abwechslung, leider sind die Kämpfe dann doch recht monoton und laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Das klingt nach verschenktem Potenzial, denn auch wenn Jesse später ein ganzes Arsenal an Fähigkeiten hat, braucht man diese Vielfalt im Endeffekt nicht wirklich, sondern es genügt, solange auf Gegner zu schießen, bis sie ausgeschaltet sind. Nervig ist obendrauf, dass man seine Waffe nicht selbst nachladen kann. Das macht das Spiel automatisch und hat schon für viele Frustmomente gesorgt.
Frustmomente gibt es auch beim automatischen Speichersystem, denn Checkpoints liegen häufig sehr weit zurück und falls man bei einem Zwischenboss stirbt, steigt man nicht wieder sofort in den Kampf ein, sondern muss vom Checkpoint aus erst wieder zum Boss laufen. Das kostet unnötig Zeit und dürfte vor allem bei unerfahrenen Spielern für viel Frust sorgen. Auf der positiven Seite gibt es allerdings ein Fast-Travel-System und eine auf Knopfdruck einblendbare Karte. Angesichts der Größe des „The Oldest House“ sind das zwei sehr komfortable Funktionen, um schnell von A nach B zu kommen.
Trotz Schwächen ein starkes Spiel
„Control“ ist kein perfektes Spiel, neben den Gameplay-Patzern gibt es auch noch technische Probleme wie längere Ladezeiten beim Fast-Travel-System und zumindest auf der PS4 Pro auch geringfügige Performance-Probleme und niedrig aufgelöste Texturen, deren volle Auflösung zu spät nachgeladen wird. Hier sollte Remedy unbedingt noch ran und ein erster Patch wurde auch schon für Mitte/Ende September angekündigt. Auch HDR-Unterstützung fehlt bei „Control“ und wird auch nicht per Update nachgereicht. Remedy argumentiert damit, dass das Studio sehr klein und Ressourcen begrenzt sind. Schade ist es trotzdem, denn dank des augefallenen Looks würde „Control“ mit HDR-Support noch besser aussehen.
Alles in allem macht „Control“ aber gerade dank der Story und interessanten Figuren eine Menge Spaß und bietet viel Unterhaltung mit jeder Menge „WTF“-Momenten. Das kann dann auch zumindest etwas über das monotone Gameplay hinwegtrösten, welches eindeutig die größte Schwäche von „Control“ ist. Es scheint, als ob Remedy in letzter Zeit den Fokus zu sehr auf Figuren und Handlung legt und dabei das Kampfsystem leider vernachlässigt. Denn auch „Quantum Break“ bot trotz Zeitmanipulation eher 08/15-Kämpfe, die alles andere als fesselnd waren. In diesem Aspekt ist auf jeden Fall noch jede Menge Luft nach oben und hoffentlich kann sich Remedy bei zukünftigen Spielen wieder mehr auf alte Stärken konzentrieren.
Alles in allem macht „Control“ trotzdem jede Menge Spaß, vor allem für Sci-Fi- und Mystery-Fans. Das Kampfsystem hätte allerdings mehr Liebe vertragen können und mildert die Freude am Spiel leider auch manchmal.
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