Communic-Chef, Sänger und Gitarrist Oddleif Stensland klingt ein wenig müde. „Ich habe gerade so viel in meinem Job zu tun“, entschuldigt sich der gelernte Grafiker und Layouter, „außerdem bin ich vor eineinhalb Monaten Vater einer kleinen Tochter geworden.“
Interviews, Arbeit und Windeln wechseln in Kombination, das raubt Kraft. Nichtsdestotrotz kann man die Begeisterung in seiner Stimme hören, sobald sich das Gespräch dem neuen Album PAYMENT OF EXISTENCE zuwendet. “Natürlich sind wir extrem zufrieden mit der Platte. Es ist cool und spannend zu sehen, ob sich unser neues Baby bewährt. Aber natürlich wissen wir auch, dass es hart wird, damit gegen die beiden anderen Alben zu bestehen.“
Verrückt macht sich die Band allerdings nicht. „Wahrscheinlich, weil wir finanziell nicht abhängig von Communic sind. Das nimmt natürlich einen Teil des Drucks. Und deswegen können wir auch die Musik spielen, die wir wollen und das ausprobieren, was uns Spaß macht.“
Wirft man vor der ersten Hörprobe einen Blick auf das apokalyptische Cover des neuen Werks PAYMENT OF EXISTENCE, ahnt man schon: Hier wird düstere Kost geboten. „Vielleicht ist es düsterer als unsere vorigen Alben“, überlegt Oddleif, „ich finde aber, dass es auf jeden Fall heavier und direkter ist, der Sound knackiger. Außerdem ist es leichter, in das Material reinzukommen – unsere anderen Scheiben sind komplexer, was die Songstrukturen angeht.“
Aufgenommen wurde PAYMENT OF EXISTENCE erneut in Dänemark bei Jacob Hansen. Obwohl durchaus ein Produzentenwechsel zur Debatte stand, wie Oddleif verrät. “Wir haben tatsächlich darüber nachgedacht und viel diskutiert, bevor wir das Studio buchten.“
Letztlich blieben sie dann doch bei der erfolgreichen Arbeitsweise – hat ja auch alles gut funktioniert bisher. „Im Prinzip nutzen wir Jacob auch nicht wirklich als Produzenten, denn alle unsere Songs sind schon zu 95 % fertig, bevor wir überhaupt ins Studio gehen. Eigentlich brauchen wir ihn nur dafür, dass er den richtigen Sound hinbekommt.“
Außerdem konnten sich Communic bei Jacob nach Herzenslust Tag und Nacht austoben. „Wir hatten die Schlüssel zum Studio, haben dort wochenlang gewohnt, und konnten, wenn wir wollten, die ganze Nacht Gitarrenspuren aufnehmen. Dadurch hatten wir die totale Kontrolle über unsere Studiozeit und konnten sehr selbständig arbeiten.“
Inspiration für die kritischen Texte auf PAYMENT OF EXISTENCE schöpfte Oddleif dieses Mal aus seinem nähesten Umfeld. „Einer der Haupteinflüsse war, dass ich zum ersten Mal Vater wurde“, erzählt er. „Die Lyrics entstanden genau in der Zeit, als die Geburt meiner Tochter ins Haus stand. Gleichzeitig habe ich leider meinen Großvater verloren – das hat mich zum Grübeln gebracht. Warum sind wir hier, wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Auch die Opfer, die wir im Lauf unseres Lebens bringen, spielen eine Rolle. Das kann man auch am Artwork sehen: Da sitzt diese Karrierefrau in ihrem teuren Stuhl im Nirgendwo mit einem Koffer voller Geld. Sie hat alles in ihrem Leben daran gesetzt, um erfolgreich zu sein.“
Doch dieser Erfolg bringt der Cover-Dame nicht viel – denn am Ende stirbt zwangsläufig alles und jeder. „Richtig“, nickt Oddleif. „Man darf die kleinen aber wichtigen Dinge nicht vergessen. Erfolg und Geld sind nicht alles!“