Die Weltraum-Junkies verlassen den Orbit und landen mit ihrem Marsmobil und Progressiv-Metallproben aus fernen Galaxien im Gepäck in der Hamburger Markthalle.
Allerdings scheinen sie dabei das Raum-Zeit-Kontinuum aus den Fugen gerissen zu haben – wie sonst ließe sich erklären, dass die Support-Band Oceansize nicht, wie auf den Tickets angegeben, um 21 Uhr auf die Bühne kommt, sondern zu dieser Zeit bereits ausgefiedelt hat?
Das ist Hamburg – hier spielt man auch im April noch nach Winterzeit.
Dafür ist es dann schon voll, schwül und bunt gemischt: langes oder kurzes Haar, Käppi auf dem Kopf oder Handtäschchen unter der Achsel. Obwohl Sänger Claudio Sanchez quiekt wie ein Ferkel auf Helium und die Song-Strukturen von Coheed And Cambria recht komplex sind, ist das New Yorker Quartett über die Jahre zur leicht verdaulichen Metal-Kost geworden. An Faszination hat die Konzept-Band, die die Geschichte des Weltraumpärchens Coheed And Cambria erzählt, dennoch nichts eingebüßt.
Gerade live sind Coheed And Cambria immer wieder ein Erlebnis und verwandeln nahezu jede Halle in ein tosendes Tollhaus. So auch die Markthalle, in der die Luftfeuchtigkeit von Minute zu Minute in tropischere Gefilde steigt. Visuelle Hauptattraktion auf der Bühne: Mähnenmann Claudio, dessen Gesicht anfangs nur kurz zwischen tonnenweise aufgedunsenen Ringellöckchen hervorlugt – fast wie bei Vetter Itt von der Addams Family.
Highlight und fester Bestandteil eines jeden ihrer Konzerte außerdem: Das grandiose ‘The Trooper’-Cover der erklärten Vorbilder Iron Maiden, das in das nicht minder gelungene ‘Devil In Jersey City’ aus eigener Feder mündet. Erstaunlich, wie Claudios – bei allem Respekt – eunuchenhafte Stimme auch live klar und kräftig quiekt. Auch wenn er dabei erstmals von zwei blonden Background-Schönheiten (mehr schief als wohlklingend) unterstützt wird.
Sei’s drum, der professionell performte Auftritt wird dennoch zum kollektiven Fest. Und dass die vier sympathischen Sternenkreuzer tatsächlich aus einem anderen Universum kommen, wird spätestens dann klar, als sie mit ‘Welcome Home’ ihr begeistertes Publikum in die Nacht entlassen.
Wer sagt zum Abschied schon „Willkommen“?
Setlist:
No World For Tomorrow
Gravemakers
Delerium Trigger
A Favor House Atlantic
The Hound
The Suffering
Feathers
“Evil Medley”
Blood Red
The Running Free
In Keeping Secrets
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Welcome Home