Wenn eine, von einem durchgeknallten Zotteltier angeführte, Progressive Metal-Konzept-Band eine wirre Science-Fiction-Saga vertont, dann muss man schon ordentlich was eingeworfen haben, um darauf klarzukommen.
Theoretisch jedenfalls.
Doch glücklicherweise sind Mähnenmann Claudio Sanchez und seine drei Mitstreiter grandiose Musiker und erschaffen selber bewusstseinserweiternde Metal-Hymnen durch komplexe Song-Strukturen, Bombast-Rock und eine ausufernden Weltraumjagd.
Trotz aller Komplexität – die Entscheidung, Musiker zu werden, war für Claudio eher pragmatischer Natur: „Ich wollte natürlich Mädels klarmachen! Ach, scheiß drauf, wen will ich denn verarschen – das mit den Mädels hat damals nicht funktioniert und tut es heute noch immer nicht,“ erklärt er offen und legt gleich nach: „Bevor ich mit der Musik anfing, habe ich gemalt und gezeichnet. Es ging mir hauptsächlich darum, kreativ zu sein, und die Gitarre war letztlich nur eine weitere Option. Ich glaube, ich bin Künstler mit Leib und Seele.“
In diesem verkopften Künstler steckt aber auch immer noch das Kind, das vor 20 Jahren mit Action-Figuren spielte und wilde Phantasie-Szenarien mit ihnen nachstellte. „Coheed And Cambria ist eine erwachsene Art für mich, mit Action-Figuren zu spielen. Ist doch besser, als in einem dunklen Raum zu sitzen und Master Chief Lara Croft poppen zu lassen, oder?“
Etwas simpler sieht die Sache bei Drummer Chris Pennie aus, der 2006 Trommler Joshua Eppard ersetzte und Coheed And Cambria neues Leben einhauchte, nachdem kurzzeitig sogar Auflösungsgerüchte kursierten. „Ich mach’ gern Party“, so die knappe Motivationsbeschreibung des Mannes, der vorher bei The Dillinger Escape Plan zockte.
Irgendwo zwischen den Polen dieser beiden Musiker, zwischen Kunst und Party, haben sich Coheed And Cambria auch mit ihrem aktuellen Longplayer und Long-heißer GOOD APOLLO I’M BURNING STAR IV VOLUME TWO: NO WORLD FOR TOMORROW eingependelt – und sind damit jetzt auf deutschen Bühnen am Start.
Mit zweimonatiger Verspätung holen Wuschellocke Sanchez und Co. nun endlich ihre verschobenen Februar-Konzerte nach. Die Vertagung sollte man ihnen nachsehen – denn sie bekamen kurzfristig den Support für Linkin Park in den Staaten angeboten. Und das sollte man dann wohl wahrnehmen und ein paar Heiden zum Progressive Metal bekehren.