Jedes Jahr erscheint ein neuer „Call of Duty“-Titel, das ist gesetzte Sache. Dass diese Rechnung aber – trotz unterschiedlicher Entwicklerstudios – für Publisher Activision auf lange Sicht nicht aufzugehen scheint, hat sich vor allem beim letztjährigen Spiel „Call of Duty: Black Ops 4“ drastisch gezeigt. Weder Fans noch Kritiker mochten den Teil und der größte Kritikpunkt war der, dass es keine Singleplayer-Kampagne gab. Stattdessen stand eine Multiplayererfahrung im Fokus, die man woanders schon mal in besser gesehen hat. Als nachträglich auch noch Mikrotransaktionen zum Shooter hinzugefügt wurden, war gänzlich klar, dass es Activision nur ums Geld, nicht aber um die Liebe an der Marke ging.
Doch für dieses Jahr gelobte Activision Besserung und dazu beruft man sich zurück auf die Stärken der Reihe und das, was „Call of Duty“ überhaupt ausmacht. „Call of Duty: Modern Warfare“ heißt der inzwischen 16. Teil der Spielereihe und der Name ist somit identisch mit dem vierten Spiel aus dem Jahr 2007, welches bis heute als einer der besten Einträge gilt. Doch nicht nur beim Namen gibt es Überschneidungen, auch bei den Figuren: Captain Price, der ebenfalls 2007 das erste Mal bei „Modern Warfare“ in Erscheinung trat, ist auch beim neuesten Game mit von der Partie. Und auch der Entwickler ist identisch: Infinity Ward zeichnet sich für „Call of Duty: Modern Warfare“ verantwortlich. Bei dieser Kombination scheint Erfolg eigentlich vorprogrammiert, aber was genau macht der Shooter nun anders?
Realistische Kriegsführung
Vorbei sind die Zeiten übertriebener Bombast-Action mit Explosionen am laufenden Band, auf die sogar Action-Regisseur Michael Bay neidisch wäre. Nein, stattdessen ist das neue „Call of Duty: Modern Warfare“ authentisch, realitätsnah und beklemmend. Das fängt schon direkt in den ersten Minuten an. Denn in der Eröffnungssequenz sieht man direkt, wie Terroristen aus einem Van am Picadilly Circus in London aussteigen. Einer von ihnen trägt einen Bombengürtel und hält den Zünder mit hochgestreckter Hand in der Luft. Panik bricht aus…
Bevor es in London weitergeht, verschlägt es den Spieler allerdings erst einmal nach Urzikstan. In der Rolle des CIA-Offiziers Alex muss man auf einer Geheimmission eine Lieferung mit tödlichem Nervengas ausfindig machen und wiederbeschaffen. Kurz vor dem Ziel wird Alex von Terroristen allerdings bewusstlos geschlagen und das Gas wird vor seinen Augen gestohlen. Nun wird Captain John Price auf den Plan gerufen, der bei der Wiederbeschaffung helfen soll und 24 Stunden später ist man als Spieler wieder mitten im Geschehen in London aus der Eröffnungssequenz.
Ohnehin führt das neue „Call of Duty: Modern Warfare“ den Spieler um den halben Globus und es gibt auch mehrere Rückblenden, in denen man mehr über die Figuren erfährt. Zu viel wollen wir an dieser Stelle nicht von der Handlung verraten, so viel sei aber gesagt: Als Spieler schlüpft man wieder in die Rolle unterschiedlicher Figuren, die den Krieg aus ihrer ganz persönlichen Perspektive erleben. Das sorgt für eine dichte Erzählung und eine packende Geschichte, die so in der Form auch tatsächlich passieren könnte. Und das ist eine mehr als willkommene Abwechslung für die „Call of Duty“-Reihe.
Der Realismus-Ansatz hört allerdings nicht bei der Geschichte auf, sondern zieht sich durch das ganze Spiel. Gimmicks wie Exosuits und futuristische Lasergewehre fehlen in „Call of Duty: Modern Warfare“ gänzlich, stattdessen gibt es Waffen mit einem realistischen Gefühl. Bei Snipergewehren spielen sogar Faktoren wie Wind und Distanz eine Rolle. Wildes Drauflosballern wird in „Modern Warfare“ eher bestraft als belohnt, denn auch wenn die Munition nicht so knapp wie in anderen Titeln ist, muss man taktisch vorgehen, in Deckung gehen und sich auch mal an Gegner anschleichen, um sie besser ins Visier nehmen zu können. Die KI ist übrigens hervorragend und Gegner reagieren realistisch auf euch, statt einfach nur Kanonenfutter zu sein.
Mächtig viel Abwechslung trotz Schlauchlevel
Die Level in „Call of Duty: Modern Warfare“ sind sehr groß, allerdings auch täuschend, denn freies Erkunden gibt es nach wie vor nicht. Stattdessen handelt es sich um klassische Schlauchlevel, bei denen das nächste Ziel klar definiert ist und Abweichungen nicht erlaubt sind. Das soll aber nicht negativ gemeint sein, denn was anderes würde man bei einem „Call of Duty“-Spiel auch gar nicht erwarten. Und immerhin: Ganz so spielerisch eingeengt wie bei vorherigen Teilen fühlt man sich nicht und das ist primär den größeren Leveln geschuldet.
Und überhaupt: Man ist nicht die ganze Zeit über ein bis an die Zähne bewaffneter Soldat, sondern das Gameplay bietet viel Abwechslung. Mal muss man mit kleinen Drohnen durch die Luft fliegen und Ziele ausschalten, ein anderes Mal ist man ein hilfloses Mädchen, das vor russischen Soldaten fliehen muss. Die Größe der Kriegsschauplätze varriert zudem auch noch. Neben ganz großen Schlachtfeldern, auf denen jede Menge passiert, gibt es auch Abschnitte, in denen man mit Nachtsichtgerät durch ein mehrstöckiges Haus schleichen muss, um das Ziel zu finden.
Trifft man in solchen Momenten auf einen Gegner und reagiert nicht schnell genug, endet das meist tödlich. Lebensenergie regeneriert sich zwar automatisch, wenn man an der richtigen Stelle getroffen wird, nützt das aber alles nichts, denn schon ein einzelner Kopfschuss kann tödlich sein. Die automatischen Speicherpunkte sind aber zum Glück fair vom Spiel gewählt, sodass nie Frust entsteht. Und zur Not kann auch der Schwierigkeitsgrad während des Spiels geändert werden.
„Back to the Roots“-Multiplayer
Wer sich für die Singleplayer-Kampagne von „Call of Duty: Modern Warfare“ überhaupt nicht interessiert, sondern stattdessen lieber den Multiplayer-Modus spielt, kommt auch hier auf seine Kosten. Zwar kann man im „Gunsmith“-Menü die eigene Waffe nach Lust und Laune modifizieren – es stehen bis zu 70 Aufsätze zur Verfügung – ansonsten ist das Multiplayer-Gameplay aber erfreulich puristisch und fokussiert sich auf das Wesentliche. Das Loadout muss nicht mehr kompliziert zusammengestellt werden, sondern Waffen können direkt mit Gadgets und Upgrades ausgewählt werden. Und statt Wallruns und anderen Jump’n’Run-Einlagen stehen Können und Taktik im Fokus, denn nur so kann man ein Match für sich entscheiden. Wer auf klassische Multiplayer-Gefechte alter Schule steht, ist bei „Call of Duty: Modern Warfare“ also genau richtig.
Fazit
Selten war ich von einem „Call of Duty“-Teil so angetan wie vom 2019er „Modern Warfare“. Das Gameplay ist sehr authentisch und macht Laune, die Grafik ist detailreich wie nie und auch Multiplayer-Fans kommen voll auf ihre Kosten. Kurzum: „Call of Duty: Modern Warfare“ ist genau die Rückbesinnung auf alte Tugenden, die die Reihe dringend gebraucht hat. Einzig die Singleplayer-Kampagne könnte etwas länger sein, denn geübte Spieler sind bereits in ungefähr fünf Stunden mit ihr durch. Wer sich mehr Zeit lässt, braucht trotzdem nicht länger als zehn Stunden, um alle 14 Missionen erfolgreich zu absolvieren. Aufgrund des geringen Wiederspielwerts der Singleplayer-Kampagne gibt es anschließend auch keinen Grund mehr, das Abenteuer so schnell erneut zu starten. Dennoch ist „Call of Duty: Modern Warfare“ für Fans taktischer Militär-Shooter ganz klar eines der Gaming-Highlights in diesem Jahr. Bleibt zu hoffen, dass nachfolgende Teile an diesen Erfolg anknüpfen können. Gerne dann auch mit einem Jahr Pause zwischen den Titeln.
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