Eskimo Callboy Tourtagebuch – Teil 3 (29.09.-01.10.2012):
Wir haben es geschafft. Nach 2,5 Std. Fahrt und ´nem kurzen Stop in Ninja-Bergen (kein Scherz!!!) kommen wir am Club 3Star Imaike an. Etwas größer als Osaka, aber die Stadt sehen wir nicht. Zu weit weg, sagt uns Ushi. Und so geht auch alles irgendwie fixer als am Vortag. Wir nutzen die freie Zeit einfach mal um mit unseren Smartphones auf den Hotelzimmern durch das kostenlose WLAN das Internet leerzusaugen. Wir machen uns Gedanken über unseren Bierkonsum? Fuck! Die viel größere Gefahr ist der sperrliche Zugriff auf Facebook und Co.!
Man merkt gar nicht wie sehr man durch diese ganzen Netzwerke beeinflusst wird, und wie oft man tatsächlich mit seinem Smartphone dumm grinsend in der Ecke steht. Aber hier wird es einem schlagartig bewusst! Ich fühle mich auf einmal schlecht, weil ich meiner Mama damals auch nicht geglaubt habe, dass ich zu viel Megaman auf dem Gameboy zocke. Sie wird wohl auch da Recht gehabt haben… Sorry, Mama!
Die Show am Abend verläuft dann für unsere Begriffe höchst zufriedenstellend, die Indikatoren sind eindeutig:
Mein Shirt ist durchsichtig vom ganzen Bier und es klebt Rotze an meiner Backe, Pascal zieht dauernd diese geile Fresse wenn ich rübersehe (so eine Mischung aus Zunge rausstrecken und Hasenzähne zeigen), Sushi rastet komplett aus und ich habe kurzzeitig das Gefühl, dass er sich jeden Moment auf sein rosa Hasenkostüm kotzt und ja… die ersten Reihen in diesem echt tollen Club sehen aus wie ´ne wildgewordene Meute nasser Sailormoons. Ich persönlich mag’s hier, obwohl ich mir dauernd den Kopf an den aufgehängten PA-Boxen stoße.
Und wie immer ist für uns nach der Show direkt wieder vor der Show: Man ist irgendwie geschafft, verschwitzt, und auch müde – aber an Schlaf denken wir alle nicht. Aber wie schon gesagt: Wir befinden uns zu weit außerhalb der Stadt.
Und so landen wir rechtzeitig auf den Zimmern und können unsere stinkenden Outfits von Hand in der Dusche waschen, wie einst die Großmütter an den Dorfteichen! Mit mäßigem Erfolg wie wir noch herausfinden sollten…
Das Hotel in Nagoya ist echt nicht von schlechten Eltern und so können wir hier auch ein reichhaltiges Frühstücksbuffet genießen. Uns ist im Grunde egal, was wir da essen. Wir haben uns innerhalb zweier Tage komplett integriert! Das einzige, was uns etwas auffällig macht, sind die Portionen auf unseren Tellern. Als ich vom ersten Gang zurück komme, nimmt eine Mutter sogar ihr kleines Kind schützend hinter sich als sie meinen deutsch-gefüllten Teller sieht. Als wenn ich das Mistgör direkt hinterherschieben würde…
Pff, als ob! Ich krieg’ Dünnpfiff von kleinen Kindern und außerdem bleiben die Mini-Haarspangen immer in den Zähnen hängen…
Mit ekelhaft vollen Mägen sitzen wir dann im Bus nach Tokyo… Tooookyo! Die Städte bisher waren echt geil, die Menschen super nett. Aber nun kommt das Highlight. Wir sortieren unsere Vorurteile und Erwartungen und merken dann letztendlich doch, dass wir keine Ahnung haben was nun auf uns zukommt. Die Fahrt nutzen wir dann doch endlich mal, um ein bissl zu pennen, wir werden ab und zu nur kurz geweckt wenn Ushi geistesgegenwärtig ´nem LKW ausweicht, dessen Blinker entweder aus Kostengründen direkt ab Werk nicht verbaut hatte, oder bei einem der Spurwechsel „verloren“ hat…
Wir kommen aber trotzdem nach fünf Stunden Fahrt in Tokyo an. Und man merkt direkt dass es hier ein klitzekleines bißchen größer ist: Mehr Autos, mehr Lichter, mehr von allem… wir fahren direkt zur Location und ziehen wie immer zuerst den Soundcheck durch. Wir gehen zwei Stockwerke hinunter, wie zu einer Metrostation, und finden dort den Club Seata.
Die Tokyianer sind echt nicht ganz normal was den Gebrauch von Licht angeht. Wo uns beim Schlafen die Standby-Leuchte vom DVD-Player stört, scheint dir in Japan gerne mal ´n 1000 Watt-Strahler aus dem gleichen Gerät in die Fresse.
Nicht anders ist es auf der Bühne… Platz für ein Backdrop ist grundsätzlich nie, da hängen dann Spots und Übertreiber-Leuchten wie Traubenreben an der hinteren Wand. Aber hey… kein Problem, erklärt mir dann einer dieser hyperaktiven Stagehands. Mit meiner oberflächlichen Auffassungsgabe sind mir natürlich die zwei LED-Bildschirme entgangen, auf denen SELBSTVERSTÄNDLICH unser Logo angezeigt wird…
Überhaupt, Ordnung und Organisation ist ja eine Sache, das kriegen wir ja in Deutschland schon von kleinauf mit der Bratwurst eingeprügelt… Aber hier passiert das mit einer Schnelligkeit, bei der ich mich in dem Gewühle fühle als wenn ich mich in Zeitlupe bewege!
Nach dem Soundcheck geht’s nochmal kurz ins Hotelzimmer – und dort soll das Schicksal dann endlich seinen Lauf nehmen.
Uns ist natürlich schon am ersten Tag aufgefallen, dass die Klos hier in Japan aussehen wie umgebaute UFOs. Nach der ersten Deutung der Bilder ist uns allen mehr oder weniger klar, dass man sich da echt Wasser in und an den Arsch spritzen lassen kann. Unsere Einstellung hat sich von „niemals“ zu „eventuell mal“ gewandelt und so sitze ich nun auf dem Ding und lasse mich von unten besprühen. Lauwarm. Und ich muss sagen, das hat was. Bis auf die Tatsache, dass man sich danach fühlt wie der neue im Knast, benutzt und verraten!
Aber wir wollen Japan erleben. Und dazu gehört auch der Ritt im Anus-Wasserpark.
Nach ´ner hektischen Führung durch das knallbunte und dicht besiedelte Stadtzentrum Tokyos steht plötzlich nur noch ein Wort im Raum, dass uns alle etwas beunruhigt.
TAIFUN!
Der Himmel zieht sich zu, der Wind wird stärker und die eh schon sehr dynamischen Japaner legen noch ´nen Zahn zu. Das Auge des Horrorsturms soll pünktlich zu unserer Show über unserer Location ankommen, und wir grinsen. Denn wir wissen: Ob nun ein tödlicher Sturm auf den Straßen oder der Todessturm der unten aus den Boxen kommt. Grausam wird beides!
Die Show an sich ist der Hammer. Alles wie bisher, wir geben alles. Und noch ein bissl mehr, weil wir durch eine kleine Grippe-Epidemie stimmlich etwas angeschlagen sind. Wir hören uns an wie Konstantin Wecker bei ´nem Whitney-Houston-Cover. Und wenn das so ist, muss man halt show-technisch noch einen drauf legen, damit die Menge erstens abgelenkt wird, und zweitens nach der Show nicht mit Reis-Stäbchen auf uns losgeht. Der Wille zählt und wird hier in Japan definitiv auch belohnt.
Nach der Show gehen wir an die Oberfläche und wollen mal diesen Sturm sehen… Wind ist da, starker Wind. Aber ganz ehrlich: Für mein Haarspray ist das keine Bedrohung. Alles sitzt… Ich finde die Japaner übertreiben. Vielleicht haben die einfach mehr Angst vor Wind weil jeder zweite von denen ´nen BMI von unter 6 hat und bei zu starkem Wind auch gerne mal ´nen ungewollten Kurztrip nach Nordkorea macht.
Nach dem wir unsere sieben Sachen ein letztes Mal in den silbernen Blechkasten packen und uns zum Aufbruch zum Hotel machen wird uns auf einmal klar, dass es jetzt schon fast Abschied nehmen heißt!
Ushi ist uns allen wahrlich ans Herz gewachsen… Er hat im Grunde alles Gute in Japan verkörpert. Er war stets höflich, hilfsbereit, immer für uns da und hat uns geholfen in dieser komplett anderen Kultur nicht in der Suppe zu landen. Dafür nochmal ein großes Dankeschön.
Wir fahren also zurück in die Innenstadt (unser Hotel liegt nur zwei Fußminuten vom Stadtzentrum entfernt) und gehen dort noch in eine typisch japanische Nudelbar. Bestellt wird per iPad, was sonst. Wir rekapitulieren die vergangenen drei unvergesslichen Tage und merken alle:
Man wird sich wiedersehen!
Verabschiedet wird sich direkt vor den bunten Lichtern der japanischen Metropole. Total romantisch, der eine oder andere denkt an einen Zungenkuss. Aber wir belassen es dann bei ´ner aufrichtigen Umarmung.
Domo Arigato Ushi!
Domo Arigato Japan!
China! Könnt ihr das auch?
>>> Teil 1 des Eskimo-Callboy-Tourtagebuchs
>>> Teil 2 des Eskimo-Callboy-Tourtagebuchs
>>> Fortsetzung folgt.