Auszug aus der Biographie von Cliff Burton (Metallica)

von
teilen
twittern
mailen
teilen

Kapitel 11

Ein tragischer Aspekt der Geschehnisse, die sich in den nächsten Monaten abspielen sollten, war die Tatsache, daß Metallica ihren endgültigen Durchbruch vor Augen hatten. Kurz vor der Veröffentlichung von »Master Of Puppets« sicherte Q-Prime ihnen einen Platz auf dem Billing der Sommer-Tour von Ozzy Osbourne (wahrscheinlich die wichtigste Arena-Tour des ganzen Jahres) in den Vereinigten Staaten. 1986 feierte Ozzy mit seinem Pop-Metal unglaubliche Erfolge. Und seine Possen auf der Bühne sorgten für zahllose Kontroversen. Da er vor riesigem Publikum spielte, war eine Position in seinem Billing der perfekte Platz für eine junge Band, die kurz vor ihrem großen Durchbruch stand.

Cliff freute sich riesig auf den Trip mit Ozzy, wie sich sein Freund Ron Quintana erinnert: “Er war so happy. Ozzy kann in dieser Zeit nur als wandelndes Klischee beschrieben werden. Gemeinsam mit seinem Gitarristen Jake E. Lee schrieb er ziemlich poppige Songs, weil der Glam-Rock damals boomte. Aber Metallica und speziell Cliff schienen einfach nur froh, dabei sein zu dürfen.” Cliffs Freundin Corinne Lynn meint: “Ich begleitete sie zum Flughafen, als sie zu der Tour aufbrachen. Ich erinnere mich daran, wie Cliff seine Sachen packte und sich tierisch auf diese Zeit freute. Er benutzte damals immer Shampoos und Spülungen von Finesse, die ziemlich weiblich rochen. Er meinte, er würde sie nur benutzen, weil die Flaschen so schön flach wären. Die normalen, zylinderförmigen Flaschen nahmen zu viel Platz weg. In solchen Punkten war er sehr sensibel. Er regte sich über so etwas nie auf, sondern sagte immer, ‘So wird das Problem gelöst’, und fertig.”

Lars schaute später mit viel Dankbarkeit zurück. Ozzy war wohl der freundlichste Headliner, für den Metallica je eröffnen durften: “Er ließ uns auf der Bühne freie Hand und gewährte uns jeden Abend einen Soundcheck. Wir durften unsere Backdrops und kleinen Kreuze vom »Master Of Puppets«-Cover verwenden. Wir spielten beim Soundcheck häufig Black Sabbath-Nummern, in der Hoffnung, daß er mit uns jammen würde, was natürlich nie passierte. Er glaubte wohl, wir würden ihn verarschen, dabei verneigten wir uns vor ihm.”

Auf dieser Tour konnten Metallica Zehntausende von Metal-Heads auf sich aufmerksam machen, die sie sonst vielleicht nie bemerkt hätten. Die Reise begann am 27. März 1986 in Kansas und führte sie durch Oklahoma, Missouri, Michigan, Illinois, Wisconsin, Indiana, Ohio, bevor es für diverse Gigs nach New York, Maryland und Pennsylvania an die Ostküste ging. Am 20. April flog Corinne nach Philadelphia, um die Show in der Spectrum Arena zu sehen. Anschließend hüpfte sie mitsamt der Crew und der Band in den Bus. “Ich war eine Woche mit Metallica auf Tour, als sie im Vorprogramm von Ozzy spielten”, erzählt sie. “Und dann noch mal für zwei Wochen im mittleren Westen auf ihrer eigenen Headliner-Tour. Nach der Show in Philadelphia ging es nach New York City, wo sie einen Tag frei hatten und ich Verwandte besuchte.”

Ich fragte Corinne, wie sie in einem überfüllten Tour-Bus zurechtkam. Immerhin wohnten auch Band und Crew in dem Gefährt, und viele von ihnen hatten seit Tagen keine Dusche gesehen: “Der Bus war okay. Eigentlich war es sogar lustig, weil der gesamte Troß wie Lars’ Techniker Flemming Larsen oder der Tourmanager Bobby Schneider dabei waren. Ein wirklich witziger Kerl, aber immer sehr respektvoll. Außerdem mußten wir keine großen Distanzen überwinden. Es ging zum Beispiel nur von Philadelphia nach New York.

An unserem freien Tag in NYC besuchten wir erst einen Buchladen namens Strand und kauften ein. Anschließend fuhren wir zu einem Club namens Limelight, der in einer umgebauten Kirche untergebracht war. Drinnen war alles voller Neonlichter, und sie spielten nur Techno. Also riefen James, Cliff und ich uns ein Taxi und fuhren zurück in unser Hotel. Die Jungs aus der Band teilten sich immer noch Zimmer, es sei denn, einer von ihnen brachte seine Freundin mit.” Nach einer Woche kehrte Corinne in die relative Normalität der heimatlichen Bay Area zurück. Die Trennungen von Cliff waren hart, wie sie sich erinnert: “Ich vermißte ihn furchtbar, aber es gab ja noch das Telefon. Wir sprachen dauernd, vor und nach den Shows. Ich hatte den Ablaufplan, also wußte ich ungefähr, wann sie im Hotel ankamen oder ein Gig beendet war. Ich besaß unzählige verschiedene Telefonnummern.” Cliff vermißte sie ebenfalls, wie sie sagt: “Als sie in Dänemark waren, um »Master Of Puppets« aufzunehmen, schrieb Cliff mir viele lange Briefe. In einem stand, daß er 18 Dollar für eine Flasche Orangensaft bezahlen mußte, die er für seinen Wodka brauchte.”

Währenddessen setzten Metallica und Ozzy ihre Tour fort. Es ging von New Jersey nach Rhode Island und dann weiter nach Connecticut, Massachusetts, zurück nach New York, North Carolina, Tennessee, Louisiana, Texas, New Mexico, und dann nach Colorado. Unter www.livemetallica.com sind einige Live-Aufnahmen von dieser Tour zu hören. Die Band lieferte jeden Abend eine überzeugende – wenn auch kurze – Show ab, machte aber auch den einen oder anderen Fehler. Selbst Cliff vergriff sich hier und da mal. Doch ihre rauhe Attitüde überwältigte die Fans. Die vier jungen, für gewöhnlich angetrunkenen Musiker spielten zum damaligen Zeitpunkt die schnellste und härteste
Musik auf dem Planeten.

Der Spaß ging abseits der Bühne natürlich weiter, wie sich der Fan Valerie Cordova erinnert. Sie hatte die Band schon zu einem früheren Zeitpunkt getroffen und wartete nun mit einigen Freunden außerhalb des Clubs, als Cliff vorbeikam. “Ich hatte keine Ahnung, wer er war”, sagt sie. “Wir unterhielten uns ein wenig, und schließlich lud er uns Backstage ein. Ich dachte, er würde zur den Technikern gehören. Es war eine große Überraschung, als ich bemerkte, daß er ein Mitglied der Band war. Er war so umgänglich und freundlich.

Außerhalb des Clubs sprach ihn niemand an. Als ich endlich begriffen hatte, daß er der Bassist war, fragte ich ihn, ob er sich vor der Show noch umziehen würde. Schließlich waren wir mitten in den Achtzigern, und ich stand vornehmlich auf diese ganzen Glam-Bands. Doch er meinte nur, ‘Nö, ich sehe immer so aus.’” Als Metallica im Rahmen der Ozzy-Tour wieder nach Denver kamen, erhielt Valerie eine Einladung, um mit der Band nach der Show hinter der Bühne zu feiern. Sie erinnert sich: “Cliff war ein völlig normaler Typ ohne Allüren.

Gemeinsam mit einem Freund fuhr ich noch in ihr Hotel, vergaß unterwegs aber die Zimmernummer, die er mir gegeben hatte. Ich konnte mich nur noch an die Etage erinnern, also rief ich alle Zimmer auf dem Flur an. Als erstes landete ich im Zimmer von Lars und fragte nach Cliff. Er meinte nur, daß er nicht dort sei und ich die anderen tausend Zimmer des Hotels durchprobieren solle. Dann legte er auf. Er hatte zwar nicht seinen Namen genannt, aber anhand des Akzentes erkannte ich ihn. Kurz darauf erwischte ich Cliffs Zimmer.”

Als Valerie und ihr Kumpel auf der Party erschienen, war die schon in vollem Gange: “Im Raum waren viele betrunkene Leute. Sie warfen irgendwelche Dekorationsgegenstände aus Keramik aus dem Fenster und fotografierten es. Lars kam kurz nach uns ins Zimmer, und ich meinte zu ihm, ‘Hey, du hast mich eben abgewürgt.’ Er lachte verlegen und meinte nur, daß er nicht gewußt hätte, wer am Apparat sei.

„METALLICAS CLIFF BURTON: LEBEN UND TOD EINER LEGENDE: TO LIVE IS TO DIE“ erscheint am 28. Februar 2011 über I. P. Verlag Jeske/Mader, wird 256 Seiten umfassen und 19,90 Euro kosten.

teilen
twittern
mailen
teilen
Grammy Awards: Metallica, Judas Priest & Gojira nominiert

Am vergangenen Freitag hat die US-amerikanische Recording Academy die Nominierungen für die nächsten Grammy Awards bekanntgegeben. Die Verleihung des renommiertesten Musikpreises des Planeten steigt am 2. Februar 2025 in der Crypto.com Arena in Los Angeles. Übertragen wird die Zeremonie unter anderem beim Streaming-Anbieter Paramount+. Hoffnung darauf, eine Trophäe bei den Grammy Awards mit nach Hause nehmen zu können, dürfen sich auch ein paar Bands machen, die harten Klängen frönen. Kandidaten in der Kategorie "Best Metal Performance" sind Metallica, Judas Priest, Knocked Loose, Spiritbox sowie Gojira mit ihrer Live-Darbietung im Rahmen der Eröffnungsfeier der diesjährigen Olympischen Spiele in Paris. Die nominierten…
Weiterlesen
Zur Startseite