Die Sonne scheint, das Bier schmeckt und am darauffolgenden Tag ist auch noch Feiertag – Vatertag oder gemeinhin auch Männertag um genau zu sein. Warum also nicht einfach in den Feiertag mit einer ordentlichen Portion Humppa-Metal reinfeiern? Die Rahmenbedingungen für den heutigen Ginntroll-Gig im Berliner K17 könnten nicht besser sein.
Bei Ankunft im Innenhof des Clubs bietet sich dann auch ein angenehm vertrautes Bild: Das Feuer brennt, es wird gegrillt und bei den angenehmen Temperaturen kommt fast schon gemütliche Biergarten-Atmosphäre auf, weshalb die meisten der anwesenden Metalheads den Auftritt der Hamburger Killfloor Mechanic verpennen. Auf dem Flyer, der an diesem Abend übrigens als Abendkassen-Ticket dient (wtf?), wird die Formation gemeinhin mit Extreme Folk Metal angepriesen, bereits nach den ersten Tönen sollte sich diese Einordnung aber eher als Nonsens erweisen. Vielmehr wird hier solider Melodic Death mit modernem Anstrich gezockt, der zwar noch etwas schüchtern performt wird, aus musikalischer Sicht allerdings durchaus seinen Reiz hat. Für eine Band, die erst 2011 ins Leben gerufen wurde, gibt es da sicherlich nichts zu meckern. Mehr als ein Höflichkeitsapplaus sollte an diesem Abend aber dennoch nicht drin sein.
Wenig später nehmen die Skandinavier das K17 vollkommen für sich ein. Den Anfang machen die norwegischen Keep Of Kalessin, zu deren Intro sich der Laden langsam aber sicher füllt. Mit ‘Kolossus’ gibt das Trio dann sofort Vollgas, was bei den ständigen Besetzungswechseln der letzten Jahre und dem Imagewechsel von Black Metal hin zu Epic Extreme Metal keine Selbstverständlichkeit ist. Live präsentiert sich die Truppe allerdings weniger episch, sondern von einer angenehm kalten und rohen Seite, die eher an alte Emperor erinnert als an moderne Extreme-Konsorten wie Behemoth.
Wirklich extrem hingegen ist die Leistung des erst kurz vor der Tour eingesprungenen 19-jährigen Schlagzeugers, der seine Felle mit einer erbarmungslosen Präzision malträtiert, das einem allein schon beim Zusehen schwindelig wird. Gitarrist/Sänger Arnt Ove “Obsidian Claw” Gronbech und Basser Robin “Wizziac” komplettieren die norwegische Raserei mit aggressiven Riffkaskaden und röhrendem Tieftongewitter. Die Setlist ist hauptsächlich mit Songs der letzten Platte REPTILIAN bestückt, die von ‘Introspection’ der gleichnamigen EP und dem ein oder anderen Song von KOLOSSUS aufgelockert wird. Alles in allem eine beachtliche Darbietung, die auch beim Publikum Anklang findet. Irgendwie wird man allerdings das Gefühl nicht los, dass sich die Menge noch etwas zurückhält, bis die Headliner endlich die Bühne stürmen.
Den Gefallen tun Finntroll den Berlinern dann nach einer gut 20-minütigen Umbaupause auch. ‘Mordminnen’ der neuen Langgrille BLODSVEPT gibt den Startschuss für eine anderthalbstündige Achterbahnfahrt durch die Bandgeschichte. Ähnlich den aktuellen Promofotos, bestreiten die Finnen voll kostümiert und mit Trollohren behangen den Abend. Und ja verdammt, wenn ich mir schon so einen Namen verpasse, dann liegt es eben auch nahe sich seinen Fans so zu präsentieren. Optisch machen die Humppa-Könige also alles richtig und können dadurch auch ihr eher mageres Stageacting, für das sie aber sowieso nie wirklich bekannt waren, wettmachen.
Glücklicherweise hat die sichtlich gut aufgelegte Bande auch noch Musik im Gepäck und in diesem Punkt macht dem Sextett so schnell keiner was vor. Finntroll verstehen es wie keine andere Band, düstere Black Metal-Elemente so gekonnt mit tanzbaren Folk- und Humppa-Melodien verschmelzen zu lassen. Verschleißerscheinungen machen sich da auch nach über 15 Jahren Bandbestehen nicht bemerkbar. Die Songauswahl durfte vorab sogar von den Fans mitbestimmt werden, über fehlende Lieblinge darf sich heute also niemand beschweren. Der Fokus liegt natürlich wie zu erwarten auf dem aktuellen BLODSVEPT, das mit ganzen sieben Stücken beworben wird, sich aber äußert stimmig in den restlichen Bandkatalog einfügt und live erst so richtig zündet. Klassiker wie ‘Midnattens Widunder’, ‘Slaget Vid Blodsälv’ oder ‘Nattfödd’ dürfen aber natürlich genauso wenig fehlen.
Keine Frage, Finntroll-Songs werden eben geschrieben, um sie vor feierwütiger Meute zu zelebrieren und mittlerweile gleicht das K17 auch einer solch ausgelassenen Party mit reichlich Bier und guter Laune. Leider ist Zeit im Rausch der Gefühle erbarmungslos relativ und so ziehen neue Kracher (‘Ett Folk Förbannat’), angeschwärzte Alteisen (‘Svartberg’) oder Partyhymnen (‘Under Bergets Rot’) wie im Flug vorbei. Als Zugabe werden dann noch die obligatorischen Überhits ‘Trollhammaren’ und ‘Jaktens Tid’ auf die Schar abgefeuert bevor endgültig Schicht im Schacht ist. Als alleinige Herrscher ihres Genres wissen Finntroll eben nach wie vor, wie man eine fette Fete schmeißt.
Die Fotos in der Galerie oben entstammen dem Konzert in Köln vom 11.05.2013.
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