Mehr und mehr Menschen infizieren sich tagtäglich mit dem Virus, das unsere Welt seit Monaten in Atem hält. Je steiler die Kurven in die Höhe schossen, desto wichtiger wurde: Abstand. Politikerinnen mahnen uns: wahrt Distanz, von knittrigen Plakaten tönt es: 1,5 Meter mindestens. Was Menschen hingegen für ihre seelische Gesundheit brauchen, ist das komplette Gegenteil: Nähe.
Seit einigen Tagen befindet sich Deutschland im zweiten Lockdown. An Nähe zu anderen Personen, außer denen des eigenen Haushalts, ist nicht zu denken. Viele fühlen sich erneut einsam, andere wurden selbiges Gefühl in der Zwischenzeit gar nicht erst los. Folgende Songs fangen jene Emotion, die in diesen Tagen so viele quält, beispiellos ein.
Long Distance Calling: Immunity
Allein aufgrund ihres ausgesprochen passenden Band-Namens verdienen es Long Distance Calling, in diesen Beitrag aufgenommen zu werden. Doch auch ihr zuletzt veröffentlichtes Album HOW DO WE WANT TO LIVE? trifft hiesiges Thema, vor allem aber den Nerv der Zeit. Auf ihrem aktuellen Langspieler behandelt die Band das ambivalente Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt, Mensch und Technologie. Dementsprechend fasst das Video zu ‘Immunity’ nicht nur die Ereignisse der vergangenen Monate – Grund unserer Isolation – eindrücklich in postapokalyptischen Bildern zusammen, auch schlussfolgern Long Distance Calling: „For some diseases technology might be the cure. For others it is misused as an incubator.“
System Of A Down: Such A Lonely Day
Eines haben wohl die meisten in den vergangenen Monaten erlebt: viele einsame, ereignislose Stunden. System Of A Down veröffentlichten mit dem Song ‘Lonely Day’ schon im Jahr 2005 den idealen Soundtrack für genau solche Tage. Er erschien im Rahmen ihres Langspielers HYPNOTIZE und ist Daron Malakians Cousin gewidmet, der in einem Feuer sein Leben verlor. Deshalb brennen im Video wohl auch überall Gegenstände – doch keiner nimmt dies wahr. Stattdessen steht die Einsamkeit der Passanten – und der Band – im Vordergrund der Geschichte.
Dream Theater: I Need To See Your Face To Keep Me Sane
Für viele Paare, die in Fernbeziehungen leben, gleichen die vergangenen und aktuellen Reisebeschränkungen einem Schlag ins Gesicht. Besonders jene, die in zweierlei Ländern, gar auf verschiedenen Kontinenten leben, leiden unter der langen Distanz zum Partner. Die Ungewissheit, wann die Maßnahmen gelockert und die Partnerin endlich wieder in die Arme geschlossen werden kann, ist groß. Die Sehnsucht ebenfalls. Dream Theaters ‘Endless Sacrifice’ bringt die komplexe Gefühlswelt einer fernverliebten Person auf den Punkt.
Candlemass: I’m Sitting Here Alone In Darkness
Die Corona-Krise stellt für viele Menschen eine große Herausforderung in beispielsweise familiärer, beruflicher und psychischer Hinsicht dar. Das spiegelt sich unter anderem in den gestiegenen Anrufen bei der Telefonseelsorge wider. Im Vergleich zu vor der Pandemie rufen dort nämlich 25 Prozent mehr Menschen an. Viele erzählen von ihren Existenzängsten, fühlen sich einsam oder trauern. Und tatsächlich: Studien zeigen, dass seit der COVID-19-Pandemie deutlich mehr Menschen unter Depressionen leiden als zuvor. ‘Solitude’ von Candlemass beschäftigt sich mit dieser schweren – häufig unterschätzten – Krankheit.
Lamb Of God: Walk With Me In Hell
Auf den ersten Blick mag aufgrund von Zeilen wie „Pray for blood“ und „Hope dies in hands of believers“ nicht unbedingt ersichtlich sein, dass Lamb Of Gods ‘Walk With Me In Hell’ im Kern ein Liebeslied ist. Oder aber ein Song, der mit Zeilen wie „Take hold of my hand/ For you are no longer alone/ Walk with me in hell“ ausdrücken will: Allein seid ihr nicht.
Wenn ihr euch einsam fühlt, unter Existenzängsten leidet oder jemanden zum Reden braucht, steht euch die Telefonseelsorge zur Seite.