Alle Alben des Monats 2013: Reviews und Übersicht der Besten
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1 von 13Lest die Reviews zu allen Alben des Monats 2013 >>>
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2 von 13METAL HAMMER-Ausgabe 01/2013 Saturnus Saturn In Ascension Doom Das Schönste an den Winterausgaben ist, dass aufgrund der geringen Veröffentlichungsdichte auch mal Bands, die nicht zu den üblichen Siegverdächtigen zählen, eine Chance auf den Soundcheck-Gewinn haben. Der Sieg von Saturnus ist jedoch nicht allein darauf zurückzuführen, dass die Konkurrenz vergleichsweise schwach ist. Nein, die Dänen haben sich ihr Gold redlich verdient. Denn beim Hören dieser intensiven, kraftvollen Death Doom-Platte stellt sich bei mir eine Gänsehaut ein – und die ist nicht bibbernder, sondern durchweg wohliger Natur. Und ich frage mich: Wie schafft es eine Band, ein solches Album im Sommer einzuspielen? Denn während wir uns jetzt, inmitten der Frostzeit, darüber freuen können, dass jemand den perfekten Soundtrack zum grimmigen Eiswetter gezimmert hat, mussten Saturnus die warmen Monate damit verbringen, sich bei strahlendem Sonnenschein in Moll-Laune zu versetzen. Dass den Dänen dieses Kunststück gelungen ist, beweisen zwei Dinge. Erstens: Wir haben es hier, etwas anderes ist nach über zwanzig Jahren Karriere auch nicht zu erwarten, mit echten Profis zu tun. Und, viel wichtiger: Sie meinen es verdammt ernst. Dies sorgt dafür, dass SATURN IN ASCENSION nicht bloß ein Manifest der Tristesse ist – Saturnus lassen ihr Death Doom-Grau in den unterschiedlichsten Klangfarben schillern. Die Akustikballade ‘A Lonely Passage’ etwa demonstriert Zerbrechlichkeit in ihrer pursten Form, während ‘Forest Of Insomnia’ wie ein Lavastrom alles Menschliche zermalmt. Herzstück des Albums ist jedoch ‘Between’, ein elfminütiges Epos, das alle Emotionen, die SATURN IN ASCENSION hervorruft, noch einmal verdichtet auf den Punkt bringt: Verzweiflung, Einsamkeit, Trauer und auch Wut. Dass keines der vier Gefühle die Oberhand gewinnt und damit den Hörer niedergeschlagen zurücklässt, sondern man sich nach diesen 77 aufwühlenden Minuten sogar in gelöster Stimmung von seinem Platz erheben kann und einen Funken Hoffnung in sich trägt, ist sicher mit das schönste Kompliment, das man dieser Art von Musik machen kann. Petra SchurerFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
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3 von 13METAL HAMMER-Ausgabe 02/2013 Audrey Horne Youngblood Rock Das Intro: Judas Priest. Der Song: Iron Maiden, blubbernder Bass inklusive. In den ersten vier Minuten und 44 Sekunden fragt man sich, ob eine digitalisierte Fehlpressung auf dem Rechner gelandet ist. Man wusste ja, dass Audrey Horne trotz ihrer modernen, leicht alternativen Ausrichtung immer schon die Ikonen der Rock- und Metal-Szene zum Vorbild hatten – nur hörte man das noch nie so stark wie auf YOUNGBLOOD. Aus heutiger Sicht deuteten die ersten drei Alben NO HAY BANDA (2005), LE FOL (2008) und AUDREY HORNE (2010) nur an, worauf die Norweger eigentlich hinaus wollen: nämlich das Ortsschild namens „Classic Rock“ passieren. Okay, das möchten viele. Aber kaum jemandem ist das in der Vergangenheit so schlüssig und unwiderstehlich leger gelungen wie Audrey Horne. Das spielerische Element, die Leichtigkeit, mit der das Quintett durch die sechziger, siebziger und achtziger Jahre düst und dabei noch aufsehenerregende Melodielinien im Gepäck hat, ist außergewöhnlich. Der bereits erwähnte Opener ‘Redemption Blues’ stellt somit nur den Startschuss für eine äußerst angenehme Reise in die Vergangenheit dar. In 44 Minuten werden dabei sowohl Thin Lizzy (‘Straight Into Your Grave’), D-A-D (‘There Goes A Lady’), Siebziger-Priest (‘Show And Tell’), Kiss (‘Cards With The Devil’) und die Orientnote von Led Zeppelin (‘The Open Sea’) passiert. Zudem orgelt es an allen Ecken und Enden. Für solch einen klassischen Bausatz bedarf es einer luftig-erdigen, aber trotzdem druckvollen Produktion: Auch das bietet YOUNGBLOOD. Das Material wirkt lebendig, bietet viele Freiräume und ist trotzdem hart. Bei dieser Geschmackssicherheit fragt man sich allerdings, wie ein derart grässliches Cover die innerbetrieblichen Kontrollinstanzen passieren konnte. Dafür erntest du nicht mal im Kunstunterricht der Anonymen Kurzsichtigen Applaus. Aber gut, das Auge hört ja nicht mit. Und Neues wird man außer ein paar netten Gimmicks (Kastagnetten, Flamenco-Klatschen) auf YOUNGBLOOD auch nicht entdecken. Überraschungen sind bei dieser Ausrichtung von vornherein ausgeschlossen. Freunde des Hartgesottenen könnten Audrey Horne außerdem ankreiden, in der aktuellen Version zu faserig und wenig zwingend zu wirken. Alle anderen freuen sich jedoch über eine Scheibe, die locker und luftig mit dem Erbe der Legenden spielt. Und das gelingt YOUNGBLOOD fantastisch. Es ist risikoreich, gleich im Januar damit zu spielen, aber: Audrey Horne dürfte bei Rockfans zumindest zum erweiterten Kandidatenkreis gehören, wenn es darum geht, die Top Ten 2013 zu erstellen. Matthias WeckmannFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
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4 von 13METAL HAMMER-Ausgabe März 2013 Soilwork The Living Infinite Melodic Death Metal Während ihre einstigen (Sound-)Kollegen von In Flames jedes Jahr an Popularität dazugewinnen und immer größer werden, ging es für Soilwork in den letzten Jahren spürbar nach unten auf der Erfolgsleiter. Ob ein Doppelalbum hilfreich ist, um das Ruder herumzureißen, ist mit Skepsis zu betrachten. Umso erstaunlicher mutet die Tatsache an, dass sich die Schweden einen Scheiß um alles scheren und munter drauflosmusizieren. Bereits der Opener ‘Spectrum Of Eternity’ glänzt als fulminanter Beginn mit infernalischer Härte und ordentlich Blast-Passagen. Den harten Stücken stehen einige elegische Nummern wie das sehr abwechslungsreiche ‘Tongue’ gegenüber. Insgesamt befinden sich auf CD eins viele schnelle Songs, die echte melodische Göteborg-Härte atmen. Eine Sache hat im Hause Soilwork nach wie vor Bestand: Björn „Speed“ Strid ist ein guter Sänger, vielmehr noch hat er aber seit jeher ein gutes Händchen für hervorragende Gesangs-Arrangements, welche im Umkehrschluss die Hooklines bilden. Das Titelstück ist in zwei Parts aufgesplittet. Der erste Teil ist eher midtempo bis langsam und melodisch. Ebenso gestaltet sich auch der zweite Teil, der insgesamt aber noch einen leichten Hauch mehr an Härte und Aggressivität vorweist. Repräsentativ für das gesamte Werk sind die „beiden“ Titelstücke aber nicht. CD zwei startet mit dem düster-apokalyptischen Instrumental ‘Entering Aeons’, das synonym für die zweite Hälfte des Albums steht, welche insgesamt weniger aggressiv und deutlich melodiöser klingt. Allerdings gibt es mit ‘Leech’ auch eine schnelle und harte Nummer zu finden. Natürlich könnte man gewinnbringend argumentieren, dass ein Album mit zwölf Stücken gereicht hätte, aber bei den insgesamt zwanzig THE LIVING INFINITE-Songs gibt es keinen richtigen Ausfall und auch nur zwei bis drei „solide“ Nummern. Der Rest ist hohe Kompositionskunst, obwohl die zweite Scheibe im Vergleich zur ersten abfällt. Alles in allem ein starkes „Wir sind immer noch am Leben“-Ausrufezeichen der Helsingborger. Dass die Burschen „quasi aus dem Nichts heraus“ hiermit auch den weltberühmten METAL HAMMER-Soundcheck mit einem mehr als beachtlichen Schnitt von 5,13 für sich entscheiden und dabei Favoriten wie Long Distance Calling, Saxon oder Pothead auf die Plätze verweisen, grenzt schon an eine Sensation. Fazit: Qualität setzt sich eben nach wie vor durch. Wenn das kein Grund zum Jubeln ist. Anzo SadoniFoto: Soilwork. All rights reserved.
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5 von 13METAL HAMMER-Ausgabe 04/2013 Hypocrisy End Of Disclosure Death Metal Peter Tägtgren gilt als eine der ambitioniertesten und angesehensten Persönlichkeiten der Metal-Welt. Im Moment ist der Workaholic nahezu überpräsent: Im Winter tourte er mit seiner Zweit-Band Pain auf der „Into Darkness“-Tour mit Moonspell einmal quer durch Europa und produzierte quasi nebenbei das neue Amorphis-Album, zu dem er nach Aussage der Band wichtige Impulse beisteuerte. Trotz alledem blieb dem schwedischen Meister offenbar genug Zeit und Muße, neun deftige Death Metal-Songs für das neue Hypocrisy-Werk END OF DISCLOSURE zu schreiben und aufzunehmen. Das 14. Studioalbum der Schweden birgt – mit Ausnahme einer leichten stimmlichen Veränderung, die Tägtgren gut zu Gesicht steht – keine besonderen klanglichen Neuerungen oder große Überraschungen, weiß aber dennoch zu überzeugen. Dies ist nicht zuletzt den eingängigen und packenden drei Einstiegsstücken geschuldet: Der hymnische Titel-Track, das aggressive ‘Tales Of Thy Spineless’ sowie das stürmische ‘The Eye’ wüten sich vom ersten Durchgang an angenehm penetrant ins Hirn und verbleiben in bester Ohrwurmmanier auch dort. Nach einem etwas blasseren Song explodiert mit ‘44 Double Zero’ wieder eine neue Hassbombe, die sich mit der tödlichen Kombination aus dem kryptischen Zahlencode im Refrain und der krächzenden Stimme Tägtgrens erneut ins Gedächtnis schraubt. Um für klangliche Abwechslung zu sorgen, legen die Schweden mit ‘Hell Is Where I Stay’ ein langsames, wütend über den erdigen Boden stampfendes Monstrum nach, das den Hörer mit seiner Schwere gnadenlos umwalzt. Jeder weitere Hördurchgang macht es nur noch deutlicher: Tägtgren und seine Mannen wirken auch im Jahre 2013 kein bisschen müde, sondern sorgen nach wie vor für Hits mit hohem Ohrwurmpotenzial. Und sie machen immer weiter: Bereits ab Ende März gehen Hypocrisy mit dem neuen Material auf Tour, denn – wie eingangs erwähnt – Peter Tägtgren ist ein rastloser Workaholic wie aus einer anderen Welt. Solange diese Charaktereigenschaft jedoch weiterhin für solch gelungene Alben wie END OF DISCLOSURE sorgt, kann das seinem Publikum nur recht sein. Katrin Riedl
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6 von 13METAL HAMMER-Ausgabe 05/2013 Amorphis Circle Melodic Death Metal Dieser Soundcheck-Gewinn von Amorphis ist nur mit einem Wort zu beschreiben: Dominanz. Welche Band hat es bisher in der Soundcheck-Historie denn schon geschafft, mit vier ihrer letzten fünf Alben auf den Thron zu knallen (SKYFORGER errang 2009 hinter Heaven And Hell „nur“ Platz zwei)? Seit dem Neustart 2005 mit Sänger Tomi Joutsen (wie bei AC/DC wird er wohl für viele alte Fans immer „der Neue“ bleiben) liegen sich Kritiker und Fans in den Armen. Zu Recht. Keine zweite Band schafft die Symbiose aus melodischem Death Metal und Folklore in solch perfekter Harmonie. Während die meisten der Neunziger Jahre-Helden längst kleinere Brötchen backen, und, wenn überhaupt, nur noch mit kompletten Aufführungen diverser legendärer Platten von sich reden machen, jagen Amorphis ein großes Album nach dem nächsten raus. Der erfolgreiche Vorgänger THE BEGINNING OF TIMES wurde unter anderem wegen fehlender Weiterentwicklung kritisiert. Zum Glück sahen die Finnen das ähnlich und sprengten für CIRCLE endlich die eigenen Fesseln. Kalevala-Lyrics? Raus! Schmacht-Rock? Weg damit! Gleich der Opener ‘Shades Of Gray’ verdeutlicht: Amorphis 2013 wollen raus aus der Kuschelrock-Ecke. Die Gitarren dürfen ruhig knarzen und die Keyboards etwas leiser durch die finnischen Wälder rauschen. Eine Ursache des raueren Umgangstons hört sicher auf den Namen Peter Tägtgren, der quasi im Vorbeigehen, neben einem neuen Hypocrisy-Album, auch noch CIRCLE produzierte. Musikalisch hat der Workaholic ebenfalls Einfluss genommen. Denn trotz aller neu gewonnenen Härte: Ob ein Song wie ‘Mission’ ohne Peters Sabaton-Ausflug (‘Gott mit uns’) auch so poppig geraten wäre? Nein, derart ungestüm und wild wie in den Anfangstagen werden Amorphis wohl nie mehr klingen. Warum auch? Die Finnen haben längst ihr eigenes Genre geschaffen und sich einen Wiedererkennungswert erspielt, der nur den ganz Großen der Szene vorbehalten ist. Das schönste an CIRCLE: Innerhalb der Redaktion herrscht Einigkeit über die große Qualität des Albums (selbst Eisen-Anz gibt fünf Punkte), aber Uneinigkeit darüber, welcher Song der beste auf CIRCLE ist: ‘Mission’, ‘Hopeless Days’ – oder doch ‘A New Day’? Niemals haben derartige Diskussionen mehr Freude gemacht. Diese Dominanz darf noch ewig anhalten. Metaller der Welt – verneigt euch vor dieser Band. Enrico AhligFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
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7 von 13METAL HAMMER-Ausgabe 06/2013 Dark Tranquillity Construct Melodic Death Metal CONSTRUCT ist eines jener Werke, die es schwer haben: Mit der Veröffentlichung des Überalbums WE ARE THE VOID war es Dark Tranquillity 2010 schlussendlich gelungen, ihre ureigene Melodic Death Metal-Melange zwischen gellender Aggressivität und dieser einzigartig verzaubernden Melancholie in vollendeter Perfektion zu manifestieren – und dabei trotzdem nicht auf neue klangliche Ansätze zu verzichten. Was also soll CONSTRUCT noch zu bieten haben? Zunächst mit ‘For Broken Words’ einen unheilvollen, hymnischen Beginn, der hörbar die epischen Züge des Vorgängers mit sich trägt, aber nicht daran heranreicht. Dies ändert sich mit dem ohrwurmverdächtigen Track ‘The Science Of Noise’, der den Hörer erst mit treibender Melodie einfängt und dann in stetigem Kopfnicken (inklusive zufriedenem Lächeln) gefangen hält. Hier zeigt sich einmal mehr die überragende Balancefähigkeit der Schweden, die scheinbar mühelos den schmalen Grat zwischen epischen Melodien und den zwingenden Riffs der Göteborger Schule meistern. In Perfektion lassen sich Letztere in den stürmisch-überwältigenden Gänsehautnummern ‘The Silence In Between’ und ‘Apathetic’ finden: Hinsichtlich Brachialität, Schnelligkeit und verpflichtender Refrains wird nahtlos an alte Großtaten angeknüpft. Wer Dark Tranquillity dagegen mit einem Hauch Gothic und Keyboard-Akzenten hören möchte, kommt bei Stücken wie ‘Uniformity’, ‘What Only You Know’ oder ‘State Of Trust’ auf seine Kosten. Hier präsentiert Frontmann Mikael Stanne seine sanftmütige, klare Stimme und sorgt für genau die emotionale, deprimierende Tragik, welche das Image seiner Band ausmacht. Mit Details wie diesen gelingt es Dark Tranquillity, ihre Besonderheit und ihren Stellenwert in der Göteborger Szene fest zu untermauern und sich wieder ein Stückchen an den Status der benachbarten Bands und Freunde von In Flames, At The Gates und Soilwork heranzupirschen. Nur eben in kleinen Schritten, wie es bei Stanne, Sundin und Co. seit jeher der Fall war. Es mag diesmal etwas schwerer sein, sich in das neue Material hineinzuhören – aber gibt man CONSTRUCT Zeit, so entfaltet sich ein tief gehendes wie überzeugendes Werk, das sich nicht nur mit seinem Vorgänger messen lassen kann, sondern diesen stellenweise sogar noch übertrumpft. Katrin RiedlFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
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8 von 13METAL HAMMER 07/2013 Amon Amarth Deceiver Of The Gods Death Metal Als bekannt wurde, dass Sound-Guru Andy Sneap (unter anderem Kreator, Machine Head, Arch Enemy) sich des Sounds für den SURTUR RISING-Nachfolger annehmen würde, haben nicht wenige geunkt, dass das neue Material eine deutlichere Thrash-Kante besitzen würde. Die vorab veröffentlichte „Single“ – das Titelstück – untermauerte diese These noch. Doch DECEIVER OF THE GODS ist alles andere als ein Thrash-Album, sondern erneut ein unverkennbares Amon Amarth-Werk, das alle Stärken der Band bündelt und sogar noch die ein oder andere Überraschung parat hält. Neben dem bereits erwähnten Titelstück, das schon jetzt als eine d-e-r Hymnen 2013 in die Annalen eingehen dürfte, sind es ganz besonders die ersten vier Stücke (Chef Olavi Mikkonen redet gar von vier Singles), die DECEIVER OF THE GODS mit „dezentem“ Suchtfaktor ausstatten. Das harte ‘As Loke Falls’ steht musikalisch höchst konträr zum klassischen ‘Father Of The Wolf’, welches am Ende sogar in edelste Power Metal-Gefilde marschiert. Und ‘Shape Shifter’ ist (zusammen mit ‘Blood Eagle’) einer der härtesten Banger auf Album Nummer neun. Das schwere, atmosphärische und sogar leicht „angeproggte“ ‘Hel’ krönt die Band zusammen mit der ehemaligen Candlemass-Legende Messiah Marcolin, der – wie zu erwarten war – eine starke Leistung abliefert. Diese Art der Aufzählung könnte man für jeden einzelnen Song durchführen. Wichtig ist im Kontext von DECEIVER OF THE GODS aber, dass Amon Amarth ihren Status, auf diesem Planeten die einzige Band zu sein, welche melodischen Death Metal mit klassischem Heavy Metal problemlos zu verknüpfen imstande ist, eindrucksvoll untermauert. Mir persönlich gefällt im direkten Vergleich die Direktheit des Vorgängers SURTUR RISING (2011) einen Tick besser: Der mächtige Riese mit dem unbarmherzigen Feuerschwert springt einen direkt an, während man die musikalischen Erzählungen über Loki bei mehreren Durchläufen entdecken muss. Am Ende des Tages bleibt mit DECEIVER OF THE GODS ein Amon Amarth-Album, auf dem sich das schwedische Quintett nach wie vor treu bleibt aber dennoch fähig zeigt, neue Wege zu beschreiten. Und das mit einer Qualität, die mittlerweile wenig Konkurrenz hat. Ein nicht unerwarteter, aber höchst verdienter Soundcheck-Sieg, denn diesen Monat kann dem DECEIVER OF THE GODS niemand den Met reichen. Anzo SadoniFoto: Amon Amarth. All rights reserved.
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9 von 13METAL HAMMER 08/2013 Powerwolf Preachers Of The Night Power Metal „Werte Gemeinde! Wir sind heute zusammengekommen, um ein wenig Spaß zu haben...“ – Diese Ansage, die jeder Powerwolf-Jünger von den intensiven Liveshows der saarländischen Heavy Metal-Prediger kennt, könnte gut und gerne auch deren neues Opus PREACHERS OF THE NIGHT eröffnen. Denn das, was der Wolf auf seinem fünften Album (innerhalb von nur neun Jahren) fabriziert hat, kann sich mehr als hören lassen: Das Dreiergespann ‘Amen & Attack’, ‘Secrets Of The Sacristy’ und ‘Coleus Sanctus’ versetzt den Hörer gleich zu Beginn in überschäumende Euphorie. Das getragene, deutsch-lateinische ‘Kreuzfeuer’ bringt Abwechslung, Erhabenheit sowie einen interessanten Groove ins Spiel, und mit dem unfassbaren Über-Hit ‘Nochnoi Dozor’ haben sich die Wölfe schlichtweg selbst übertroffen. Überhaupt: Diese Geschwindigkeit! Welch unbändige Härte! Diese verdammten Ohrwürmer... All das steht dem quirligen Quintett aus dem Westen bestens zu Gesicht und ermöglicht dem Rudel das scheinbar Unmögliche – nämlich eine Weiterentwicklung um neue Facetten, ohne die eigene Nische zu verlassen. Auch thematisch wagen sich Powerwolf nicht allzu weit aus ihrem bekannten Revier heraus, sondern vertrauen weiterhin auf die wirkungsvolle und durchschlagende Mischung aus Heavy Metal, dem Geifern nach frischem Blut und historischen Geschichten im Schnittpunkt von Religion und Ketzerei. Auch hinsichtlich Artwork und Promobildern wurde sorgfältig in diese Richtung gearbeitet und das Image von Powerwolf weiter gestärkt. Ganz ehrlich: Wer eine so gute, verlässliche und ureigene Schublade besetzt, muss sich nicht vorwerfen lassen, in dieser zu verharren. Zumal sich das neue Material gerade bei der Live-Darbietung in einer der berühmt-berüchtigten heiligen Messen nicht nur aufgrund seiner ungezügelten Geschwindigkeit als äußerst wirkungsvoll herausstellen wird. Sollte Leitwolf Attila Dorn dann wieder mit der altbekannten Frage „Hattet ihr Spaß?“ aufwarten, steht die Antwort ganz gewiss jetzt schon fest. Katrin RiedlFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
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10 von 13METAL HAMMER 09/2013 Avenged Sevenfold Hail To The King Alternative Metal Sechs Scheiben haben die Kalifornier gebraucht, um hier anzukommen. Versuchten sich die ersten beiden Alben noch an ungehobeltem Metalcore-Underground-Sound, fand mit dem stattlichen CITY OF EVIL (2005) ein Stimmungswechsel statt und die Band ihre tatsächliche Berufung in Heroen-Aufbereitung. Metallica, Maiden, Guns N’ Roses – hey, selbst ein progressiver Dream Theater-Touch hatte Platz im erweiterten Pastiche-Profil. Eine sehr begrüßenswerte Entwicklung, die in den USA mit stetig steigenden Verkaufszahlen und selbst nach dem Tod von Schlagzeuger und Songwriter James Owen „The Rev“ Sullivan im posthumen Paradebeispiel NIGHTMARE (mit Mike Portnoy an den Drums) ihre bisherige Formvollendung sah. Neues Kapitel: HAIL TO THE KING. Mit läutenden Intro-Glocken wie neuem Trommler geht es auf transatlantischen Sturmkurs. Stromlinienförmig haben A7X, so nennt sie der Fan, große Teile des verspielteren, vielschichtigeren Ballasts (?) über Bord geschmissen. Beziehungsweise auf ein knackig-kompaktes Mindestmaß reduziert, um sich primär zwischen Metal-Mainstream nach Metallica (mehr) und Achtziger-Maiden (weniger) zu positionieren. Schon das Titelstück ist mit seinen malmsteen’schen Klassikläufen, den marschierenden Shouts und seiner Refrain-Dramaturgie künftiges Stadionfutter par excellence. Während ‘Doing Time’ als letztes Relikt noch USE YOUR ILLUSION-Charme aufkommen lässt, zeigen ‘This Means War’ und ‘Crimson Day’ unverblümt, welche übergroße, unbunte Veröffentlichung unter „M“ (wie Metal-Meilenstein der Neunziger) gnadenlos angepeilt wird. Richtig, Metallicas schwarzes Album trieft hier als Überreferenz von Songwriting bis Sound aus jeder Pore (obwohl ‘Coming Home’ vielleicht lieber ein 7TH SON-Ära-B-Seitenspross wäre). Daher stammt wohl auch der Verwurf des ursprünglich intendierten Zweitklässler-Comic-Covers zugunsten einer neuen schwarzen Schlichtheit. Kurzum, A7X haben es geschafft, die Essenz der metallischen Massentauglichkeit mit nur den besten geborgten Metal-Klassiker-Zutaten für das neue Millennium zu destillieren, in eine schlüssige, modern aufgemotzte Platte zu gießen und damit komfortabel konsensfähig zu punkten. Das ist zwar nicht immer sonderlich imaginativ, aber durchaus effektiv und mit entsprechender Anbiederungs-Akzeptanz sogar fast durchgehend dringlich. Wenn weiterhin alles nach Plan verläuft, dürfte sich das alte beziehungsweise junge Europa mit dem kleinen Schwarzen als erobert wähnen. Und frühere Fans dürfen analog darüber meckern, wie viel besser doch die Platten davor waren. Frank Thießies
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11 von 13METAL HAMMER 10/2013 Carcass Surgical Steel Death Metal Comeback-Platten sind ein zweischneidiges Schwert: Man freut sich darauf, endlich wieder frisches Material seiner Helden zu hören, doch zugleich hat man Angst, dass die Band nicht mehr an alte Glanzzeiten anschließen kann. Bei Carcass können Fans jedoch erleichtert aufatmen: Die Operation Reunion-Album ist rundum gelungen. Der englische Patient ist nicht nur am Leben, sondern auch in Bestform. Carcass sind jetzt in der Besetzung Jeff Walker (Gesang, Bass) und Bill Steer (Gitarre) plus Unterstützung durch die Trigger The Bloodsheds Daniel Wilding (Drums) und Ben Ash (Live-Gitarre) aktiv, wobei Walker und Steer den harten Songwriting-Kern bilden. Ken Owen, der ehemalige Schlagzeuger, der 1999 eine Hirnblutung erlitt und seither an deren Folgen leidet, ist nicht an den Trommeln aktiv, hat aber einige Background-Vocals zu SURGICAL STEEL beigesteuert. Ebenfalls nicht mit von der Partie ist der ehemalige Carcass-Gitarrist Michael Amott, was im Vorfeld der Albumveröffentlichung für einige Spekulationen bezüglich der stilistischen Ausrichtung von SURGICAL STEEL gesorgt hatte. Denn Amott war erst in der Death Metal-Phase von Carcass zur Band gestoßen – deswegen lag nahe, dass sich Walker und Steer für eine Rückkehr zu ihren Grind-Tagen entschließen würden. Haben sie aber nicht. SURGICAL STEEL schließt stilistisch die Lücke zwischen NECROTICISM: DESCANTING THE INSALUBRIOUS und HEARTWORK, mit einigen Zitaten der frühen Alben, aber durchaus auch einigen SWANSONG-Momenten. Der überwiegende Teil des Materials jedoch geht klar in Richtung Carcass anno 1990–1994. Nicht ohne Grund erinnert das neue Cover an die TOOLS OF THE TRADE-EP aus dem Jahr 1992: Es passt thematisch, schließt alle Phasen der Band-Karriere bis zu diesem Zeitpunkt ein – und ganz nebenbei sieht es noch verdammt cool aus. Ähnlich cool sind auch die meisten Songs. Denn Carcass haben es geschafft, bei aller Präzision und Brutalität dennoch eine gewisse Lockerheit zu bewahren, die Liedern wie ‘A Congealed Clot Of Blood’ Kraft und zugleich Lässigkeit verleiht. Hier wirkt nichts gekünstelt, obwohl SURGICAL STEEL natürlich auch ein selbstreferenzielles Album ist. Wer den Carcass-Backkatalog verinnerlicht hat, wird an etlichen Stellen aufjuchzen, weil er Stilelemente oder Melodien wiederkennt (man vergleiche etwa die schwindelerregende Gitarrenarbeit von ‘Noncompliance To ASTM F 899-12 Standard’ mit der von ‘Heartwork’). Die 18-jährige Albumpause, vor allem aber die letzten Jahre Live-Erfahrung haben Walker und Steer gutgetan. Sie haben erkannt, was die Fans an Carcass schätzen – und setzen diese Erkenntnisse nun punktgenau um. Dabei gehen sie mit einer Präzision zu Werke, die schlicht umwerfend ist. Es gibt derzeit wohl keine Death Metal-Band, die ihre Songs derart schnell auf den Punkt zu bringen vermag. In Sachen „Song-Eröffnung“ sind Carcass die ungeschlagenen Meister ihres Fachs. Binnen Sekunden ist klar, wo es langgeht – und die Gänsehaut kriecht beim Maiden-mäßigen Intro ‘1985’, Brachialgranaten wie ‘Cadaver Pouch Conveyor System’ und ‘The Master Butcher’s Apron’ oder der gottgleichen Hymne ‘The Granulating Dark Satanic Mills’ so rasant den Rücken hinauf, dass man sich fühlt wie in einem Alien-Film. Unglaublich und wunderbar zugleich. Hier meldet sich nicht nur eine Band zurück – wir können uns auf noch viel, viel mehr freuen. Petra SchurerFoto: Carcass. All rights reserved.
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12 von 13METAL HAMMER 11/2013 Trivium Vengeance Falls Modern Metal Ich kann das Jammern jetzt schon hören: „Ist ja gar kein Metöööl mehr!“, unkt es aus den Tiefen der sozialen Netzwerke, und die selbst ernannten Genre-Polizisten schütteln verständnislos den Kopf. Der Grund allen Unmuts ist eigentlich ein Grund zum Feiern, denn eine junge, überdurchschnittlich talentierte Band verharrt nicht stumpf auf der Stelle und suhlt sich im eingefahrenen Erfolg, sondern bewegt sich kontinuierlich fort und lässt mittlerweile sogar ein paar poppige Momente zu. Ja, poppige Momente nach dem brachialen Vorgängerwerk, ganz recht gehört. Doch keine Sorge: Auch auf VENGEANCE FALLS kommen weder die überwältigenden Thrash-Riffs zu kurz, noch aggressive Death Metal-Akzente oder packende Metalcore-Breakdowns, die live wieder für jede Menge Energie im Moshpit sorgen dürften. Die US-amerikanischen Chart-Stürmer legen auf ihrem sechsten Werk nicht nur alles vor, was heutzutage in der Metal-Szene relevant und angesagt ist, sondern tun dies auch noch in ihrem ganz eigenen, unverwechselbaren Stil. SHOGUN (2008) war bereits ein mehr als eindrucksvoller Beweis für die kontinuierliche künstlerische Weiterentwicklung, klangliche Vielfalt und kreativen Qualitäten von Trivium, die 2011 im Überalbum IN WAVES in gnadenloser Perfektion zu hören waren. Dass nun mit VENGEANCE FALLS eine Dreiviertelstunde Musik mit derselben Eingängigkeit und ähnlich vielen Hymnen und Hits vorgelegt wurde, ist der jungen Gruppe nicht hoch genug anzurechnen und verdient ohne Wenn und Aber erneut die Soundcheck-Krone. Der bis dato unerreichte Ohrwurmfaktor fast sämtlicher Lieder ist vor allem damit zu begründen, dass das Quartett sich traut, mehr Klargesang sowie eben den ein oder anderen poppigen Akzent zuzulassen. Für so viel Mut gehört allein schon die Höchstnote verliehen – hört man aber zusätzlich noch die Songs des Rachepamphlets (allen voran der grandiose Auftakt ‘Brave This Storm’, das hymnische Titelstück, die stürmische zweite Single ‘Strife’ oder die Mitsingnummer ‘To Believe’), so fühlt man sich fast schon zur Bewertung mit 6,66 Punkten gezwungen und wird das Album vermutlich noch die nächsten Tage und Wochen hoch und runter rotieren lassen. Wenn das kein Metal ist – was dann? Katrin RiedlFoto: Trivium. All rights reserved.
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13 von 13METAL HAMMER 12/2013 Five Finger Death Punch The Wrong Side Of Heaven And The Righteous Side Of Hell, Volume 2 Modern Metal Neulich in Wacken, kurz nach Sonnenaufgang, beim Fachgespräch. Kollege Sadoni und der Rezensent sind sich einig, dass das just erschienene THE WRONG SIDE OF HEAVEN AND THE RIGHTEOUS SIDE OF HELL, VOLUME 1 von Five Finger Death Punch ein ziemliches Brett ist. Darauf noch ein Kaltgetränk. Doch während zu Hymnen wie ‘Lift Me Up’ wahlweise auf die Knie gefallen oder die Bierbank über den Platz geschmissen wird, stellt sich in einem wachen Moment die Frage, ob der angekündigte zweite Teil wohl ähnlich mitreißend ausfallen wird. Natürlich hat die Band bereits propagiert, dass es sich bei diesem Doppelschlag um das stärkste Material ihrer Karriere handelt. Ein tausendmal gehörter Satz, aber der Funke Hoffnung, dass diesmal tatsächlich etwas dran sein könnte, glimmt stärker denn je. Jetzt ist THE WRONG SIDE OF HEAVEN AND THE RIGHTEOUS SIDE OF HELL, VOLUME 2 da, und es fühlt sich minimal sperriger und fordernder, aber auch konsequenter und demnach härter an als Teil eins. Was im metallischen Kontext nicht das Allerschlechteste ist. Im Grunde genommen wären Five Finger Death Punch auch schön bekloppt, Wesentliches an ihrer Erfolgsformel zu ändern. Diese lautet nach wie vor: gnadenloser Groove plus ausdrucksstarker Gesang mal fette Gitarren ist gleich großartiger Dicke-Hose-Metal mit maximalem Wiedererkennungswert. Schon der Opener ‘Here To Die’ bringt all das auf den Punkt, paart das Ganze aber noch mit gefälliger Melodik zum ersten Volltreffer. Nicht zum letzten Mal erinnert Sänger Ivan L. Moody leicht an Corey Taylor, zieht aber vor allem bei den ruhigen Nummern wie der ersten Single ‘Battle Born’ oder dem hervorragend arrangierten ‘Cold’ (allerfeinste Power-Balladen-Ware) locker am Stone Sour-Kollegen vorbei. Das Schöne daran: wenn es droht zu schmalzig zu werden, wartet der nächste Nackenbrecher bereits um die Ecke. Wie das brachial herausgekotzte ‘Matter Of Time’ oder das unfassbar geile ‘Weight Beneath My Sin’, das mit teilweise djentigem Riffing und extrem cooler Kuhglocke ein sicherer Hit ist. Selbst aus dem Uraltklassiker ‘House Of The Rising Sun’ erstellen die US-Amis mit grandiosen Metal-Gitarren eine coole, neue Version, die sich in den kommenden Lehrbüchern wiederfinden dürfte. Wie der gleichwertige Vorgänger musikalisch-metallisch über jeden Zweifel erhaben. Tom KüppersFoto: METAL HAMMER. All rights reserved.
Oben in der Galerie lest ihr die Kritiken zu allen METAL HAMMER Alben des Monats 2013. Diese sind:
Saturnus SATURN IN ASCENSION
Audrey Horne YOUNGBLOOD
Soilwork THE LIVING INFINITE
Hypocrisy END OF DISCLOSURE
Amorphis CIRCLE
Dark Tranquillity CONSTRUCT
Amon Amarth DECEIVER OF THE GODS
Powerwolf PREACHERS OF THE NIGHT
Avenged Sevenfold HAIL TO THE KING
Carcass SURGICAL STEEL
Trivium VENGEANCE FALLS
Five Finger Death Punch THE WRONG SIDE OF HEAVEN AND THE RIGHTEOUS SIDE OF HELL, VOLUME 2
Noch mehr Bestenlisten 2013 findet ihr in METAL HAMMER 01/2014 (erscheint am Mittwoch, 11.12.2013). Pünktlich zum Heft fragen wir euch außerdem auf www.metal-hammer.de/poll nach euren Highlights und Enttäuschungen des Jahres 2013. Natürlich gibt es dabei massig zu gewinnen!
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