Samstag, 14.8.2021
Überraschend kurz sind die Schlangen am Morgen an den Duschen/gespülten Klos auf dem Camping-Gelände. Daher ist der im Ticket inkludierte Duschgang relativ entspannt und schnell erledigt. Leider ärgerlich, dass man auch mit einem dauerhaften Impfzertifikat wieder zum Eingangsbereich des Geländes gehen muss, um das Tagessicherheitsbändchen zu holen. Dies wurde vorher nicht ganz so sauber kommuniziert, und so verpassen wir leider Spoil Engine.
Frühsport dann also zu Burning Witches. Die Hexen überzeugen das Publikum mit außerordentlicher Motivation und ansteckender Stimmung. Mit ‘Executed’, ‘Wings Of Steel’ und ‘Hexenhammer‘ im Gepäck ist dies auch kein Problem, und so feiert das Alcatraz-Publikum die Band bereits munter in der brütenden Hitze ab. Wer etwas mehr Pogo will, kann sich auch gleich in der Zeltsauna mit der Punk-Band Funeral Dress abkämpfen. Die Band sorgt für volles Haus und dezente Pogo-Eskapaden vor der Bühne. Auch der Punk hat die Pandemie offensichtlich überlebt.
Wichtig auf solchen Festivals ist es, auch mal die örtliche Band-Flora kennenzulernen. Dies geht ganz gut mit der Fun-Metal-Band Fleddy Melculy aus Flandern. Ihr Modern Metal haut direkt voll in die Fresse und sorgt für einen massiven Moshpit im brechend vollen Vorfeld. Mit ‘Pinker’, ‘Freddie’ oder ‘T-Shirt van Metallica’ überzeugen sie auf ganzer Linie. Okay, die Spaßtexte versteht man nur mit flämischen Sprachkenntnissen – eventuell hat man auch Belzebub beschworen. Komplett anders geht es mit Seven Witches weiter, hier regiert der God of Power Metal, und das nicht zu wenig. Die Band liefert einen tadellosen Auftritt ab und sorgt für manchen glücklichen Moment in jedem Power Metal-Herz. Insbesondere, als Wade Black zu ‘Metal Tyrants’ auf die Bühne kommt, ist der Auftritt mehr als gelungen.
Zerstörung
Bizkit Park im Zelt spart man sich, nach dem Motto: Ist ja nur eine Coverband. Deren Melodien und Fan-Gesänge waren aber derart gigantisch, dass man dies danach bereut. Jetzt gibt es den restlichen Abend fast nur noch teutonischen und schwedischen Stahl. Destruction starten direkt mit einem perfekten Thrash Metal-Abriss vom Allerfeinsten. Das Publikum bedankt sich mit einem deftigen Moshpit und massenweise Crowdsurfern. bei Thrash-Granaten wie ‘Mad Butcher‘ oder ‘Nailed To The Cross’ auch kein Wunder.
Die feinsten schwedischen Melodien folgen nun im Swamp Zelt mit Dark Tranquillity. Ach, welch dunkle Energie diese Band doch bündeln kann. Neben ‘Monochromatic Stains’, ‘The Wonder Of Your Feet’ oder dem epischen ‘Forward Momentum’ liegt der Fokus natürlich auf dem neuen Material, das bisher noch nie live gespielt wurde. Alle Anwesenden waren quasi die Auserwählten der epischen Hymnen ‘Transient’, ‘The Dark Unbroken’, ‘Standstill’ oder dem überirdischen ‘In Truth Divided’. Es wird lautstark mitgesungen, und selbst Grinsekatze Mikael ist sichtlich gerührt von diesem Auftritt. Zum finalen Abschluss dürfen deshalb auch ‘Lost To Apathy’ und die Alltime-Hymne ‘Misery’s Crown’ nicht fehlen.
Wenn man mit dem Spruch „Ach, ihr lebt ja noch alle und leuchtet noch nicht im Dunkeln“ begrüßt wird, kann das nur von Peter Tägtgren stammen, der heute das Zelt mit Hypocrisy und schwedischem Death Metal zerstören will. Mit einem recht schlechtem Sound bestraft, gelingt dies dennoch relativ gut, und die Band legt mit ‘Fractured Millennium’ einen brachialen Start hin. ‘Valley Of The Dammed’, ‘Erased’ und ‘End Of Disclosure’ fangen das Publikum recht schnell ein, und die Crowdsurfer fliegen nur so umher. Nebenbei kündigt Peter auch ein neues Album an, das demnächst entstehen soll, falls er nicht entführt wird. Die Reptiloiden landen schließlich zum Ende des Programms mit ‘Roswell 47’ und sorgen für manch einen zerstörten Fan.
Hymnen und Rituale
Nun folgt mit Dirkschneider das musikalische Kontrastprogramm auf der Alcatraz-Hauptbühne. Udo ist bestens gelaunt und schmettert bei bester Stimme gleich die Songs raus, als gäbe es kein Morgen. Beginnend mit ‘Starlight’, ‘Living For Tonite’ und ‘Midnight Mover’ hat er das Publikum schnell im Griff. Die Stimmung ist am Toben, als er noch ‘Up To The Limit’, ‘Princess Of The Dawn’ und ‘Metal Heart’ aus der Kiste zaubert. Die Hymne der Nacht ist aber natürlich ‘Balls To The Wall’, die das Konzert direkt nach ‘Fast As A Shark’ beendet.
Einige fragten sich im Vorfeld, wer oder was Heilung sind und warum sie auf einem der Headlinerslots sitzen. Wurde die Band 2018/2019 noch als Geheimtipp gehandelt, scheint die Popularität recht groß geworden zu sein. Dennoch zur Erklärung: Die Auftritte von Heilung sind nicht zwingend als reines Konzert zu betrachten, eher als rituelles Werk. Anfangs zwitschern noch sanft die Vögel, und nach einem kurzen zeremoniellen Akt starten die Trommeln der Band. Ab diesem Moment gibt es keinerlei Interaktion mit dem Publikum, und das Ritual der Band startet.
Perfekt einstudiert schicken uns Heilung auf eine knapp 70-minütige Reise in eine Traumwelt. Interessierte Besucher, die bisher noch kein Konzert dieser Band gesehen haben, sind schnell fasziniert von Stücken wie ‘Traust’, ‘Norupo’ oder ‘Krigsgaldr’ und teilweise geflasht von der monumentalen Sound-Wand der Band. Nichts stört den Ablauf, jeder Sound-Effekt, aus welchem Gerät er auch immer kommen mag, sitzt, und zurück bleiben etliche staunende Gesichter. Was für ein Finale am heutigen Samstag!