ST. ANGER – zwei Worte, drei Silben, die bei den Fans der größten Metal-Band der Welt und darüber hinaus nicht gerade Wohlwollen auslösen. Seufzen, wahlweise auch Emotionen mehr in Richtung des Titels selbst sind häufig die Reaktion, wenn Metallicas achtes Album erwähnt wird. Zum 20. Geburtstag hat jedoch auch ST. ANGER einen Rückblick verdient.
Schwierige Hintergründe
Ein früher als geplant veröffentlichtes Album ist für Ungeduldige eigentlich ein Grund zur Freude. Dass ST. ANGER allerdings einige Tage eher, am 5. anstatt am 10. Juni 2003, erschien, hing mit unzulässigen Vorabverbreitungen zusammen. Über den Musikstreamingdienst Napster hatten einige der Nachfolger-Songs von RELOAD (1997) bereits zuvor die Runde gemacht, Metallica lagen also schon länger im Streit mit der Plattform. Geprägt hatte das Album unweigerlich auch der Ausstieg von Bassist Jason Newsted und zugehörige Streitigkeiten innerhalb der Band, dazu Sänger James Hetfields Alkoholprobleme. Genauer ist dies in der Dokumentation ‘Metallica: Some Kind Of Monster’ (2004) nachzuverfolgen.
ST. ANGERs fragwürdiges Erbe
Heraus kam ein Album, das merklich anders klingt als die direkten Vorgänger LOAD (1996) und RELOAD (1997) sowie die Thrash-stärkeren Platten zuvor. Es gibt keine Gitarrensoli, das bei Metallica ohnehin häufig bemängelte Schlagzeug scheppert ziemlich, der Klang ist insgesamt einfacher gehalten. Es ist somit als alternativer einzuordnen, Elemente aus dem Nu Metal, Groove Metal und Speed Metal sind gegeben. Den Beteiligten zufolge sollte das die rohen Emotionen der Zeit spiegeln, sich vom Mainstream abheben. Gleichzeitig gab Produzent Bob Rock auch zu, dass in dieser schwierigen Zeit nichts Besseres aus der Band herauszubekommen war. Mit jedem musikalischen Wandel kommt Kritik langjähriger Begleiter, doch ST. ANGER gilt unter Fans und Kritikern gemeinhin als eines der schlechtesten Alben der Band. Zum Release-Zeitpunkt selbst war die Rückmeldung allerdings eher gemischt als – wie heutzutage – größtenteils negativ.
Eindeutiger Erfolg
Dem Chart-Erfolg taten die Kritiken und anhaltenden Bemängelungen allerdings keinen Abbruch. In Deutschland hielt sich ST. ANGER wochenlang auf Platz eins, dazu gab es neun weitere internationale Spitzenpositionen. Dutzendfach folgten Gold- und Platinauszeichnungen, in den USA sogar Doppelplatin noch im Erscheinungsjahr. Für den Titel-Track erhielt die Band einen Grammy Award für die beste Metal-Performance. Damit setzten sie sich unter anderem gegen Korns ‘Did My Time’ und Marilyn Mansons ‘Mobscene’ durch. Das zugehörige Video war für einen MTV Video Music Award nominiert, verlor aber gegen ‘Somewhere I Belong’ von Linkin Park.
Anhaltender Glückstreffer: Robert Trujillo
In der Entstehungszeit von ST. ANGER kamen Metallica aber immerhin zu ihrem heutigen Line-up. Bassist Robert Trujillo, vormals unter anderem bei Suicidal Tendencies und für Ozzy Osbourne tätig, stieß zur Band. Zu hören ist er auf dem Werk zwar noch nicht, allerdings bereits als vollwertiges Mitglied der Gruppe vermerkt und in Musikvideos zu sehen. Auf der Live-DVD spielt er dann Bass. Ein Ende der Zusammenarbeit bedeutete das Album für Produzent Bob Rock. Dieser war seit dem berüchtigten „Schwarzen Album“ (METALLICA, 1991) an allen Metallica-Veröffentlichungen beteiligt gewesen. Nachdem er auf ST. ANGER Bass gespielt hatte, gab es später keine Kollaborationen mehr.
Auf der laufenden Tournee zum aktuellen Album 72 SEASONS, die zuletzt auch in Hamburg stoppte, werden übrigens wie so häufig keine Songs der 2003er-Scheibe gespielt. Da die Band mit ST. ANGER allerdings im Reinen zu sein scheint, sollten eigentlich auch Fans über den Aussetzer hinwegsehen. Nur so kann man Metallica schließlich auch 2023 gebührend als Genre-Größe feiern!
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