Vor etwa sieben Jahren erhielt Tony Iommi einen Ehrendoktor – für die Erfindung des Heavy Metal. Zu recht: Black Sabbath gehören zu den zukunftsweisendsten Bands des Genres. Trotzdem ist die Grenze nicht so leicht zu ziehen, denn viele kleine und große Ereignisse führten zu immer schwereren, düsteren und schnelleren Klängen. Im Folgenden stellen wir fünf Bands vor, die maßgeblich zur Entwicklung des Heavy Metal beigetragen haben. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Steppenwolf: Taufe
Kommt die Frage nach der Herkunft des Genre-Begriffs „Heavy Metal“ auf, verweisen viele auf Steppenwolf. Ihr Band-betiteltes Debüt stand bereits seit etwa vier Monaten in den Regalen örtlicher Plattenläden, als die Band im Mai 1968 ‘Born To Be Wild’ als Single entkoppelte. Dass die treibenden Rhythmen und die fette Bassline das Lebensgefühl einer ganzen Generation einfangen würde, ahnte Mars Bonfire aka Dennis Edmonton, Komponist der Biker-Hymne, damals wohl nicht.
Erst als ‘Easy Rider’ im Sommer 1969 in die Kinos kam und ‘Born To Be Wild’ die Titelsequenz untermalte, wurde die Relevanz des Songs für die damals aufkeimende Gegenbewegung deutlich. Und auch für den Heavy Metal ist der Track bedeutungsvoll, so heißt es in der zweiten Strophe: „I like smoke and lightnin’ / Heavy metal thunder.“ Ursprünglich bezogen auf den Sound schwerer Motorräder, tauften Steppenwolf ein Genre, das mehr oder weniger zeitgleich seinen Ursprung fand.
Iron Butterfly: Regelbrecher
Im Juli 1968 veröffentlichten Iron Butterfly ein Album, das sich bereits in seinem ersten Jahr mehr als acht Millionen Mal verkaufte – und einen regelrecht unaussprechlichen Namen trägt: IN-A-GADDA-DA-VIDA. Im Vorfeld erschien eine Single mit demselben lautmalerischen Titel, doch war sie nur knapp drei Minuten lang und damit bloß ein Vorgeschmack auf das, was auf dem Album zu hören, ja, erleben ist. In der Originalfassung ist ‘In-A-Gadda-Da-Vida’ nämlich 17 Minuten lang und allein dadurch ein besonderer Regelbrecher seiner Zeit.
Der Legende nach interpretierte Doug Ingle die Phrase „In the garden of eden“ im Rausch als „In-A-Gadda-Da-Vida“. Seine Version groovte – also blieb sie so. ‘In-A-Gadda-Da-Vida’ spannte den Bogen zwischen Acid Rock und dem, was später Heavy Metal wurde, und zählt daher zu jenen Songs, die zahlreiche Hard-Rock- und Metal-Bands beeinflussten. Selbst Slayer zollten Iron Butterfly ihren Respekt und coverten ‘In-A-Gadda-Da-Vida’ im Jahr 1987.
Led Zeppelin: Blues im Blut
Lange bevor Rock’n’Roll, Hard Rock und schließlich alle erdenklichen Heavy-Metal-Subgenres – gelegentlich ebenso Reggae, Pop und sogar Jazz – als teuflische Musik beschimpft wurden, war Blues das Opfer zahlreicher Kritikerinnen und Kritiker. Der begnadete und doch zu seiner Zeit recht unbekannte Blues-Gitarrist Robert Johnson soll an einer Kreuzung sogar einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben: Seine Seele für die Geheimnisse des Gitarrenspiels. Bereits mit 27 Jahren verstarb er. Hingegen bleibt Johnsons Erbe – und das zahlreicher anderer talentierter Blues-Musikerinnen und -Musiker – für die Musikwelt nach ihm unbestritten.
Beispielsweise findet sich in Led Zeppelins Musik unglaublich viel Blues – gleichzeitig gelten sie neben Deep Purple und Black Sabbath zu den unmittelbaren Pionieren des Heavy Metal. John Bonhams bleiern-wütendes Schlagzeugspiel bildet zusammen mit John Paul Jones’ treibenden Basslines das tonnenschwere Fundament der Band und wird von Jimmy Pages experimentellem Stil an der Gitarre sowie Robert Plants legendärer Stimme gekrönt. Gemeinsam waren sie als Led Zeppelin für den Fortschritt des Heavy Metal zukunftsweisend; und noch heute beeinflusst ihr Werk Musikschaffende sämtlicher Genres.
Deep Purple: Wechselspiel
Unmittelbar auf die Veröffentlichung ihres dritten Langspielers DEEP PURPLE (1969) folgte der Austausch zweier bis dahin zentraler Band-Mitglieder: Sänger Rod Evans wurde durch Ian Gillan ersetzt, auf Bassist Nick Simper folgte Roger Glover. Damit waren Deep Purples Voraussetzungen, dem Psychedelic und Progressive Rock nach drei Alben endgültig den Rücken zu kehren, geschaffen.
Im Jahr 1970 folgte also DEEP PURPLE IN ROCK: Gleich der Opener ‘Speed King’ verdeutlichte den markanten Richtungswechsel der Band. Zentral war nun das Wechselspiel zwischen weichen und harten Passagen, außerdem rückten Ritchie Blackmores Gitarrenriffs mehr und mehr in den Vordergrund – in ständiger Konkurrenz mit Jon Lords fast schon wahnsinnigem Spiel an der Hammondorgel. Gleichzeitig beeinflusste Ian Gillans Stil und Technik viele Sänger nach ihm, beispielsweise zählen ihn Rob Halford (Judas Priest) und Bruce Dickinson (Iron Maiden) zu ihren Vorbildern. Heute gilt ‘Speed King’ als richtungsweisend für die spätere Weiterentwicklung von Speed und Thrash Metal.
Black Sabbath: Neue Ära
Das Birmingham der Nachkriegszeit war geprägt von Blue Collars (deutsch: Industriearbeiter) und dem rhythmischen Krachen und Hämmern der Maschinen. Es scheint fast so, als übersetzte der ansässige Nachwuchs den örtlichen Industrielärm in entsprechende Musik: Birmingham gilt nämlich als Geburtsstätte des Heavy Metal. Beispielsweise kommt Phil Lynott von Thin Lizzy aus ebenjener Stadt, außerdem begannen Judas Priest und später Napalm Death ihre Karriere in Birmingham. Nicht zuletzt ist der Status der Stadt jedoch auf Black Sabbath zurückzuführen: Die Urbesetzung war schließlich ebendort beheimatet.
Black Sabbaths Musik verwob Gefühle der Isolation mit Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung – und spiegelte auf diese Weise gewissermaßen den tristen Arbeitsalltag der Industriestadt wider. In seiner Jugend arbeitete Tony Iommi selbst in einer Stahl- und Walzblechfabrik. An seinem letzten Arbeitstag verlor er bei einem Arbeitsunfall zwei Fingerkuppen seiner rechten Hand. Anstatt seine Karriere als Gitarrist zu beenden, bastelte er sich künstliche Fingerkuppen. Außerdem stimmte Iommi seine Instrumente ab sofort tiefer, damit die Saiten leichter zu greifen waren. Gleich der erste Track ihres Debüts BLACK SABBATH definierte den düsteren Sound des gerade aufkeimenden Doom und Heavy Metal. Zweifellos: Black Sabbath läuteten eine neue Ära ein.