Schon mit dem Instrumental-Intro ‘End Of The Road’ wird klar, woher auf der dritten Volbeat-Scheibe nun noch verstärkter der Tumbleweed-Wind weht: Bottleneck statt Nackenbrecher. Die Liebe zum klassischen Rock’n’Roll – eingeschlossen seine Bastard-Vergangenheit aus Blues und Country – kopuliert gleichrangig mit der ebenfalls gewichtigen Metal-Muse der dollen Dänen.
Während der nachfolgende Titel-Track noch beiden Lagern gerecht wird, ist ‘Back To Prom’ mitsamt seinem charakteristischen Gitarrenmotiv einfach nur ausgleichende Social Distortion-Gerechtigkeit. ‘Mary Ann’s Place’ geht gar noch einen mutigen Schritt weiter und erinnert zudem mit seinen – wenn auch nur spartanisch platzierten – weiblichen Gast-Vocals an die letzte Manic Street Preachers-Hymne ‘Your Love Alone Is Not Enough’ mit The Cardigans-Perle Nina Persson. Respekt.
Dann wird der Cadillac einen Härtegang höher geschaltet – schade, denn ‘Hallelujah Goat’ ist im Vergleich zum Rest eher ein belangloser Beifahrer. Single-Sprössling ‘Maybellene I Hofteholder’ sowie ‘We’ dagegen würden Schellack-Sammler-Schätzchen erster Güte abgeben, wären sie nicht gerade erst im digitalen Zeitalter aufgenommen worden. Hier kann der Misfits-Mitsing-Chor Meppen-Ost endlich mal zeigen, was er so drauf hat.
Doch es kommt noch besser: Reggae. ‘Still Counting’ kommt anfangs tatsächlich im Rasta-Rhythmus daher, bevor Mastermind Michael Poulsen mit einem seiner gelegentlichen Hetfield-Huster dem Spuk ein Ende bereitet und der Song zur Fünfziger-Verbeugung die Metallica’sche LOAD-Ladung an tiefer gestimmtem Rock’n’Roll verabreicht bekommt – insgesamt jedoch auch eher einer der wenigen schwächeren Kandidaten. Zumindest verglichen mit ‘Light A Way’, welches mit seinem relativ subtil eingearbeiteten Streicher-Arrangement alle einsamen Rocker-Seelen streichelt.
Bevor man wieder die Hutkrempe ins Gesicht, den Trenchcoat hoch und an der Filterlosen gezogen hat, bollert ‘Wild Rover Of Hell’ einem noch schlagartig in die Magengrube, nur um mit einer Refrain-Melodie zu versöhnen, die noch tiefer in die Knie gehen lässt. Apropos in die Knie gehen: ‘I’m So Lonesome I Could Cry’, der herrliche Hank Williams-Heuler, der hier allerdings eher mit 45 Umdrehungen pro Minute um die Ecke kommt, kann natürlich auch in der Schnellzieher-Version einiges. Das flockig-rockende ‘Broken Man And The Dawn’ mit seinem zwirbelnden Zwischenpart sowie der findige Riff-Prescher ‘Find That Soul’ beenden den rolligen Rock-meets-Metal-Reigen, bevor es als Bonus noch ein weiteres Cover gibt. Bei ‘Making Belive’ kann man nichts falsch machen: Den 55er-Jimmy-Work-Song machten schon Country-Chanteuse Kitty Wells und Social Distortion in ihren Versionen bekannter als der besagte Urheber, der eher eine Randerscheinung in der Rock-Geschichte darstellt.
Fazit: Volbeat gehen auf diesem Album mit ihrem Fifties-Flirt noch weiter in die Vollen, sind noch stärker zum fast alleinigen Bindeglied zwischen Rock’n’Roll Noir, den Misfits und Metal(lica) geworden und haben sich somit ihren Nischenplatz im Szene-Separee für geschichtsbewusste wie offene Heavy-Hörer mehr als gesichert. Ach ja: Sieben der Songs folgen übrigens einer Storyline, die bereits nach Fortsetzung summt. Aber wer will bei so einem Abräumer-Album schon andere Gedanken als den an einen baldigen Erwerb eines flammenden Flying V-Kontrabasses hegen? Eben.
Kommentare der Redaktion
Die neue Volbeat-Platte GUITAR GANGSTERS & CADILLAC BLOOD ist ein Fest. Zwar gibt es weniger harte Metal-Riffs als beimVorgänger, aber die Songs sind aufgrund der unglaublich gut in Szene gesetzten Stimme von Michael Poulsen noch eingängiger. Weiterhin ist der Metal-durchtränkte Rock’n’Roll mit wundervollen Zitaten von Social Distortion und den Misfits angereichert, so dass man allein vom Hören der Platte ganz benommen ist vor Glückseligkeit.
Thorsten Zahn (6 Punkte)
Auf dem neuen Album triumphiert der Rock’n’Roll über den Metal – das hat zur Folge, dass sich die Songstrukturen schon mal ähneln. Ungeschlagen und unverwechselbar bleibt hingegen der Elvis Presfield-Gesang – das Volbeat-Markenzeichen schlechthin. Die Lieder hinterlassen auch diesmal bleibenden, schmissigen Eindruck, wenngleich ich für diesen Sixties-Metal nicht ganz so brenne wie einige meiner Kollegen.
Matthias Weckmann (5 Punkte)
Es ist keine Überraschung: Nachdem Volbeat im vergangenen Jahr den „Album des Jahres“-Titel abgeräumt haben, war zu erwarten, dass auch der Nachfolger ähnlich gut abschneiden würde. Und ja, GUITAR GANGSTERS & CADILLAC BLOOD rockt ordentlich. Doch ein bisschen mehr Mut zum Stilbruch, ein paar Ecken und Kanten hätten der Scheibe gut getan. Vielleicht auch einfach nur ein paar Monate mehr Zeit für die Aufnahmen. Denn in Sachen Weiterentwicklung haben meiner Meinung nach Die Apokalyptischen Reiter in diesem Monat den größeren Schritt nach vorne gemacht.
Petra Schurer (5 Punkte)
Es war von Anfang an klar, dass es schier unmöglich sein würde, den beiden ersten Über-Alben einen gleichwertigen Nachfolger hinter her zu schieben. In diesem Punkt haben Volbeat dann auch nicht komplett reüssieren können. Und dennoch schielt das neue Monster mit strahlendem Gebiss zur Höchstnote, denn Volbeat bedienen ihre Anhänger erneut mit feinstem „Volbeat Metal“, der Hits und große Songs nicht vermissen lässt, auch wenn es heuer mehrere Anläufe zur Entfaltung braucht.
Anzo Sadoni (6 Punkte)
Wie bereits bei den beiden Vorgängern stehen für GUITAR GANGSTERS & CADILLAC BLOOD wieder zahlreiche Rock’n’Roll, Rotz Rock und Blues Heroen wie Social Distortion, Elvis oder Johnny Cash Pate. Und das ist auch gut so, denn so werden viele Songs noch tanzbarer. Der Drang mit offenem Verdeck über die Pisten zu bügeln, wird in himmlische Sphären gesteigert. Dennoch fehlen mir ein wenig die Slayer-Riffs und somit die Härte für den gewohnt geilen und von Kollegen Sadoni so bezeichneten „Volbeat-Metal“.
Florian Krapp (5 Punkte)
Der Soundcheck-Sieg der Dänen ist keine Überraschung, weil die Band bekanntermaßen ein gewisses Crossover-Potenzial besitzt. Aber verdient ist er, denn mit Album Nummer Drei legen Volbeat noch eine Schippe drauf: Weniger Geballer, mehr Hooklines, mehr Farbe, mehr Hits. Der Titelsong zum Beispiel zündete schon beim ersten Durchlauf. Coole Sache.
Christof Leim (6 Punkte)
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