Swallow The Sun Songs From The North I, II & III

Doom Metal  , Century Media/Sony (21 Songs / VÖ: erschienen)

6/ 7
teilen
mailen
teilen
von

Dreifachalben sind nicht nur im Metal, sondern in jedem Genre populärer Musik selten. Künstler, deren Kreativität die Grenzen des „Normalen“ sprengt, versuchen sich gerne an Doppelalben und der Herausforderung, die Spannung über mehr als eine Stunde Musik aufrechtzuerhalten. Den finnischen Death-Doomern Swallow The Sun ­waren selbst zwei CDs zu wenig – mit dem Argument „Auch einen Roman bricht man nicht inmitten der Handlung ab!“ veröffentlichen sie ihr ­sechstes Opus als Dreifachalbum.

Der Einstieg mit Teil I gelingt reibungslos – hier führt die Band den schwer melancholischen Stil der Vorgänger (und ihrer Idole My Dying Bride, Paradise Lost und Anathema) fort: Sie lässt sich treiben (‘Rooms And Shadows’), forciert Tragik (‘From ­Happiness To Dust’), versinkt in Schwermut und Moll-Lastigkeit (‘With You Came The Whole Of The World’s Tears’), setzt aber auch auf unheimliche Klänge und schicksals­trächtige Riffs, die der mal helle, mal grunzende Gesang von Mikko Kotamäki unterstützt (abwechslungsreich in ‘10 Silver Bullets’ und ‘Silhouettes’, welches wunderbar mit Bassspuren spielt). Mitreißend, tiefgehend, emotional – perfektes Swallow The Sun-Material eben, wie es ihre Anhänger lieben. CD zwei widmet sich einer akustischen, klaviergeführten Reise durch Gefilde, in denen Wölfe heulen, der Gesang aber zumindest teilweise aus völliger Hoffnungs­losigkeit auftaucht (‘The Heart Of A Cold White Land’, ‘Before The Summer Dies’), im Wechsel mit einer Frauenstimme wohltuende Sphären erforscht (‘Songs From The North’) und nostalgische, aber nicht unbedingt negative Emotionen erzeugt. Richtig ­düster fällt CD drei aus: Diese zeigt Swallow The Sun am Boden ­kreuchend, schwer grunzend im Funeral Doom-Gewand, entdeckt die Langsamkeit kunstvoll (‘The Gathering Of Black Moths’) und wartet gegen einige langatmigere Phasen (‘7 Hours Late’) mit gesprochenen Worten und Tempowechseln auf (‘Empires Of ­Loneliness’).

Das Finale überrascht und perfektioniert den Eindruck des viel­fältigen Potenzials dieser Gruppe. Obwohl SONGS FROM THE NORTH I, II & III in seiner Gesamtheit ein schwerer, mit zweieinhalb Stunden fast unverdaulicher ­Brocken ist, erhält jeder Teil des Triptychons „Gloom, beauty and despair“ die Spannung und eine eigene Note – das Opus eignet sich jedoch weniger zum ­Genuss am Stück als zur bewussten Wahl einer der drei Möglichkeiten. Gemeinsam sind allen jedoch die Ziele der Finnen: Emotionalität, Einswerden mit Musik und der Wille, die innersten Gefühle des Hörers nach außen zu kehren, ihn sprach- und inhaltslos zurückzulassen und ihm als Katharsis ein Gefühl des Verstandenwerdens zu vermitteln. Ein ambitioniertes und gleichsam gelungenes Projekt!


ÄHNLICHE KRITIKEN

Bagman

Beyond Good And Evil: 20th Anniversary

WarioWare: Get It Together! (Nintendo Switch)

Wario ist zurück - und hat mit ‘WarioWare: Get It Together!’ eine ganze Wagenladung an neuen, witzigen Mikrospielen im Gepäck.


ÄHNLICHE ARTIKEL

Regisseur David Lynch verstorben

Der für Werke wie ‘Twin Peaks’ bekannte Filmemacher David Lynch ist mit 78 Jahren verstorben. Sein Schaffen inspirierte viele Musiker in der Metal-Szene.

Swallow The Sun: "Es begann, gefährlich zu werden."

Das Album SHINING lässt die finnischen Swallow The Sun in neuem Licht erstrahlen. Komponist und Gitarrist Juha Raivio wagt sich wieder an die Oberfläche.

Die Metal-Alben der Woche vom 18.10. mit Grand Magus, Swallow The Sun, Ensiferum u.a.

Die wichtigsten Metal-Neuerscheinungen der Woche vom 18.10. in der Übersicht – diesmal mit unter anderem Astral Doors, MC5 und Jerry Cantrell.

teilen
mailen
teilen
Regisseur David Lynch verstorben

David Lynch war bekannt für seine surrealistische Interpretation unserer Welt. Inspiriert von unter anderem Kafka und Hitchcock reagierte er auf die Moderne, indem er das unkonventionelle, Lynch-typische Erzählen erfand. Nachvollziehbar, was den 78-Jährigen von der Masse abhab, machen Werke wie ‘Mulholland Drive’ oder ‘Blue Velvet’. David Lynch in der Metal-Welt Abgesehen von seinem revolutionären Einfluss auf die Filmindustrie inspirierte er auch einige Metal-Bands. Das Anthrax-Lied ‘Black Lodge’ von ihrem Album SOUND OF WHITE NOISE (1993) wurde von dem gleichnahmigen Ort in Lynchs Fernsehserie ‘Twin Peaks’ aus den frühen Neunzigern angeregt. Es geht sogar noch direkter: Fantômas, die Supergroup mit Mike…
Weiterlesen
Zur Startseite