Der Earshakerday ist ein Ein-Tages-Festival, welches in der Halle stattfindet – womöglich, um die Kosten im Bereich des Möglichen zu halten. Zwischen Graspop im belgischen Dessel und dem Gods Of Metal Festival im italienischen Mailand ist das schweizerische Basel prädestiniert für einen Zwischenhalt für zumindest einige der angekündigten Künstler und Bands. Das Billing lässt auch keinerlei Wünsche offen und sollte jedes Metalherz höher schlagen lassen.
Zwei Tage vor dem Festival dann eine erste Ernüchterung. Man hat sich entschieden, eine der ursprünglich drei angedachten Bühnen zu streichen und die Bands auf zwei Bühnen zu verteilen. Angekündigt als Maßnahme, um Überschneidungen zu vermeiden, sorgt diese Änderung jedoch auch für Unmut unter einigen Fans, schließlich kommt es gerade dadurch auch zu Situationen, in denen sich die Fans für eine der Bühnen entscheiden müssen. So auch wir, weshalb wir uns vor allem bei den Fotos mehrmals vor der Qual der Wahl stehen. Die Vermutung, es liege an eventuell zu wenig verkauften Tickets, wurde später auch durch einen Blick in die beiden Hallen bestätigt, doch dazu später mehr.
High Noon ist es, als die Pforten der St. Jakobshalle geöffnet werden und die ersten Fans in die Halle stürmen. Als Einheizer fungieren The Treatment auf der Haupt- und I Killed The Prom Queen auf der Nebenbühne – zeitgleich versteht sich. Die Verfasser dieses Berichts befinden sich erst gegen Ende von Unearth, der zweiten Band auf der Hauptbühne vor Ort, die für diese Uhrzeit einen recht guten Zulauf hat. Die Amis geben ordentlich Gas und wissen, wie man den noch nicht ganz aufgewachten Fans Stimmung in die Gelenke pumpt. Ein gerade zu Beginn extrem negativ auffallender Effekt der Bühnen-Zusammenlegung ist die kurze Spielzeit, mit der die Bands kämpfen müssen. Bei 20 oder 30 Minuten Spielzeit bleibt nicht viel übrig, um auf Touren zu kommen. Im Falle Unearth doppelt bitter: pünktlich zum Schichtende werden in der großen Halle einfach die Deckenfluter wieder angeknipst, sodass die letzten Töne von ‚My Will Be Done‘ von ungläubigen Gesichtern auf und vor der Bühne begleitet werden.
In den folgenden Nachmittagsstunden werden wir uns ausschließlich der Hauptbühne widmen und auf der Nebenbühne Your Demise, Cancer Bats, Vale Tudo, Eyes Set To Kill und Axe Wound an uns vorbeiziehen lassen. In der großen Halle steht aber schon der nächste Paukenschlag an, auch wenn es fast schon mit Blasphemie zu vergleichen ist, dass Sebastian Bach zum einen bereits um 14:00 Uhr auf die Bühne muss und zum anderen nur 30 Minuten spielen darf. Entsprechend ambitionslos wirkt der ehemalige Frontmann von Skid Row, der gleich zu Beginn mit ‚Slave To The Grind‘ eines der heftigeren Bretter seiner alten Band auffährt. Die Halle ist im Vergleich zu Unearth erschreckend leer, gerade mal drei (!) Reihen Fans vor der Bühne und gähnende Leere wohin man blickt. Sein Zielpublikum ist da nur schwach vertreten, macht aber dennoch einigen Lärm, als weitere Klassiker wie ’18 And Life‘ oder ‚Youth Gone Wild‘ für mehr Zulauf sorgen. Gegen Schluss freuen sich alle irgendwie, auch wenn das alles sehr befremdlich, komisch und traurig anzusehen war. Stimmlich kann Goldkehlchen Bach aber immer noch ganz gut überzeugen.
Weiter ging es im Anschluss mit satten Riffs von Black Stone Cherry, deren Gitarrenrock verdammt gut auf Festivals passt, unter freien Himmel aber wohl noch besser, als heute in die St. Jakobshalle. Nichtsdestotrotz fegen die Amis in bekannter Manier über die Bretter und verbreiten nicht nur musikalisch gute Laune. So muss Samstagnachmittag-Entertainment aussehen. Stark, fetzig und auf den Punkt. Als einer der fettesten Metalcore-Acts, die gerade im Kommen sind, haben es August Burns Red danach recht einfach, die Menge in Rage zu versetzen. Sängermonster Jake Luhrs selbst gibt da das beste Beispiel ab. Songs wie ‚White Washed‘ und ‚Internal Cannon‘ machen jedenfalls schon jetzt Vorfreude auf die kommende Headliner-Tour diesen Herbst.
Relativ schnell hat sich auf der Hauptbühne eine Verzögerung von gut 30 Minuten ergeben, die jedoch penibel eingehalten wird. Andere Möglichkeiten gibt es auch nicht, schließlich fährt man mit der Taktung sowieso schon am Rande der Möglichen. So ergibt es sich, dass man stets ein Auge auf der Uhr haben muss, schließlich will man gewisse Bands nicht verpassen. Devil Driver zum Beispiel, die mit 40 Minuten Spielzeit schon recht gut bedient sind. Sänger Dez Fafara und seine Jungs sind entsprechend gut drauf und heizen den anwesenden Fans ordentlich ein. Dass die große Halle zu diesem Zeitpunkt immer noch relativ wenige Leute fasst, verwundert immer mehr. Man munkelt gar, dass einige Tage vorm Festival auch extra nochmal diverse Tickets in Basel und Umgebung verlost wurden, um zusätzliche Besucher zu generieren. Den Amis kann das aber egal sein.
Zum ersten Mal heißt es spurten, und zwar zur Nebenbühne, die durch einen schmalen Gang vorbei am Merchandise-Areal erreichbar ist – ein Weg, der später noch für einige Unruhen sorgen wird. Auf der Nebenbühne ist es Zeit für Cristina Scabbia und Lacuna Coil, die alt eingesessene Female Fronted Metal Band. Die kleine Halle ist überraschend gut gefüllt und die Fans empfangen die Italiener mit viel Beifall. Selbige wiederum lassen sich anmerken, dass sie Spaß haben, seit langer Zeit mal wieder in der Schweiz gastieren zu dürfen. Bei der mit fünfunddreißig Minuten ebenfalls knapp bemessenen Zeit werden mit ‚Kill The Light‘, ‚Spellbound‘ und ‚To Live Is To Die‘ hauptsächlich Songs jüngeren Datums gespielt, zumindest bis der nächste wichtige Act auf der Hauptbühne sein Stelldichein gibt. Lacuna Coils Show kann man dennoch als gelungen, wenngleich auch relativ kurz bezeichnen.
Zurück in die große Halle, denn dort soll gleich Gitarrengott Zakk Wylde mit Black Label Society etwas Feuer unter die Leute bringen. Mit Häuptlings-Federschmuck ausgestattet bietet der Blonde Mucker nicht nur was für die Ohren. Zakks mitstreiter halten sich eher im Hintergrund und überlassen ihm die große Show. Einigen jüngeren Besuchern fällt es wohl während des Auftritts auf, dass sie einige Songs wohl von Konsolenspielen wie Guitar Hero kennen müssen. Klar also, dass ‚Fire It Up‘ und ‚Stillborn‘ mit im Programm sind. Das obligatorische Gitarrensolo durfte zwischendurch auch nicht fehlen. Eine kochende Halle gab es leider aber auch hier nicht. Im kleinen Saal laufen derweil die Vorbereitungen für New Yorks Hardcore-Legende Sick Of It All, für die sich auch andere Musikerfreunde wie z.B. Max Cavalera neben der Bühne versammeln. Das Warten lohnt dann auch in der Tat, denn die Truppe um die Brüder Lou und Pete Koller ist vielleicht etwas älter geworden, jedoch keineswegs weniger energiegeladen auf der Bühne. Hier ist das volle Programm geboten und die Stimmung in der kleinen Halle bestens. Die Fans hüpfen mit den Band um die Wette und es wird einfach überdeutlich, dass der gute alte Hardcore vor allem live einen ganz besonderen Reiz bietet. Die beiden All Time Classics ‚Scratch The Surface‘ und ‚Step Down‘ dürfen natürlich auch nicht fehlen. Sick Of It All gehören stimmungstechnisch an diesem Abend mit Sicherheit zu den Gewinnern.
Mehr Elektrizität in die stickige Luft zu zaubern wird bestimmt eine Herausforderung für alle nachfolgenden Bands. Außer vielleicht für Amon Amarth, die schwedischen Death Metal-Wikinger um Front-Hüne Johan Hegg. Deren Intro erklingt nämlich unmittelbar danach in der großen Halle, die zum ersten Mal an diesem Abend richtig gut gefüllt wirkt. Für heutige Verhältnisse versteht sich. Soll heißen, dass der Innenraum nie stärker gefüllt ist, als zu zwei Dritteln. Auch später bei Machine Head sollte das nicht anders sein. Aber zurück zum Schwedenstahl, der wie von Thor persönlich geschickt wie Blitz und Donner durch die St. Jakobshalle dröhnt. Amon Amarth sind eigentlich immer gut drauf, das muss man ihnen zugestehen. Auch heute werden sie ab den ersten Tönen von ‚War Of The Gods‘ begeistert in Empfang genommen. Die Maschine ist geschmiert und die Walze fegt förmlich durch die Mauern. Mit einfachen Mitteln zaubern die Wikinger zudem eine tolle Show auf die Bühne. Einzig die Spielzeit von 45 Minuten lässt dem Sänger nicht gerade sehr viel Zeit. So hält er die Ansprachen kurz, bedankt sich artig für die Unterstützung und gröhlt sich ansonsten durch Songs wie ‚Death In Fire‘, ‚Cry Of The Blackbirds‘ und das abschließende ‚Guardians Of Asgard‘. Die wenigen Takte, die wir nebenan noch von Ugly Kid Joe (ja, richtig gelesen) noch mitbekommen, hören sich überraschend gut an. Sänger Whitfield Crane ist mit seinen 44 Jahren noch fitter als manch anderer Jungspund und stimmlich bestens in Schuss. Zwar scheint er selbst etwas angenervt davon zu sein, ‚Cats In The Cradle‘ mit ins Programm aufgenommen zu haben. Aber bei ‚Everything About You‘ drehen alle nochmal richtig auf. Das war mal richtig gute Unterhaltung. In der großen Halle wird indes Schweres Gerät auf die Bühne gekarrt. Die vordere Hälfte eines Cadillacs ziert die Bühne der finnischen Melodic Death Metaller Children Of Bodom. Sänger und Saitenhexer Alexi ‚Motherfucking‘ Laiho scheint gut drauf zu sein und fegt wie ein Wirbelwind über die Bühne. Genauso flink verhält es sich mit Songs wie ‚Warheart‘, ‚Needled 24/7‘ und ‚Hate Crew Deathroll‘. Bei den Bodom-Kindern sitzt einfach alles. Im schmalen Durchgang zwischen Haupt- und Nebenhbühne kommt es zwischenzeitlich zu Turbulenzen, da die Massen zeitgleich in beide Richtungen strömen.
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