Volbeat marschieren in letzter Zeit stetig nach oben – daran wird sich mit BEYOND HELL/ABOVE HEAVEN nichts ändern. Im Gegenteil: Auf der vierten Scheibe verfeinert das Quartett seinen Stil und würzt ihn geschmackvoll nach. Manches erinnert an die härteren ersten Alben mit Doublebass und Metal-Riffing, oder an Ohrwürmer wie ‘Radio Girl’, das meiste aber geht in die schmissige und sehr Hookline-betonte Rock’n’Roll-Richtung des letzten Werkes GUITAR GANGSTERS & CADILLAC BLOOD von 2008.
Neu dazugestoßen sind Mundharmonika, Gitarren-Soli und Thrash Metal mit extremen Gastsängern. Damit klingen Volbeat, wie sie klingen sollen, aber gleichzeitig frisch und aufregend genug, um uns bei der Stange zu halten – ein nicht zu unterschätzendes Kunststück, das zum Beispiel Metallica auf den ersten vier Platten geschafft haben. Nach der Rechnung wäre BEYOND HELL/ABOVE HEAVEN allerdings das …AND JUSTICE FOR ALL von Volbeat, aber so passt der Vergleich nicht: Das schwarze Album METALLICA böte die bessere Referenz, selbst wenn sich die Dänen und die Kalifornier stilistisch nur bedingt vergleichen lassen: hart genug, griffig genug, geil genug, um wirklich viele Leute jenseits eines kleinsten gemeinsamen Nenners zu begeistern. Und BEYOND HELL/ABOVE HEAVEN kann ihnen (erneut) allen gefallen, den Rockern, den Moshern, den Poppern, den Rockabillys.
Volbeat bringen all diese Genres zusammen, und genau das macht ihren Stil aus. Eine eigene musikalische Handschrift zu besitzen, ist Gold wert – birgt aber auch eine Gefahr: Irgendwann ist das Prinzip nämlich ausgereizt oder man hat sich am Klang einer Band, einer Stimme satt gehört. Bei der nächsten Runde muss da was kommen, sonst gibt’s vielleicht einen AC/DC-Effekt. Den umgehen die Dänen auf der neuen Scheibe souverän damit, ihren Job einfach noch ein bisschen besser zu machen und auf Vielseitigkeit zu setzen: Es gibt flotte Rock’n’Roller wie das Eröffnungsstück ‘The Mirror And The Ripper’ und Metal-Stampfer mit Thrash-Einschlag wie ‘Who They Are’, das wie das Headbanger-Zeug von früher klingt, nur mit besseren Riffs. Überhaupt sind die Gitarren heutzutage cleverer arrangiert.
Nicht fehlen darf natürlich Pop Punk mit unwiderstehlichen Hooklines: 2008 hieß ein solches Stück ‘Back To Prom’, jetzt eben ‘Heaven Nor Hell’, das dafür aber mit einer Mundharmonika aufwarten kann. Dramatisch-melodisch geht es zu in ‘Fallen’, gut gelaunt in ‘A Better Believer’ oder ‘Magic Zone’ und rhythmisch in ‘A New Day’, während in ‘Being 1’ und ‘Sixteen Dollars’, dem kleinen Bruder von ‘Sad Man’s Tongue’, flott losgebollert wird.
Drei ungewöhnliche Zutaten verfeinern ‘7 Shots’, nämlich Dobro, Slide und Mille. Die ersten beiden sind Country-Instrumente aus den USA, letzterer ist ein Metal-Sänger aus Altenessen. Mit seinem von Kreator bekannten Gebelle gibt er der Nummer eine nette neue Farbe, selbst wenn’s nicht so ganz passt. Auch den legendären Napalm Death-Grunzgott Barney Greenway und den Mercyful Fate-Gitarristen Michael Denner dürfen wir irgendwo auf der Platte hören. Kurzum: Volbeat rocken schön quer durch ihren Garten, immer zusammengehalten durch die typischen Gesangslinien und Poulsens Stimme. Insbesondere die sorgt wieder dafür, dass einige Nummern sich bei allen Qualitäten gleich und austauschbar anhören. Aber davon abgesehen gilt: BEYOND HELL/ABOVE HEAVEN markiert eine saubere Weiterentwicklung und den nächsten Schritt – nach oben.
Kommentare der Redaktion
Volbeat-Scheiben haben bei mir mittlerweile die Wirkung einer Filmkomödie, die ich schätze, aber schon öfter mal gesehen habe: Man kennt die Pointe, das Teil läuft nebenbei gut rein, entfacht aber keinerlei emotionalen Eruptionen. Ihr größtes Plus, den absoluten Schmiss, haben sie immer noch parat, und genau dem erliege ich auch auf dem neuen Album. Wenn nur nicht diese Schunkel-Momente wären… Ganz knappe fünf Punkte.
(Matthias Weckmann / 5 Punkte)
Teilweise wieder etwas härter und ruppiger unterwegs, doch dafür mit noch mal gesteigertem hymnischen und dynamischen Spürsinn, ist auch auf das vierte Volbeat-Album Verlass. Mit komprimierter Konsens-Kraft kriegt Herr Poulsen erneut alle rum, die sich in irgendeiner Form der Glaubensrichtung Rock’n’Roll verschrieben haben. Allein für den Mundharmonika-Einsatz auf ‘Heaven Nor Hell’ gibt es volle sechs Punkte.
(Frank Thiessies / 6 Punkte)
Volbeat sind die Metal-Entdeckung der letzten Jahre – kein Zweifel. Dass beim Dänen-Vierer das Ende der Elvis-Stange auch noch lange nicht erreicht ist, zeigt eindrucksvoll ihr neues Werk BEYOND HELL/ABOVE HEAVEN, auf dem Front-Tolle Poulsen und seine Mannschaft erneut wieder besten „Elvis-Metal“ (O-Ton James Hetfield) am Start haben. Wo Volbeat drauf steht, soll ja auch schließlich Volbeat rauskommen.
(Anzo Sadoni / 6 Punkte)
Die Dänen haben ihr „AC/DC-Problem“ meisterlich gelöst: Obwohl ihr stilistisches Universum nur wenig Spielraum bietet, kriegen sie Dank Michael Poulsens Melodien doch jedes Mal die Kurve. Auf Volbeat können sich sowohl Grinder als auch Rockabellas einigen, und wer kann das schon von sich behaupten? Hier ist längst nicht alles Pulver verschossen. Im Gegenteil: Volbeat sind gerade erst auf Betriebstemperatur!
(Jakob Kranz / 6 Punkte)
Volbeat haben sich nicht ohne Grund sehr lange mit der Veröffentlichung des neuen Albums Zeit gelassen. Es könnte nämlich den endgültigen und weltweiten Durchbruch bedeuten. Wird wohl auch klappen. Der pfiffige Stilmix aus Rock’n’Roll, Metal, Western und Punk wurde sogar noch ausgedehnt. Mir ist die Chose fast zu abwechslungsreich, denn durch die krasse Vielseitigkeit wirkt das Album nicht wirklich kompakt.
(Detlef Dengler / 4 Punkte)
Ich bleibe dabei und ich stehe dazu, dass GUITAR GANGSTERS & CADILLAC BLOOD eine ziemliche Enttäuschung war. So gesehen haben die Dänen diesmal so ziemlich alles richtig gemacht: Statt ihre Erfolgsformel weiter weichzuspülen, wagen sie sich an Differenzierung. Man muss nicht alles mögen, was dabei herausgekommen ist, aber in der Breite zeigt sich wieder die Stärke der Grundzutaten. Macht Spaß!
(Robert Müller / 5 Punkte)
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