Sólstafir Svartir Sandar

Season Of Mist/Soulfood 14.10.2011

6/ 7
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Foto: Season Of Mist

Wer ein zweites KÖLD erwartet hat, wird sich gehörig umschauen. Denn SVARTIR SANDAR („Schwarzer Sand“), auf zwei CDs mit je sechs Songs gefiltert, zeigt Sólstafir erwartungsgemäß von einer anderen, aber dennoch unverkennbaren Seite und ist zugleich das am leichtesten verdauliche Album der Bandgeschichte. Stillstand, Gleichförmigkeit oder das Erfüllen von Erwartungen passen eben einfach nicht zu den Isländern. Und so erschreckt der knarzige, gemütliche, elfeinhalbminütige Opener ‘Ljós í Stormi’ beinahe, wenn der dominante und offensive Gesang von Aðalbjörn Tryggvason über die mit Neubauten-Atmosphäre aufgewickelte Stimmung hereinbricht.

Eben dieses Stück wird neben dem schrammeligsten und schnellsten Song des Albums, ‘Þín Orð’, dank der typischen und einzigartigen, lang gezogenen Gesangsarkaden sicherlich die neue Live-Hymne. Das schummrige ‘Fjara’ klingt anfangs wie eine Danzig-Ballade, aus der sich im späteren Verlauf ein vor sich hin trippender, gequälter Emotionskoloss gebiert. Hier entstand einer der absoluten Höhepunkte dieser Platte, trotz der sich im letzten Drittel des Liedes heranschleichenden, aufgeweichten Singsangstimmen. ‘Kukl’, in sich verzweifelt-ruhig, kommt wiederum gängiger rüber, als womöglich geplant war, und führt mit seiner ruhigen Hand eine Spur zu kantenlos aus der ersten CD. Extrem obsessiv entfesselt sich hingegen ‘Melrakkablús’, das musikalisch eine gehörige Portion Seigmen-Charakteristika aufweist, sich in die Chris Isaak-‘Wicked Game’-Gedächtnisgitarre verliert, um schlussendlich dann doch einen wolkenreichen Vulkanausbruch heraufzubeschwören, der im vorherrschend gemäßigten, final steigenden Tempo mit seiner durchdringenden Gewalt kaum zu bändigen ist.

Sólstafir agieren auf ihrem vierten Album künstlerisch fast ausschließlich im Premiumbereich: Der Bass rollt munter und dominant über die und unter den Songs hinweg, die Gitarre schrammelt und sägt dominant bis beharrlich, und Guðmundur Óli Pálmasons Schlagzeug hüpft, trippelt und arbeitet bunt. Nur gelegentlich wirken die Gesangslinien am Ziel vorbei komponiert – den Isländern hierbei Absicht zuzutrauen, ist wahrscheinlicher, als dass dies ein Manko, gefolgert aus erzwungener Abgabe unfertiger Arbeit, darstellt. Sólstafir waren, sind und bleiben kranke Musikjunkies mit Cowboy-Attitüde und Drogenlook, der kranke Chic schwebt als Trademark über dem Bandlogo, und dass sie jemals solch eine Aufmerksamkeit und positive Beachtung von so gut wie allen Seiten der metallischen Geschmackslager bekommen würden, dürfte sie selbst am meisten überraschen.

Charakteristisch für SVARTIR SANDAR ist die Rücknahme von Dichte und Schwere, aber das psychedelische Erlebnis findet nach wie vor geballt statt. Speziell beim Instrumental ‘Draumfari’ und dem melancholieverseuchten, verderbniszerfickten Mentalkontrollverlust ‘Svartir Sandar’ inklusive monumentalem Finale mit Chören.

Dieses Werk ist in der Summe ein ungewöhnliches, spezielles Erlebnis für den etwas anderen Geschmack, im Zwielicht aus Pagan, Post Rock, Prog, Psychedelic und Metal – eben alles, was Sólstafir in ihrem originären Ursprung bisher ausmachte und bei Fortsetzung dieser Art und Weise der musikalischen Kreativität der Andersdenkenden kein Ende finden wird und soll.

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