
Vorsicht: heiß, laut und megafett! Kurz: Album des Jahres-Kandidat. Die Erwartungshaltung war riesig – aber UNTO THE LOCUST ist größer. Nach dem Welterfolg THE BLACKENING und dem damit einhergehenden Eintrag in die Metal-Geschichtsbücher (dem zweiten nach dem Debüt BURN MY EYES von 1994), sind Machine Head bei traditionellen und modernen Metallern als Fixpunkt gespeichert. Während der Tour mit Metallica 2009 hatte Bandchef Robb Flynn noch angekündigt, zu kurz-knackigen Songstrukturen zurückkehren zu wollen. Das hat im Proberaum wohl nur bedingt funktioniert, zu groß war die Lust am Komponieren, wenngleich es episch nicht ganz so ausufert wie auf THE BLACKENING.
Die Songs bewegen sich im Gros zwischen fünf und acht Minuten, in denen sich Frontmann Flynn, sein kongenialer Gitarrenpartner Phil Demmel, Bassist Adam Duce und vor allem Schlagzeuger Dave McClain bis zur Belastungsgrenze an ihren Instrumenten abarbeiten. Wuchtiger kann klassisch inspirierter Metal anno 2011 nicht inszeniert werden. Die Soli lassen einem kontinuierlich die Kinnlade runterklappen, bevor die Thrash-Abrissbirne auch den Rest vom Schädel entfernt. UNTO THE LOCUST hat wirklich alles: Rasanz, Technik und den gewissen Machine Head-Esprit, der einen dazu bewegt, die Faust zu ballen und dem nächstbesten Sitznachbarn in der U-Bahn ins verwunderte Gesicht zu brüllen. Schon der Opener ‘I Am Hell (Sonata In C#)’ schiebt das Album wie ein Zwanzigtonner vor sich her. Mit einem Präzisionsgewehr nagelt einem das Quartett dieses ‘Damage Inc.’-artige Massaker in die Hirnrinde. Eigentlich braucht man danach erstmal eine Pause, damit sich der Puls wieder beruhigt, stattdessen folgt mit ‘Be Still And Know’ eine Maiden-Verbeugung, die von einem epischen Höhepunkt, Speedattacken und einem unfassbaren Soloteil gekrönt wird.
Wem das zu komplex ist, der darf seinen Nacken zu dem vorab vorgestellten ‘Locust’ verdrehen, das in seiner schlichteren, direkteren Ausrichtung eine wichtige Stellschraube im UNTO THE LOCUST-Orbit darstellt und bezüglich des abgehackten Grundriffs grundsätzlich auch aus der Anfangszeit des Band stammen könnte. Auch hier gehört der instrumentale Part mit seinen Twin-Gitarren und dem folgenden Metallica-Groove zum Besten, was einem dieses Jahr ins Ohr laufen wird. Es folgt mein ganz persönliches Highlight des Albums: ‘This Is The End’, ein schlicht und ergreifend perfekter Song: Angefangen vom akustischen Intro über die schwedischen Melo Death-Anleihen bis zum episch geprügelten Chorus. Sechs Minuten und elf Sekunden, die in jeder Enzyklopädie unter dem Begriff „Metal“ eingespeist werden können und auch im 17. Durchlauf noch die Nackenhaare aufstellen. Die Ballade ‘The Darkness Within’ gewährt zumindest kurze Zeit zum Luftholen. Robb beeindruckt mit seiner variablen wie eindringlichen Stimme, das Lied wirkt wie der Bruder von ‘The Burning Red’, nur dass es hier am Ende instrumental nochmal ordentlich explodiert. ‘Pearls For Swine’ hat als einziger Song des Albums mit ein paar Arrangement-Schikanen zu kämpfen, irgendwie wirkt das Ganze aus mehreren Versatzstücken zusammengesetzt, wenngleich diese isoliert betrachtet ordentlich knallen.
Sehr viel homogener kommt einem nach vierzig Minuten unentwegtem Headbanging der Schlusspunkt ‘Who We Are’ entgegen geschossen: eine trotz Kinderchor klassischen Machine Head-Nummer, in der vor allem der luftige Höhepunkt gefällt, der einem nicht mehr aus dem Ohr gehen will. Ich für meinen Teil – Achtung: Sakrileg – kann mit UNTO THE LOCUST mehr anfangen als mit THE BLACKENING, weil die Songs schneller auf den Punkt kommen, das Ganze mehr Wucht besitzt und hier nichts künstlich in die Länge gezogen wirkt. Es wird nicht viele Bestenlisten 2011 geben, in denen UNTO THE LOCUST fehlt. Doch genug gelabert – für diese vertonte Granate gilt uneingeschränkt: Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken!
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