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Metalcore ist die Zukunft. Das sollte man zumindest meinen, wenn man die Billings einiger Festivals sowie die Anzahl gebrandeter Touren à la Progression oder Never Say Die mit immer etwa gleichem Line-Up anschaut. Mit Metalcore wird noch richtig Geld verdient. Das bewies auch das diesjährige Vainstream Rockfest in Münster. Während in den vergangenen Jahren verschiedenste Bands wie The Gaslight Anthem und Motörhead die Bühnen rund um die Sputnikhalle bespielten, wurde das Programm in diesem Jahr mehr denn je in eine musikalische Richtung gelenkt – und das Festival damit ausverkauft.
Mit Beginn um 10 Uhr ist das Vainstream etwas für echte Frühaufsteher. Doch von „Openern“ kann bei Annisokay, Bury Tomorrow und Blessthefall nicht die Rede sein. Das Gelände ist von Anfang an gut besucht und das Publikum crowdsurf- und moshwütig – von Aufwärmphase keine Spur. Comeback Kid kommen anschließend Hardcore-lastiger daher und hätten mit Hymnen wie „Wake The Dead“ und „Wasted Arrows“ vom neuen Album DIE KNOWING einen Platz weiter hinten im Programm verdient. Diese bleiben jedoch den Publikumslieblingen Architects und Of Mice & Men vorbehalten, die lauthals umjubelt werden. Die direkt nebeneinander gelegenen Hauptbühnen sorgen dafür, dass das Publikum sich dazu nicht einmal viel bewegen muss.
„Prepare to face your new god“ verkündet anschließend Frank Palmeri – Bescheidenheit konnte man ihm und seinen Kollegen von Emmure noch nie vorwerfen, dafür liefern sie eine umso überzeugendere Show ab. Mit Sepultura steht danach die dienstälteste Band des Festivals auf der Bühne, wie immer alles vernichtend, doch mit ihrem Thrash Metal etwas an der Zielgruppe vorbei – das Durchschnittsalter an diesem Tag dürfte bei etwa 20 Jahren liegen – und wird so leider nicht angemessen vom Publikum gewürdigt.
Wer anschließend die asoziale Seite des Hardcore sehen will, begibt sich auf den Weg zur kleinen Bühne. Diese kann mit ihrer abseitigen Lage und gerade einmal drei Shows nur wenige Besucher anlocken, für die Kieler Veteranen von Smoke Blow nimmt man den Weg aber gerne auf sich und bekommt das gewohnte Maß an Hits und dummen Sprüchen. Das hippe Pendant dazu spielt derweil auf einer der großen Bühnen: „Ein paar Leute müssen mal weggehen, es ist zu eng hier!“ – K.I.Z. locken mit ihrem „Urlaub fürs Gehirn“ Unmengen von Besuchern an und bei keiner anderen Band sind die Publikumschöre lauter.
„This is sempiternal“ heißt es danach bei Bring Me The Horizon – live wie immer eine Macht (dank musikalischer Unterstützung vom Band) und Frontmann Oli Sykes ist auch mal wieder was fürs Auge, da ist es dann für die meisten okay, permanent als „pussies“ angesprochen zu werden. Nach dem durchweg hohen Niveau der vorherigen Bands können Hatebreed nicht so recht überzeugen. Jamey Jastas Stimme klingt drucklos und insgesamt hat man hier eher das Gefühl, eine Hatebreed-Coverband zu sehen. Vielleicht liegt es an Jastas nicht enden wollendem Grinsen und seinen Aufforderungen an das Publikum, bei Songs wie „Honor Never Dies“ fröhlich mit den Armen zu wedeln – gutgelaunt funktionieren die Songs einfach nicht.
Deutlich stärker ist da der Auftritt von Heaven Shall Burn. Die Thüringer werden mit lautstarken „HSB“-Chören bereits freudig erwartet und spielen, wie bei vielen Festivals, ihre internationalen Kollegen in Grund und Boden. Sänger Marcus Bischoff zeigt sich überwältigt von den vorherigen Bands und dem hochmotivierten Publikum. Mit Flammenwerfern und Songs wie „Die Stürme rufen dich“ heizt die Band den Besuchern ordentlich ein – warum anschließend Dropkick Murphys als Headliner des Abends spielen, bleibt unverständlich. Wenn man schon so ein Core-lastiges Programm zusammenstellt, sollte man es doch bitteschön auch durchziehen und nicht eine solche Schunkelpunk-Band als Main Act buchen, um Vielseitigkeit vorzutäuschen.
Wer keine Lust hat, mit Bier in der Hand im Kreis zu springen und Songs wie „Shipping Up To Boston“ mitzugröhlen, macht sich auf den Weg zur Club Stage. Dort geht das Programm nämlich noch weiter, während auf den großen Bühnen bereits die Lichter ausgeschaltet werden. Trash Talk spielen hier parallel zu den Dropkick Murphys und nehmen den Laden fast komplett auseinander. Die Besuche der amerikanischen Hardcore-Punker in Deutschland sind zwar rar gesäht, dafür aber umso extremer. Sänger Lee Spielman zettelt in jeder Ecke des Clubs Moshpits an, springt von der Theke ins Publikum und fordert die Besucher gegen jeden Widerstand der Securities auf die Bühne – wilder und intimer ist das Festival an diesem Wochenende zu keinem Zeitpunkt.
Als Kadavar schließlich die Bühne betreten, erreicht die Club Stage samt Biergarten langsam ihre Kapazitätsgrenze. Die psychedelischen Klänge der Berliner sind die wohltuende Ruhe vor (und nach) dem Sturm, denn The Black Dahlia Murder gehen anschließend noch einmal an die Grenzen. Um 1 Uhr nachts ist das Vainstream Rockfest 2014 offiziell vorbei. Das Publikum kann nach 15 schweißtreibenden Stunden mit hochkarätigem Line-Up wohlverdient den Heimweg antreten und sich bereits auf die Jubiläumsausgabe im kommenden Jahr freuen.
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