Glanzlose Premiere: ‘Gutterdämmerung’ im White Trash

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Die Idee ist zugegebenermaßen gut: Man nehme eine Handvoll Rockstars und integriere sie in einen Film, in dem sich Himmel und Erde einen erbitterten (teils tödlichen) Kampf um den Fortbestand des Rock´n´Roll liefern. Einfache Thematik plus glamouröse Persönlichkeiten ist gleich viel Wirkung? Nicht auf ganzer Linie, wie die Premiere im Berliner White Trash zeigte.

Spiel der Ebenen

Doch der Reihe nach, schließlich spielt sich ‘Gutterdämmerung’ auf diversen Ebenen ab: Im Raum vor der Bühne speist das Publikum, das zwischen 50 und 180 Euro Eintritt löhnte, ein wohl exquisites Vier-Gänge-Menü (die geladene Presse steht hinter den Tischen). Auf der Leinwand flimmert zumindest nach anfänglichen technischen Problemen der Film; dahinter arbeitet sich eine Band durch Rock-Klassiker von u.a. Motörhead, Black Sabbath und Slayer. Um die Ebenen komplett miteinander zu vermischen, treten die von einer Opernsängerin und zwei Schauspielern in Mönchskutte (darunter: MTV-Moderator Ray Cokes) unterstützten Musiker auch mal vor die Leinwand, die – je nach Stelle im Film – mal mehr, mal weniger Durchsicht erlaubt, und fordern das Publikum zum Mitskandieren diverser Parolen auf, die in leuchtend roten Lettern eingeblendet werden.

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Schönes Konzept mit Lücken

Ein an und für sich schönes Konzept des Miteinanders von Musik, Kino und Live-Schauspiel mit Zuschauerinteraktion, das auch bei der Premiere großteils aufgeht. Dem mit Spannung erwarteten Film des belgisch-schwedischen Regisseurs Bjorn Tagemose dagegen gelingt es nicht, all seine Versprechen einzuhalten: Mit Wagners Oper ‘Götterdämmerung’ hat der Film eigentlich gar nicht so viel zu tun, auch wenn der Komponist in der Pressekonferenz als Urheber des Gedanken, Musik müsse auch visuell verkauft werden, gepriesen wird. Dazu ist das als Stummfilm angekündigte Produkt gar kein Stummfilm, sondern ein (zugegebenermaßen schön, wenn auch teilweise etwas unklar inszenierter) Schwarz-Weiß-Streifen mit Geräuschen und sprechenden Charakteren – was die Unterzeile „The loudest silent movie on earth“ ad absurdum führt. Die groß angekündigten Rockstars, die dem Film seine Daseinsberechtigung geben, treten oft nur enttäuschend kurz in Erscheinung – meist sogar, ohne ein Wort zu sprechen (insofern stimmt „Stummfilm“ wieder). Statt auf große Schauspielerei dürfen sich Fans nur auf Cameo-Auftritte ihrer Lieblinge freuen. Dennoch johlt das Publikum beim Anblick von Jesse Hughes und Josh Homme (Eagles Of Death Metal), Henry Rollins, Grace Jones, Michael Poulsen und Rob Caggiano (Volbeat), Tom Araya (Slayer), Mark Lanegan, Nina Hagen, Justice, Slash und im Besonderen Lemmy Kilmister (Motörhead) und Iggy Pop immer wieder lauthals auf und feiert die kurzen Auftritte in Kirchen, Wüsten oder Kriegsschauplätzen mit Applaus. ‘Gutterdämmerung’ endet schließlich erwartbar – sowohl auf der Leinwand als auch im Kinosaal, wo das abgespeiste Publikum von wohl professionellen Tänzern in den ersten Reihen dazu animiert wird, sich von seinen Plätzen zu erheben und die finalen Zuckungen der (übrigens recht guten) Band im Stehen zu zelebrieren. Rock´n´Roll, und so.

Erzwungener Kult

Überhaupt krankt ‘Gutterdämmerung’ sowie die gesamte Veranstaltung daran am meisten: Vieles wirkt erzwungen, explizit auf „feierbaren Kultfilm“ gemacht, apokalyptisch und blutig inszeniert, dabei aber zahnlos, erwartbar und ohne erhellende Conclusio. Die Stars spielen zwar mit, sind oft aber nur um ihrer selbst willen zu sehen und ohne Bedeutung für die Handlung eingebunden (Beispiele: Slash, Tom Araya, Volbeat). Die musikalische Untermalung macht zwar Spaß, passt aber nicht immer zum Spiel auf der Leinwand. Und die Enttäuschung, dass Iggy Pop und Josh Homme zwar am selben Abend in der Stadt weilen, sich aber bei der Filmpremiere nicht blicken lassen, sagt am Ende vielleicht doch mehr aus, als böse Zungen hineininterpretieren mögen. Wer sich selbst ein Bild von ‘Gutterdämmerung’ machen will, kann dies am 28.5. beim Rockavaria in München tun – dort ist zumindest (so gut wie) sicher, dass Iggy Pop im Anschluss auch auftreteten wird.

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Phil Campbell über das Gefühl Motörhead-Songs zu spielen

Seit dem Ende von Motörhead ist Phil Campbell bekanntlich mit seinen Söhnen Todd, Tyla und Dane als Band unterwegs. Im Live-Repertoir befinden sich auch Lieder seines 2015 verstorbenen Kollegen und Freundes Lemmy Kilmister. Seit 1983 musizierten die beiden gemeinsam bei Motörhead. Vom Heavy Magazin wurde er auf diesen Umstand angesprochen und gefragt, wie er sich dabei fühle. Lemmys Vermächtnis „Na ja, man legt einfach los und macht es. Selbst heute noch habe ich manchmal das Gefühl, Lem oder ein anderes Band-Mitglied wäre da, wenn ich auf der Bühne spiele“, meint Campbell, und erklärt: „Man sieht die Freude im Gesicht der…
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